Ist die Krise insgesamt eher positiv oder negativ für den Outsourcing-Markt zu bewerten?
Wie alle Bereiche ist auch der Outsourcing-Markt von der Krise betroffen. Cognizant ist im Finanzjahr 2009 dennoch um 16 Prozent gewachsen. Wir haben stark investiert und davon profitiert. Mit 16.700 neuen Mitarbeitern, einem starken Kundenservice und neuen Dienstleistungen konnten wir in der Krise punkten.
Die größte Herausforderung am Outsourcing-Markt im Allgemeinen war jedoch die Verzögerung von Investitionsentscheidungen. Durch das »Fahren auf Sicht« wurden Projekte auf Eis gelegt, die für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit wichtig gewesen wären. Das kann bei einem Aufschwung die Aufholbewegung verzögern. Der plötzliche Einbruch der Umsätze von Outsourcinggebern hat zu einem Dominoeffekt auf der Anbieterseite geführt. Dadurch haben teilweise verzweifelte Nachfrager mit verzweifelten Anbietern Vertragsverhandlungen geführt. Die Folgen werden uns in den kommenden Monaten und Jahren begleiten: Verträge, die aus der Position der Schwäche geschlossen wurden und bei der geringsten Änderung der Umwelt (z.B. durch wirtschaftliche Erholung) zugunsten eines Partners ausschlagen und zu permamenter Unzufriedenheit führen.
Wird Cloud Computing zu einer völlig neuen Art von Outsourcing und Managed Services führen? Werden damit evtl. sogar die Grenzen zwischen Near- und Offshoring verschwimmen oder gar ganz aufgelöst?
Cloud Computing wird weiter an Bedeutung gewinnen und die Outsourcing-Landschaft beeinflussen. IT-Services werden künftig dort erbracht, wo sie am effizientesten möglich sind, d.h. sie werden qua Definition implizit globale Liefermodelle als Konstitutionsprinzip enthalten. Neben Kostenvorteilen und dem Zugriff auf verschiedene Talentpools ist hierbei die Skalierfähigkeit entscheidend. Da die »Cloud« theoretisch unbegrenzt nutzbar ist, müssen auch die Ressourcen – und dies beinhaltet bei komplexeren Diensten eben auch Personal – mit der Nachfrage atmen können; dies läßt sich ausschließlich »Onshore« nicht darstellen. Durch Services aus der »Cloud« werden die Geschäftsprozesse und IT-Infrastrukturen im Unternehmen selbst immer schlanker und lassen sich einfacher verwalten. In der »Cloud« werden standardisierte Dienstleistungen angeboten werden. Maßgeschneiderte Services im Bereich der Kernkompetenzen helfen, Wettbewerbsvorteile zu halten und auszubauen. Deshalb werden diese insbesondere für Marktführer weiterhin unverzichtbar bleiben. Als Exportnation wird sich Deutschland mit Wettbewerbern aus anderen Teilen der Welt messen. Um hier zu bestehen sind Innovationsfähigkeit, Qualität, Kundenorientierung, der Zugriff auf Talente und eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur unverzichtbar. Hier werden globale Liefermodelle explizit zum Einsatz kommen.
Sind Shared Risk Modelle und erfolgsabhängige Verträge die Zukunft (und für welche Firmengrößen), oder werden sie nicht gerade durch Trends wie die Cloud wieder unterhöhlt?
Die in der vorherigen Frage eingeführte Trennung kann hier genutzt werden. Cloud Services werden nutzungsabhängig vergütet. Es wird also ein Preismodell entstehen, das Input-basiert ist. Die maßgeschneiderten Dienstleistungen haben jedoch gerade die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Kunden zum Ziel. Hier bieten sich gerne Output-basierte, also erfolgsabhängige Preismodelle an, die bis zur Berücksichtigung von Faktoren wie Umsatz und Gewinn des Kunden gehen können. Um jedoch nochmals auf den Hinweis auf den Gleichgewichtsbegriff in Frage 1.4 zurückzukommen: Die solchen Verträgen zugrundeliegenden Gleichgewichte sind sehr schwankungsanfällig und oftmals instabil, das heißt die beteiligten Partner müssen einen hohen Reifegrad besitzen, den Servicegegenstand beherrschen und eine solide Vertragsgovernance leben. Dabei spielt die Firmengröße keine Rolle, solange diese Vorraussetzungen mitgebracht werden. Alle anderen Szenarien mit Output-basierten Preismodellen - zum Beispiel das Outsourcen eines Problems – führen zu toxischen Vertragsbeziehungen.