Im Interview erklärt Wolfgang Klimt von Consol, was einen guten Managed Service Provider ausmacht, welche Entwicklungen in diesem Bereich zu erwarten sind und welche Rolle die Automatisierung spielt.
CRN: Wie haben sich die Anforderungen der Kunden im Lauf der Jahre verändert?
Wolfgang Klimt: Die zu betreibenden Systeme sind komplexer geworden und die Anforderungen an die Verfügbarkeit immer höher. Vor 15 Jahren bestand eine Applikation aus einer Datenbank und einem Applikationsserver, die auf einem Stück Hardware liefen und zu Bürozeiten verfügbar sein mussten. Selbst große Unternehmen hatten eine überschaubare Menge unternehmenskritischer Systeme. Heute erleben wir Microservices in Containern, deren Instanzzahl lastabhängig dynamisch schwankt, und Datenhaltung in NoSQL-Clustern, bei denen die schiere Größe ein Backup praktisch ausschließt. Die immer weitergehende Abstraktion der Hardware durch Virtualisierung und Containertechnologien und das reibungslose Zusammenspiel vieler Microservices zu einem funktionierenden Gesamtsystem zählen zu den Herausforderungen im heutigen Managed-Services-Alltag.
CRN: Wie überzeugen Sie Kunden von den Vorteilen von Managed Services und welche Vorbehalte gibt es?
Klimt: Vorbehalte betreffen vor allem die gefühlte Abhängigkeit von einem externen Partner und die Befürchtung, Kompetenzen im eigenen Haus zu verlieren. Natürlich spielen auch die Kosten und die Frage »Brauchen wir das denn?« eine Rolle. IT-Systeme funktionieren oft lange, bis es dann zu einer Störung kommt, die dem Kunden klar macht, dass er schon längst hätte aktiv werden müssen. Managed-Services-Anbieter haben Erfahrungen im Betriebsverhalten der IT-Komponenten und sorgen sowohl im Betrieb selbst als auch in ihren Rückmeldungen an die Kunden für ein sicheres, stabiles und performantes Gesamtsystem.
CRN: Welche Managed Services werden von Kunden besonders angefragt?
Klimt: Ein Thema ist vor allem der Service außerhalb der normalen Bürozeiten. Online-Services müssen rund um die Uhr verfügbar sein, die Mitarbeiter gehen aber irgendwann nach Hause. Für einen 24x7-Betrieb benötigt man mindestens sechs, besser sieben Personen in Wechselschichten oder mehreren über den Globus verteilten Standorten. Die Kosten dafür sind insbesondere für mittelständische Unternehmen kaum zu schultern.
CRN: Was macht einen guten Dienstleister für Managed Services aus?
Klimt: Zunächst natürlich die Qualität des Services, den er anbietet. Neben den offensichtlichen Kriterien sind es vor allem die proaktiven Tätigkeiten, die einen Unterschied ausmachen. Die Komponenten eines IT-Systems müssen regelmäßig gepflegt werden, Sicherheits-Updates zeitnah eingespielt, der Ressourcenverbrauch überwacht, absehbare Engpässe rechtzeitig erkannt und durch entsprechende Kapazitätsanpassungen kompensiert werden. Gerade die Pflege der Infrastruktur ist eine gerne vernachlässigte Aufgabe. Ein Beispiel: Im Januar 2017 wies Shodan noch knapp 200.000 öffentlich erreichbare Systeme aus, die für die im April 2014 bekannt gewordene Heartbleed-SSL-Lücke anfällig waren. Solche Systeme erfüllen zwar ihre Funktion, sie drei Jahre lang ungepatcht zu lassen spricht aber nicht gerade für einen verantwortungsvollen Managed Service Provider.
CRN: Was wird 2017 der grundlegende Treiber der Umsetzung von Managed Services sein?
Klimt: Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Datenschutz-Grundverordnung der EU hier eine gewichtige Rolle spielt. Da sie im Mai 2018 EU-weit anzuwenden ist, werden Unternehmen sich bereits in diesem Jahr intensiv mit ihr beschäftigen müssen, um zum Starttermin vorbereitet zu sein.
CRN: Wie wird in 5 Jahren das Geschäftsmodell von Systemhäusern aussehen, sind dann alle Managed Services Provider?
Klimt: Nicht notwendigerweise, aber sie werden in aller Regel zumindest einen oder mehrere in ihrem Partnernetzwerk haben. Auch hier stellt sich wieder die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis. Managed Services anzubieten bedeutet einen erheblichen Aufwand an Personal und Infrastruktur. Den muss das Systemhaus auch wieder erwirtschaften. Da ist die Partnerschaft mit einem entsprechend aufgestellten Anbieter in vielen Fällen wirtschaftlicher.
CRN: Wo sehen Sie neu zu besetzende Services, die bisher noch nicht zum Standard-Repertoire eines MSPs gehören?
Klimt: Cloud-Infrastrukturen bieten meist nur einen Teil der Services, die zu einem umfassenden IT-Betrieb gehören. Um wieder auf die Heartbleed-Lücke zu kommen: Die meisten der betroffenen Server liefen bei AWS. Es wird gerne übersehen, dass Amazon zwar eine Plattform für den Betrieb virtueller Maschinen zur Verfügung stellt, für Betriebssystem und Software innerhalb der VMs jedoch der Kunde verantwortlich ist. Das heißt, Betriebssystem und Software müssen hier ebenso gepflegt werden wie im eigenen Rechenzentrum.
CRN: Wie sehen Managed Services in der Zukunft aus?
Klimt: Ebenso wie wir heute durch Virtualisierung, Cloud und Containertechnologien immer mehr Layer zwischen der Hardware und der eigentlichen Applikation sehen, werden auch die Managed Services immer verteilter werden. Schon heute ist niemand mehr in der Lage, alle für das Funktionieren einer Applikation verwendeten Technologien umfassend zu kennen und zu verstehen. Durch den Einsatz von Cloud-Diensten, für die wieder eigene Service-Teams verantwortlich sind, übernehmen MSPs immer stärker Koordinierungsfunktionen für Leistungen, die sie oder ihre Kunden zukaufen – Stichwort Single Point of Contact.
CRN: Welche Rolle spielt die Automatisierung dabei?
Klimt: Eine sehr große. Ohne eine hochgradige Automatisierung sind schon die heutigen IT-Infrastrukturen und Releasezyklen kaum zu bewältigen, und die Entwicklung ist hier noch im vollen Gange. Die Automatisierungswerkzeuge selbst sind allerdings ebenfalls Teile des Systems, die entwickelt, getestet, betrieben und gepflegt werden müssen, was wiederum die Komplexität erhöht und eine zusätzliche Fehlerquelle bieten kann. Und wie Amazon Ende Februar feststellen musste, erhöht Automatisierung auch die Gefahr, mit einem einzigen fehlerhaften Befehl immensen Schaden anzurichten.