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Cloud Computing und der IT-Channel

Unsichere Absatzstrukturen und Direktgeschäfte

Autor: Samba Schulte • 20.4.2011 • ca. 2:30 Min

Azlan-Chef Ulrich Hampe
Azlan-Chef Ulrich Hampe

Hundt, dessen Unternehmen Cloud-Beratung und –Services und in Kooperation mit einem Dienstleister auch Software as a Service anbietet, hält dagegen: »Die Distribution verschläft das Cloud-Geschäft nicht. Fakt ist, dass es bei vielen Herstellern noch kein konkretes ökonomisches Modell für die Distribution gibt, auch wenn sie als wichtiger Multiplikator für diese Dienste gesehen wird.« Auch der Avnet-Chef registriert das steigende Interesse der Partner, konstatiert aber zugleich: »Noch nicht gefestigte Absatzstrukturen und in Teilen nicht valide, nachhaltige Geschäftsmodelle verhindern deutliche Erfolge.« Hundt ist nicht der einzige Distributionsmanager, der dem gerade auch von den Herstellern erzeugten Cloud-Hype teilweise mit Misstrauen begegnet. Isabelle von Künßberg, Vertriebsleiterin des noch jungen, auf Cloud-Lösungen spezialisierten, Distributors Acmeo analysiert die Lage: »Derzeit gibt es einen Hype im Markt, der viele Hersteller dazu verleitet ihre klassischen Lösungen in geringfügiger Veränderung auch als Cloud-Produkte anzubieten. Es werden signifikante Marketing-Budgets in den Markt gepumpt, die eine Cloud-Blase entstehen lassen.« Die Folge: »Der Markt wird sich bereinigen.« Thomas Hruby schließlich, Geschäftsführer des Spezialdistributors Sysob, sieht auch bei den Resellern eine eher verhaltene Akzeptanz für Cloud-Produkte und konstatiert: »Die Angst des gesamten IT-Channels ist nach wie vor, dass durch diese Produkte der Fachhandel künftig umgangen wird und somit ein Verdienstausfall entsteht.« Möglicherweise würden Produktverträge, Subscriptions und Lizenzerweiterungen künftig direkt mit dem Endkunden geschlossen. »Viele Hersteller denken heute nicht ausreichend an den Channel als wichtigen Partner für das Cloud-geschäft: Der Reiz eines einfachen, automatisierten Direktgeschäfts ohne Abgabe an Marge an den Channel ist zu groß«, konstatiert auch William Geens, Geschäftsführer des Software-Distributors Prianto, und fügt hinzu: »Aber auch im Cloud Computing, speziell im Mittelstand, wird der Fachhandel die Speerspitze am Kunden sein.«

Wie aber fügt sich also die Distribution in das Cloud Computing-Geschäft mit all seinen verwandten Varianten, vom Infrastructure-as-a-Service bis hin zur Private Cloud? Da sich der Markt nach wie vor in einer Entwicklungsphase befinde, falle der Distribution im Augenblick die »Rolle eines Informationsbrokers und Vermittlers zu, der seinen Kunden Informationen zur Cloud im Allgemeinen und herstellerspezifische Informationen insbesondere zur Verfügung stellt«, glaubt Hundt. Dementsprechend gliedern gearde die großen Distributoren das Cloud-Business in ihre VAD-Einheiten ein und setzen gerne auf Trainingsmaßnahmen: »Die Transformation aller Beteiligter im Channel erfordert einiges mehr an vertrieblichen Kompetenzen als in der Vergangenheit. Dies zieht in der Anfangsphase einen erheblichen Schulungsbedarf nach sich«, erklärt dazu Guido Wirtz, bei Broadliner Actebis für das Business Development zuständig. Ulrich Hampe, Leiter des VAD-Bereich Azlan bei Tech Data, sieht vor allem die Nutzbarkeit des Cloud-Ansatzes für das eigene starke Virtualisierungsgeschäft und fokussiert ebenfalls die Beratungsleistung des Distributors: »Für Reseller setzen wir Go-to-Market-Workshops und Informationsverträge auf und schnüren verschiedene Lösungs- und Dienstleistungspakete.« Angelehnt an die Hersteller-Konzepte gibt es darüber hinaus von den Distributoren Projektberatung und Support beim Change-Prozess des Kunden.

Strukturell gliedern sich diese Support-Maßnahmen rund um das Cloud Computing häufig, wie in der Value add Distribution üblich, an die jeweiligen Hersteller-Units und deren Programme. Es zeigt sich zwar das Bemühen der Distributionsschwergewichte, möglichst frühzeitig dabei zu sein und Cloud-Angebote anzubieten. »Uns war es wichtig, von Beginn an in diesem Markt präsent zu sein und unseren Kunden den Einstieg zu erleichtern«´, beschreibt etwa Ingram Micros Vertriebschef Marcus Adä den frühen Vorstoß des Dornacher Broadliners. De facto werden aber bislang häufig nur Hersteller-Konzepte und Dienstleister-Angebote weitergereicht, für deren Vermittlung es eigentlich gar keinen Zwischenhändler bedürfte. Eigene Angebote und Hersteller-übergreifende Konzepte stecken bei den Großen noch in der Orientierungsphase fest.