Vorreiter beim Online-Handel mit Möbeln ist in Deutschland der Versandhändler Otto. »Sein Marktanteil liegt wohl um die 50 Prozent - mit steigender Tendenz«, berichtet Heinemann. Doch auch Amazon hat es nach einem Ranking des Fachmagazins »Möbel Kultur« inzwischen unter die Top 10 der deutschen Möbelhändler geschafft.
Für den etablierten Möbelhandel ist das eine Herausforderung. Denn auch wenn viele Händler eigene Online-Shops haben, ihr Geschäftsmodell passt nicht unbedingt in die neue Zeit. »Bei den traditionellen Möbelhändlern müssen die Kunden heute ja oft noch mit drei bis vier Monaten Lieferzeit rechnen. Das geht im Online-Handel nicht. Da bremst sich der Möbelhandel selbst aus«, beschreibt Heinemann das Problem.
Den Verzicht auf den neuen Vertriebsweg kann sich kein Händler leisten. Denn die Geschäfte mit Sofas, Schränken, Tischen und Co laufen im Moment eher schlecht, die Nachfrage stagniert. Der Möbelbedarf hierzulande sei nach vier wachstumsstarken Jahren offensichtlich vorerst gedeckt, sagt der IFH-Möbelexperte Uwe Krüger.
Nur der Internethandel scheint immun gegen die Kaufzurückhaltung. Online gaben die Bundesbürger nach Angaben des E-Commerce-Branchenverbandes bevh 2017 sogar über 20 Prozent mehr für Einrichtung aus als im Vorjahr.
Kein Wunder also, dass praktisch alle großen Möbelhändler inzwischen Online-Auftritte haben. Der unangefochtene Marktführer im deutschen Möbelhandel, Ikea, der nach Ansicht von Experten das Online-Geschäft lange »mit angezogener Handbremse« betrieb, will jetzt im Internet richtig Gas geben. Der Umsatzanteil des Internethandels bei Ikea könne innerhalb weniger Jahre von derzeit sechs auf 26 bis 30 Prozent steigen, prognostiziert Deutschland-Chef Balslev. Dazu will das Unternehmen nicht zuletzt den Lieferservice beschleunigen. Ziel sei eine »Lieferung am selben oder am Folgetag«, heißt es bei Ikea.
Doch nicht nur bei Ikea tut sich etwas. Der Internet-Möbelhändler Home24 hat sich mit seinem Börsengang Geld für zusätzliche Wachstumsspielräume besorgt. Und auch etliche andere Onlinehändler wie Westwing oder Wayfair kämpfen um ein Stück vom Kuchen.
»Der Online-Handel mit Möbeln wird weiter massiv an Bedeutung gewinnen«, ist Handelsexperte Heinemann überzeugt. Wenn es erst einmal gelinge, die langen Lieferfristen abzuschaffen, werde »der Online-Anteil am Möbelhandel irgendwann genauso hoch sein wie heute schon bei Bekleidung«, glaubt der Experte.