Microsoft versucht, diesem Dilemma zu entkommen, indem es einerseits mit einem kostenlosen Upgrade für die meisten Kunden dafür sorgt, dass sich Windows 10 möglichst schnell verbreitet und so trotz aller Umwälzungen ein wichtiger Mitspieler bleibt. Andererseits nutzt Redmond die Innovations-Schwäche der meisten etablierten Hersteller und wagt den Angriff von der anderen Seite: mit eigener Hardware wie dem Surface nimmt der Software-Spezialist nun auch die Hardware-Innovation selbst in die Hand und liefert Kunden ein Tablet, das gleichzeitig als vollwertiger Notebook-Ersatz dient. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten gelingt dies heute so erfolgreich, dass jetzt selbst der einstige Innovator Apple mit dem iPad Pro auf den Zug aufgesprungen ist. Im noch wichtigeren Smartphone-Markt konnte man vergleichbare Erfolge bisher allerdings nicht erzielen. Der hoffnungsvolle Zukauf von Nokia wurde zur milliardenschweren Abschreibung.
Und auch außerhalb des eigenen Unternehmens führt dieser neue Weg zu einigen Verstimmungen. So sind die meisten Hardwarepartner wenig begeistert über die neue Konkurrenz. Obwohl es von den Kunden gut angenommen und bewertet wird, verschärft Windows 10 den Konflikt sogar noch weiter. Lenovo-CEO Yang Yuanqing wirft Microsoft vor, dem darbenden PC-Markt durch die kostenlose Upgrade-Option weiter geschadet zu haben. Sie bringe die Kunden dazu, Investitionen in neue PCs und Notebooks weiter zu verschieben. Gleichzeitig führe das Upgrade zu einer erhöhten Zahl von Support-Problemen auf den alten Geräten.
Die Zahlen geben ihm Recht. Schon seit Jahren heißt das zumindest zahlenmäßig wichtigste Betriebssystem nicht mehr Windows, sondern Android. Und selbst Apples iOS hat Windows jetzt überholt. Im vergangenen Jahr wurden über 800 Millionen Geräte mit Android-Betriebssystem verkauft sowie fast 300 Millionen iPhones und iPads mit iOS. In der gleichen Zeit gingen nur 275 Millionen Windows-PCs über die Ladentheken, trotz - oder auch wegen – der Veröffentlichung von Windows 10.