Der digitale Kampf um die Kunden

Aufmerksamkeit: Die härteste Währung der Welt

30. August 2017, 16:54 Uhr | Michaela Wurm

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Henkel zeigt, wie es nicht geht

Wie das nicht geht, machte Henkel vor, als man für das Geschirrspülmittel Pril ein neues Design und einen neuen Slogan suchte. Das Unternehmen schrieb einen Wettbewerb in den sozialen Netzwerken aus. Und versprach, das Design mit den meisten Stimmen aus den Reihen der Crowd werde in den Handel kommen. An sich ein guter Ansatz für das neue Zuhören. Mehr als 30.000 User machten mit.

Der Entwurf mit einem hingekrakelten geflügelten Etwas und dem Spruch »Schmeckt lecker nach Hähnchen« gewann mit über 3.500 Stimmen.Doch dann setzte Henkel noch eine Jury ein. Die selektierte die Vorschläge und gab nur noch einige wenige, ihr genehme Kandidaten zur weiteren Abstimmung frei. Das bot erstes Futter für einen veritablen Shitstorm im Netz. Als sich dann noch herausstellte, dass für den ursprünglich zweitplatzierten Vorschlag »mit leckerem Brezelduft« weniger als die abgegebenen Stimmen registriert waren, war der PR-Gau perfekt. Das Marketing bei Henkel argumentierte, eine Variante mit Hähnchengeschmack hätte nicht die besten Voraussetzungen ins Sortiment eines Spülmittels aufgenommen zu werden. Das Design müsse schließlich zur Marke passen. Draußen in der Konsumentenwelt interessierte das allerdings niemanden. Der Lern-Effekt daraus: Im wertschätzenden Umgang mit der so hochsensiblen wie kritisch gewordenen Community hat man immer nur einen Schuss. Und der muss sitzen.

Wer es schafft, beachtet zu werden, profitiert in vielerlei Hinsicht: Er wird wahrgenommen, bekommt Gehör, fühlt sich wertgeschätzt, ist gefragt. All das verspricht Profit – emotional für die Sinne und das Wohlbefinden, rational bei Umsatz und Gewinn. All das zu planen und für die eigenen Zwecke zu nutzen ist anspruchsvoll, und nicht jeder Vorstoß gelingt.

Wichtige Voraussetzungen dafür, dass es klappt, sind auf der einen Seite echtes und ehrliches Verständnis für die Anliegen des anderen. Auf der anderen Seite ist dafür das konsequent darauf abgestimmte sinnstiftende Handeln nötig. Erst die schlüssige Kombination aus beidem erzeugt den Sog. Der sorgt dafür, dass man weniger tun muss, um mehr zu erreichen. So ergibt sich der »Pull-Effekt«, den alle wollen – diese gewisse Anziehungskraft profilierter Menschen genauso wie profilierter Unternehmen und Produkte. Wer sie hat, wird begehrt und muss nicht ständig »Beachte mich!« brüllen – im Gegensatz zur gegenteiligen Strategie dem »Push-Marketing«.

So ist es wirklich smart: Die besondere Kombination aus dem nachvollziehbaren Nutzwert (Was habe ich von dem Angebot?), dem Erscheinungsbild (Wie kommt es rüber?) und einer gewissen Gewitztheit (Inwiefern bereichert es mich?) sorgt für mehr und hochwertigere Aufmerksamkeit als das kakophonische Dröhnen aus all den üblichen Werbebotschaften. Und so für die stärkere Kundenbindung und mehr Umsatz und Gewinn.


  1. Aufmerksamkeit: Die härteste Währung der Welt
  2. Kundenbeziehung auf Augenhöhe
  3. Henkel zeigt, wie es nicht geht
  4. Der Autor

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