Dass SAP-Chef Bill McDermott mit seinem privaten Profil beherzt auf Twitter setzt, kommt nicht von ungefähr. Der Manager des größten europäischen Softwarekonzerns ist Amerikaner und lebt die jenseits des Atlantiks zu beobachtende offenere Kultur der Kommunikation. Übrigens: So selbstverständlich wie McDermott über seinen schweren Unfall gegenüber Medien spricht, bei dem er ein Auge verloren hatte und fast verblutet wäre, ist es bei deutschen Topmanagern verpönt, über Privates zu sprechen. Freilich, typisch deutsche Medien, muss man sagen, die McDermott und seinen Beratern vorwarfen, aus seinem Schicksal eine Business-Story entwickelt zu haben. Man wäre indes schon froh, würden DAX-Vorstände wenigstens über Soziale Medien und außerhalb meist verklausulierter Geschäftsberichte und Pressemitteilungen verraten, mit welchen Business-Trends sie sich beschäftigen, wo sie auf welchen Events waren oder sei es nur ein Tweet über ein Buch, das sie gefesselt hat. Sinn für Markenbildung, wie sie McDermott für sich und SAP betreibt und betreiben lässt – sechs der acht SAP-Vorstände sind unter den von Wyman identifizierten Top-10 der aktivsten Nutzer in sozialen Medien – haben DAX-Vorstände nicht.
Zwei Drittel der 195 im vergangenen Dezember amtierenden Vorstände der 30 größten börsennotierten Konzerne in Deutschland hinterließen keinerlei digitale Fußspuren auf Twitter, Linkedin und Xing. Auffällig ist die »Lücke zwischen allgegenwärtigen Digitalisierungsanspruch der Konzerne und dem persönlichen Verhalten ihrer Führungskräfte«, so das Fazit der Untersuchung von Oliver Wyman. Es liegt in der Natur der Sache, dass Studien solcher PR-Berater immer auf ein Defizit und verpasste Chancen hinweisen. Wollen sie doch ihre Dienstleistung als Lösung des vermeintlichen Problems feilbieten.
Bei aller Kritik an der Abstinenz in sozialen Medien kann das Schweigen der Alphatiere freilich auch eine bewusste Entscheidung sein und wäre somit , so widersprüchlich das auch klingen mag, Teil einer Kommunikationsstrategie.
Befragt, warum es in den letzten 18 Monaten so still um ihn ist, sagte ein früher in den Sozialen Medien durchaus präsenter CEO eines börsennotierten IT-Unternehmens gegenüber CRN, es gäbe derzeit so viele Gerüchte um seine Person, dass er sich nicht mehr auf seine Arbeit konzentrieren könne und deshalb entschieden habe, nicht mehr als notwendig zu kommunizieren. Das auferlegte Schweigen »ist gegebenenfalls auch eine Ursache unseres Erfolgs, weil wir ruhig unsere Ziele verfolgen, ohne uns durch das Getöse rundherum irritieren zu lassen«, lässt das Alphatier nicht etwa per Twitter sondern per Mail den nachfragenden CRN-Journalisten wissen.