CRN: Sie lassen Unternehmer zu Wort kommen, Martin Hubschneider von CAS Software oder Holger Brinkmann, ein Kind der 68er, wie er selbst über sich sagt. Nicht zuletzt sind Sie ja auch ein IT-Unternehmer. Was zeichnet Führungspersönlichkeiten im Mittelstand aus?
Kauf: Was in einem Unternehmen vor allem zählt, sind Zahlen. Das weiß jeder Chef und jeder Mitarbeiter. Nicht jeder Chef indes weiß, warum er Menschen, die er bezahlt, auch noch begeistern sollte. Nicht jeder kennt Argumente für die Kopplung von Empathie und Ökonomie. Die von Ihnen angesprochenen Personen sind, ähnlich wie Erfinder oder Künstler, Menschen, die ihre Welt, ganz gleich, wie klein oder groß sie sein mag, einfach verbesserungswürdig finden. Sie möchten ihr durch die Kraft der Idee etwas Neues abgewinnen oder etwas hinzufügen.
Etwas, das sich bezahlt macht und Spaß bringt. Etwas von Wert. Und wenn es nur ein Marktwert ist. Dieser Antrieb, ob mehr intelligenz-gesteuert oder intuitiv, ist eine sehr persönliche Kraft, und so sind der erfolgreiche Aufbau und die Führung eines Unternehmens in erster Linie verknüpft mit den handelnden Persönlichkeiten.
Sie sind bei allem Erfolg immer Mensch geblieben. Neben wirtschaftlichem Erfolg treten sie Mitmenschen auch im Geschäftsleben mit Empathie und Wertschätzung entgegen. Sie sind das Unternehmen, sie sind nicht nur das Geld des Unternehmens. Wäre es anders, würden Unternehmen ausschließlich von Buchhaltern repräsentiert.
CRN: Immer mehr Unternehmen sprechen von »Customer Centricity«. Wir fragen uns, ob denn Kundenorientierung nicht schon immer zwingend zum Erfolg gehört? Ganz abgesehen davon, dass Selbstverständlichkeiten heute anscheinend innovativer scheinen, wenn sie in Englisch daherkommen.
Kauf: Da treffen Sie bei mir auf einen Nerv. Nach meiner Beobachtung werden alle paar Jahre neue Begriffe für »alte“ Tugenden erfunden, um bei den Menschen Gehör zu finden. Als mir der Begriff Customer Centricity erstmalig begegnet ist, habe ich mich geschüttelt. Schon die Aussprache war schwierig. Tatsächlich etablieren sich diese Begriffe trotzdem. Offensichtlich gehört es zum Mainstream, immer wieder neue englische Begriffe zu erfinden. Den Kunden in den Fokus des eigenen Handelns zu stellen, praktiziere ich seit mehr als 28 Jahren, nur deswegen habe ich heute noch Kunden, die ich seit dieser Zeit begleiten darf.
CRN: Sie beschreiben generell einige Wirkungen in Beziehungen zwischen Menschen, Wahrnehmung zum Beispiel. Daneben gibt es ganz praktische Kapitel: Erstkontakt zum Kunden »unbeschadet zu überstehen«. Wer sollte Ihr Buch lesen?
Kauf: Ursprünglich wollte ich ein Buch für Unternehmer und Führungskräfte schreiben. Trotzdem ist das Buch etwas für jeden, der in Arbeit mehr sieht, als nur den Verdienst seines Lebensunterhalts. Das Buch mit praktischen Erfahrungen aus mehr als 25 Jahren Praxis und vor allem die neurobiologischen Erkenntnisse von Dr. Sperlich helfen dabei, andere Menschen besser zu verstehen. Wer andere besser versteht und ihnen mit Empathie begegnet, macht sich und seiner Umwelt das Leben leichter.
CRN: Lesen ist das eine, das Wissen in Handlungen umzusetzen und in der Organisation eines Unternehmens zu verankern, das andere. Was empfehlen Sie Unternehmern, die – um mit Ihrem Buchtitel zu fragen - aus dem Kundenwunsch einen Wunschkunden machen wollen?
Kauf: Zunächst müssen wir lernen, als Unternehmer die Komplexität praktisch zu bewältigen. Indem wir den Umkehrschluss wählen, es uns selbst schwer machen, damit Kunden es einfach haben. In der Handhabung, in der Auswahl, in der Entscheidung. Es muss uns gelingen, Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, die Nachvollziehbarkeit, Einfachheit und Funktionalität mit imageträchtigen Individualitätsmerkmalen verbinden. Dies wird unmittelbar die Verbindung zum Kunden stärken. Erfolg wird dann kaum zu vermeiden sein.
CRN: Wann und warum haben Sie zuletzt einen Kunden nicht begeistern können?
Kauf: Das kommt immer wieder vor. Potenzielle Geschäftspartner, die im alten Rollendenken verhaftet sind, Unternehmer, für die Dienstleister und Lieferanten keine Partner, sondern »nur« Zulieferer sind und das einzige was zählt, der Preis ist, kann ich nicht begeistern. So habe ich es erlebt, dass eine von unserer Seite initiierte Beratung vom Kunden ausschließlich dazu genutzt wurde, zu eruieren, welche Möglichkeiten es gibt, die Lizenz- und Softwarepflegekosten zu reduzieren. Aus unserer Perspektive haben wir diesen Kunden immer gut betreut, nur ist das beim Kunden entweder nicht angekommen oder er legt schlichtweg keinen Wert auf unsere Unterstützung. Dieser Kunde hat jetzt das Prädikat »Kein Wunschkunde«. Ich sehe in der Entscheidung für den passenden Geschäftspartner – Kunde, Lieferant oder Mitarbeiter – einen entscheidenden Erfolgsfaktor.
Über Autor und IT-Unternehmer Matthias Kauf
Matthias Kauf wurde 1962 in Bremen geboren. Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann erfolgte 1984 sein Einstieg in die damals noch sehr überschaubare Welt der IT-Technik. Sein ausgeprägtes Dienstleistungsgen und der Wunsch nach Selbstständigkeit führten 1991 zu seiner ersten Unternehmensgründung, der Matthias Kauf GmbH. Schwerpunkte bildeten die IT-Beratung und die Implementierung von Programmen, die heute als Customer Relationship Management Software (CRM) bekannt sind.
Nach acht Jahren als Geschäftsführender Gesellschafter eines IT-Systemhauses mit mehr als 40 Mitarbeitern konzentrierte sich Matthias Kauf konsequent auf das Thema CRM. Dazu gründete er die Servandis GmbH mit Sitz in Bremen. Unter seiner Leitung berät das Servandis-Team seit 2017 Unternehmen verschiedenster Branchen bei der Beschaffung und Implementierung von CRM-Systemen.
Diese Arbeit und mehr als 1.000 Anwenderschulungen bilden die breite Wissens- und Erfahrungsbasis des vorliegenden Buches.