Im Umfeld des Onlinerollenspiels Eve Online spielen sich derzeit Szenen wie in einem digitalen Western ab: Verschiedene Parteien aus dem Spiel setzen ihren virtuellen Krieg auch im realen Leben fort, indem sie sich gegenseitig mit Hacker-Angriffen und Botnetz-/DDoS-Attacken überziehen.
Während die Computerspiele-Industrie gerne Games über reale Kriege wie in Vietnam oder dem Irak macht, gab es den umgekehrten Fall bisher eher selten. Derzeit bahnt sich allerdings genau dieses Gegenteil im virtuellen Universum von Eve Online und der Welt wie wir sie kennen an. In dem Massiven Multiplayer Online Rollenspiel (MMORPG) stehen sich momentan vereinfacht gesagt zwei große gegnerische Blöcke gegenüber, von denen die südlichen Mächte versuchen, im Norden des Spielgebietes einzumarschieren. Dabei belassen sie es jedoch nicht nur bei virtuellen Abschüssen gegnerischer Raumschiffe, sondern fahren auch real alle Waffen auf, die ihnen das Internet zur Verfügung stellt, so dass der Krieg vermehrt auch mit ernsthaften Konsequenzen auf das echte Leben übergreift:
Beispielsweise starteten unbekannte Täter in der vergangenen Woche mehrtägige DDoS-Attacken auf verschiedene Foren, Webseiten und Kommunikationsserver (TeamSpeak, Ventrilo) der Parteien des Nordens. Auch wenn so genanntes Meta Gaming, sprich aktives Ausnutzen von Passwortklau, Verrat oder ähnlichen externen Einflüssen für das eigene Ziel innerhalb des Spiels, in Eve schon immer eine Rolle gespielt hat, so ist damit doch eine gefährliche neue Qualität der eigentlich spielerischen Auseinandersetzung erreicht. Immerhin besteht ein gewaltiger Unterschied darin, ob eine Flotte virtueller Raumschiffe platzt, weil sich der Gegner per - ebenso illegaler wie spielerisch fragwürdiger - Hacks oder Phishing bei realen Personen die Zugangspasswörter zu sicheren Online-Orten verschafft, oder ob echte Server und teure IT-Infrastrukturen tagelang befeuert und lahm gelegt werden.
Wie etwa miree von der betroffenen Goonswarm Federation im deutschen Forum ausführt, verwischen damit die Grenzen zwischen Spiel und Realität einen gewaltigen Schritt zu weit: »DDoS in diesem Ausmasse trägt realen finanziellen Schaden nach sich. Das ist kein spying auf nem fremden TS mehr welcher nur Ingame Auswirkungen hat. Das ist eine Straftat, ähnlich der wenn jemand den Lack von deinem Neuwagen wissentlich zerkratzt«. Nicht jeder der Spieler scheint dies jedoch zu begreifen und genauso zu sehen, wie ein Post von »Peter der Friedliche« zeigt, der mit den Südmächten Sympathisiert und in den Attacken offenbar nur ein reines Ingame-Problem sieht: »Na ja, so eine Attacke ist für recht wenig zu haben. Das hat eine neue scheiss Qualität. Wenn das Gewohnheit wird, sollte man über eine Änderung der Spielmechanik zu Gunsten kleinerer Gruppen nachdenken.«