Tumore im Kopf oder Hals sind lebensbedrohlich, eine langwährende Strahlentherapie meist unumgänglich. Forscher vom Fraunhofer Institut entwickelten jetzt ein Verfahren, mit dem Ärzte noch schneller und effektiver als bisher behandeln können.
Die Strahlentherapie ist eine bewährte Möglichkeit, um Tumore bei Krebspatienten zu behandeln. Im Fall einer Krebserkrankung des Kopfes oder Halses sind Ärzte besonders herausgefordert, da viele empfindliche Organe auf engem Raum beieinander liegen. Die Bestrahlung ist deshalb exakt zu planen, um möglichst wenig gesundes Gewebe zu schädigen.
Voraussetzung dafür ist die Kenntnis über die genaue Lage und Form der verschiedenen anatomischen Strukturen. Hierzu gehören Rückenmark, Blutgefäße und Kehlkopf. »Ein Radiologe musste bisher diese anatomischen Details in 3D-Bilddaten, wie wir sie durch einen Computertomographen erhalten, Schicht für Schicht sichten und die relevanten Organe sowie den Tumor mit der Maus markieren«, erklärt Dr. Stefan Wesarg vom Fraunhofer IGD. »Das dauert mehrere Stunden.«
Das Sana Klinikum Offenbach und das Universitätsklinikum Gießen und Marburg arbeiten zusammen mit der Medcom GmbH aus Darmstadt und dem Fraunhofer IGD (Institut für Graphische Datenverarbeitung) an einer Lösung. Ziel des gemeinsamen Forschungsprojektes KOHALA (KOpf-HALs-Atlas für die Strahlentherapie) ist die Automatisierung des bisher so aufwendigen Arbeitsschrittes.
Die Fraunhofer-Forscher entwickelten die Software zum automatischen Erkennen und Markieren der anatomischen Strukturen in den Bilddaten. Sie nutzen hierfür das Wissen der Radiologen über die Form und relative Lage der Organe und Knochenstrukturen. Mittels eines statistischen Lernverfahrens werden die anatomischen Unterschiede und die unterschiedlichen Kopfhaltungen aus einer Vielzahl realer anonymisierter Patientendaten in ein Computermodell übernommen. Die Trainingsdaten stammen aus den Kliniken, die in den kommenden Monaten auch die ersten Tests mit dem neuen System angehen.?
Durch das neue Verfahren des Fraunhofer IGD lassen sich die von den klinischen Partnern definierten mehr als zwanzig relevanten Strukturen automatisch segmentieren. Das Ergebnis ist jetzt nach weniger als fünf Minuten verfügbar, bisher dauerte das mehrere Stunden. »In Zeiten der steigenden Arbeitsbelastung unserer Ärzte sind solche technologischen Lösungen geeignet, uns mehr Zeit für die Betreuung der Patienten zu geben«, sagt Prof. Hilke Vorwerk vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg.