Ein selbstlernender Algorithmus aus Googles Forschungsabteilung Deep Mind lässt nicht nur menschlichen Schachspielern keine Chance mehr, sondern auch den besten Schachprogrammen.
Spezialisierte Schachprogramme wie Stockfish, Houdini und Komodo sind seit Jahren menschlichen Gegnern überlegen. Ein Meilenstein war 1997 das Programm Deep Blue, das gegen den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow 3,5-2,5 gewann. Das Feintuning zwischen Zugberechnung und Stellungsbewertung wird von Version zu Version weiter verbessert. Nun tritt ein selbstlernender Algorithmus namens Alpha Zero auf die Bühne, lernt Schach innerhalb von vier Stunden und demontiert Stockfish, den Weltmeister der Schachprogramme des Jahres 2016. Der Wettkampf über 100 Partien endete mit 28-0 bei 72 Remisen für Googles Alpha Zero. Das kann mit Fug und Recht als großer Entwicklungsschritt für künstliche Intelligenz bezeichnet werden.
Während Stockfish 70 Millionen Stellungen pro Sekunde berechnet und bewertet, schaut sich Alpha Zero nur 80.000 Positionen an. Das geht aus dem Paper der Entwickler hervor, das zur Veröffentlichung eingereicht ist. Die Programmierer von Deep Mind haben einen Seitenweg von Deep Learning beschritten, der sich Reinforcement Learning nennt. Das Programm bekam nur die Schachregeln vermittelt und spielte dann vier Stunden lang gegen sich selbst – keine Eröffnungsbücher, keine Endspieltabellen, keine Heuristik. Auf der Basis der jeweiligen Ergebnisse bewertete das Programm seine Züge und lernte sehr schnell, welche Strategien und Taktiken am besten funktionierten. Außer Schach lernte die Software Go und das japanische Schach Shogi und schlug dort ebenfalls die bisher stärksten Computerprogramme deutlich.
Für Hobbyspieler ist Alpha Zero allerdings unerschwinglich. Für das Training verwendete Deep Mind 5.000 Tensor Processing Units (TPU), die speziell für maschinelles Lernen geeignet sind. Umgerechnet in CPUs wären das laut Google etwa 175.000 Xeon-Prozessoren. Großmeister Peter Heine Nielsen kommentierte: »Ich habe mich immer gefragt, wie es wäre, wenn eine überlegene Spezies auf der Erde landen und uns zeigen würde, wie sie Schach spielen. Jetzt weiß ich es.«