In der Praxis sieht es so aus: Die meisten Unternehmen kennen die Erwartungen ihrer Stakeholder gar nicht, und wenn sie sie zu kennen glauben, tut sich eine große Lücke auf zwischen dem, was die Beteiligten in der Interaktion mit einem Unternehmen erleben und der Selbsteinschätzung einer Firma. »Experience Gap«, nennt Henning Bauwe von KPMG diese Divergenz aus der Fremd- und Eigenwahrnehmung. Das Bauchgefühl sagt dem CEO, dass alle Beteiligten doch zufrieden seien, während eine Analyse der Daten aus allen relevanten Prozessen und Interaktionen Dissonanzen aufzeigt. Wenn man denn überhaupt alle Daten erheben kann, auf deren Grundlage sich ein Stakeholder Value errechnen ließe.
An operationale Daten hauptsächlich aus ERP- und CRM-Systemen mangelt es in der Regel nicht. Man kann aus solchen über Jahren mit viel Aufwand erhobenen Betriebsdaten frühere Entwicklungen eines Unternehmens aufzeigen. Wohin die Reise in Zukunft gehen wird, warum sich Kunden und Mitarbeiter abwenden oder wie sehr sich Märkte aktuell verändern, erklären historische Daten indes nicht. Dazu müssten erst einmal andere Quellen zu einem Gesamtbild (X-Data) einbezogen werden. X-Data, kombiniert mit den operationalen Daten (O-Data), soll Auskunft darüber erteilen können, wie die Erwartungen aller Stakeholder erfüllt werden, heißt es in der Studie »When Data Drives Experience«, die Easy Software und KPMG kürzlich auf der Veranstaltung Easy World präsentierten.
Weckruf aus Walldorf
Die Mehrzahl der Unternehmen dürfte »Experience Economy« und das systematische Erfassen von X-Data noch keine große Aufmerksamkeit schenken, weil es für kleinere Unternehmen schlicht noch keine adäquaten Lösungen gibt, die eine pragmatische Herangehensweise zulassen, wie KMPG-Manager Bauwe erläutert. Wie immer bei solchen neuen Trends sind es größere Unternehmen, die bereits X-Data in ihre Analysen einbeziehen. Die Hälfte aller von KPMG befragten Firmen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz tut dies bereits, im Mittelstand bis zehn Millionen Euro ist es laut Studie immerhin bereits ein Drittel. Indes haben sechs von zehn CEOs, Stand Juli 2019, noch nie von »Experience Data« gehört.
Es braucht noch eine Weile, bis sich der Grund für die teuerste Übernahme in der Geschichte von SAP auf Vorstandsebenen hierzulande herumgesprochen hat. Im November 2018 hatte SAP den US-amerikanischen Softwarehersteller Qualtrics für acht Milliarden Dollar gekauft – einen Pionier für Experience Management, der Daten zu Kunden, Mitarbeitern, Produkten und Marken sammelt. Für eine stakeholderorientierte Steuerung sind solche XM-Plattformen unerlässlich, die über APIs mit anderen Systemen verbunden werden und strukturiertes Feedback abbilden, analysieren und grafisch darstellen können. Kunden wie Allianz, Ford, Banken, Gastronomie oder Reiseveranstalter setzen Qualtrics bereits ein. XM-Systeme sind ein wichtiger Teil ihrer Digitalisierungsstrategie.
Treiber für Easy Software
Längst geht es bei den Mülheimern nicht mehr nur um DMS oder ECM. Seit dem Kauf des Leipziger Start-ups Apinauten will und kann Easy Software vom Trend Experience Management profitieren. Apiomat, die akquirierte XM-Plattform, hilft Kunden von Easy Software bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse – einschließlich X-Data-Erfassungen, beispielsweise aus Umfragen.
Einige Kunden haben auf der Easy World über Digitalisierungsprojekte berichtet und zeigten Vorteile auf, die eine Lösung wie Apiomat leisten kann: Agile Softwareentwicklung senkt Einführungszeiten mobiler Applikationen erheblich, Rapid Prototyping und Schnittstellen zu vielen gängigen Systemen wie SAP reduzieren Kosten deutlich und erhöhen die Produktivität, Datenschutzstandards werden eingehalten. Traditionelles Geschäft, Digitalisierungsberatung, eine Plattform jetzt auch für XM sowie Systemintegration in bestehende Infrastrukturen, so sieht CEO Weißhaar sein Unternehmen bestens gerüstet, den Digitalisierungsgrad der Kundschaft weiter zu erhöhen.