Cambridge Analytica geriet weiter unter Druck, nachdem ihr Chef vor versteckter Kamera mit Erpressungsversuchen von Wahlkandidaten geprahlt haben soll. Ein Reporter des britischen Senders Channel 4 hatte sich für den Vertreter eines potenziellen reichen Kunden ausgegeben, der für den Erfolg mehrerer Kandidaten bei einer Wahl in Sri Lanka sorgen wolle. Cambridge Analytica wurde bekannt als die Firma, deren Datenauswertung Donald Trump zum Sieg bei der US-Präsidentenwahl 2016 verholfen haben soll.
Der Undercover-Reporter traf sich mit Cambridge-Analytica-Chef Alexander Nix und anderen Top-Managern mehrfach in Londoner Hotels von November 2017 bis Januar 2018. An einer Stelle antwortete Nix dem Channel-4-Bericht zufolge auf die Frage nach der Möglichkeit, negative Informationen über politische Opponenten zu beschaffen, seine Firma könne «Mädchen zum Haus des Kandidaten schicken». Ukrainerinnen seien «sehr schön, ich finde, das funktioniert sehr gut». Eine weitere Vorgehensweise sei, einem Kandidaten viel Geld für seinen Wahlkampf anzubieten, zum Beispiel mit Land als Gegenleistung - und das ganze auf Video aufzunehmen und später zu veröffentlichen.
Cambridge Analytica erklärte am späten Montag, der Bericht sei irreführend zusammengeschnitten, die Darstellung entspreche nicht der Vorgehensweise der Firma und versuche, den Spieß umzudrehen: Man führe routinemäßig Unterhaltungen mit potenziellen Kunden, um bei ihnen mögliche unethische oder illegale Absichten aufzudecken. Nix erklärte dem »Wall Street Journal«, er habe lediglich in der Konversation »mitgespielt« und bereue das.
Bei Facebook rumort es unterdessen. Die »New York Times« berichtete, dass der in Fachkreisen angesehene Sicherheitschef Alex Stamos Facebook verlassen wolle. Er habe sich dafür eingesetzt, offener über die russische Einmischung in den US-Präsidentenwahlkampf 2016 zu informieren, sei aber von anderen Managern abgebügelt worden, schrieb die Zeitung. Stamos habe bereits im Sommer 2016 erste Untersuchungen eingeleitet und zum November klare Hinweise auf die Einmischung aus Russland gehabt. Die Firmenführung habe jedoch damit gezögert, die Informationen öffentlich zu machen. Erst nach Untersuchungen im US-Kongress räumte das Online-Netzwerk schrittweise ein, dass 150 Millionen Nutzer von Facebook und Instagram mit politischer Propaganda aus Russland in Berührung gekommen sein dürften.