BGH-Urteil zu Widerrufsrecht

Online-Shop muss Matratze auch ausgepackt zurücknehmen

3. Juli 2019, 18:37 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Verbraucherschützer warnen vor Tricks

Die Verbraucherzentrale Brandenburg begrüßte das Urteil. »Allerdings warnen wir vor weiteren Tricks der Branche, das Widerrufsrecht auszuhebeln«, sagte Chefjuristin Katarzyna Trietz. Es seien Fälle bekannt, in denen Händler die Rückgabe verweigerten, weil die Matratze angeblich eine Maßanfertigung gewesen sei. Betroffene Kunden müssten dann erst einmal das Gegenteil beweisen.

Die BGH-Richter hatten schon in der Verhandlung 2017 in Richtung Widerrufsrecht tendiert. Die Mehrkosten könne der Händler von vornherein einkalkulieren, hieß es damals. Weil die Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch auf eine beinahe wortgleiche EU-Richtlinie zurückgeht, hatte der Senat damals aber die Luxemburger Kollegen am EuGH eingeschaltet. Das Verfahren wurde ausgesetzt.

Seit Ende März liegt das EuGH-Urteil nun vor. Schon dort taucht der Vergleich mit der Kleidung auf: Für online bestellte Anziehsachen sehe das EU-Recht ausdrücklich vor, dass sie nach dem Anprobieren zurückgeschickt werden können. Die Richter hatten sich außerdem überlegt, dass ja auch Hotelgäste nacheinander im selben Bett schlafen. Es gebe auch einen Markt für gebrauchte Matratzen.

Die Luxemburger Richter erinnerten allerdings daran, dass es Kunden mit dem Anprobieren nicht übertreiben dürfen. Bei Schuhen wäre es beispielsweise nicht in Ordnung, damit schon mal einen Tag außerhalb der Wohnung herumzulaufen und sie dann mit verschrammter Sohle und ersten Kratzern zurückzuschicken. In diesem Fall verliert der Kunde zwar nicht sein Widerrufsrecht, haftet aber für den Wertverlust.

So hatte der BGH beispielsweise 2016 entschieden, dass ein Kläger, der einen online bestellten Katalysator vor der Rückgabe in sein Auto eingebaut und eine Probefahrt gemacht hatte, grundsätzlich Wertersatz leisten muss. Ein Wasserbett, das der Käufer testweise befüllt hat, darf dagegen nach einem Urteil von 2010 ohne Geldeinbußen zurückgegeben werden. Das gehöre zum Ausprobieren der Ware.


  1. Online-Shop muss Matratze auch ausgepackt zurücknehmen
  2. Hygiene ist relativ
  3. Verbraucherschützer warnen vor Tricks

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