Chef der IBM-Sparte Rational im CRN-Interview

»Wir verfolgen einen Ansatz zur losen Kopplung von Tools«

16. August 2012, 10:56 Uhr | Werner Fritsch

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Entwicklerwelten sind heterogen

CRN: Vor über zehn Jahren hat Rational für solche Zwecke eine Suite von Tools für den Softwarelebenszyklus zusammengestellt.

Kloeckner: Die Rational Suite zu verwenden, würde es wesentlich einfacher machen. Ich kann es für mein eigenes Team sagen: Wenn Sie diese Tools durchgängig einsetzen, dann sind viele Dinge bereits vorintegriert. Wenn Sie sich auf der grünen Wiese befinden, haben Sie damit viel schneller Erfolg. Aber Fakt ist, dass die größeren Organisationen vorhandene Prozesse und Infrastrukturen haben, die sie sukzessive anreichern und erneuern. Sie brauchen einen modularen Ansatz, der zum Beispiel Tools von Rational, HP und Serena verbinden kann. Im Engineering potenziert sich das, weil jede Industrie spezifische Tools einsetzt. Werkzeuge, die in der Automobilbranche sehr verbreitet sind, will in der Flugzeugindustrie niemand. Leider ist die Welt nicht homogen. Es gibt ein breites Spektrum an Tools. Wir sind zwar der größte Hersteller von Entwicklungswerkzeugen, aber das gilt nicht für alle Untergebiete. Open Source wird ebenfalls stark eingesetzt. Die Unternehmen haben das Problem, wie sie Sichtbarkeit hinbekommen. Es müsste Mindeststandards geben für den Austausch von Daten und Artefakten über die Prozesskette hinweg.

CRN: Auf der Grundlage der Unified Modeling Language wurden solche Standards eigentlich schon definiert. Rational war maßgeblich daran beteiligt.

Kloeckner: UML ist leider nicht weit genug verbreitet. Es hat Versuche gegeben, UML anzureichern. UML und UML-Derivate spielen eine Rolle, aber es ist ähnlich wie bei Corba und SOA. Es war eigentlich nichts falsch an Corba. Aber man kann nicht voraussetzen, dass alle Tools und damit alle Teams, die diese Tools verwenden, denselben Gesichtspunkt haben. Die auf der UML beruhende Model Driven Architecture ist sehr erfolgreich in einigen Gebieten, wo die Domäne präzise und umfassend dargestellt ist, zum Beispiel im Verteidigungssektor. Eigentlich ist der Ansatz überzeugend, aber die Verbreitung ist nicht durchdringend. Es ist deshalb aussichtsreicher, sich mit loser Kopplung zufrieden zu geben. Wir verfolgen einen solchen Ansatz zur losen Kopplung von Tools, der sehr verwandt ist zu dem, was die Service-oriented Architecture bei Applikationen leistet.

CRN: Sieht es in der Microsoft-Welt mit Visual Studio besser aus?

Kloeckner: Wenn sie rein in der .Net-Welt bleiben, dann sind sie nicht schlecht bedient, höre ich von Kunden. Aber in der Regel sind relevante Anwendungen nicht auf die Microsoft-Welt beschränkt. Und dann bekommen Sie in zwei Bereichen Probleme: beim Qualitätsmanagement und beim Anforderungsmanagement. Diese beiden Bereiche sind bei Microsoft aus Kundensicht unterentwickelt.

CRN: Macht Microsoft bei Ihrer OSLC-Initiative auch mit?

Kloeckner: Nein. Aber denken Sie daran, was mit SOA passiert ist: Am Ende haben wir uns zusammengerauft. So etwas sehe ich hier auch am Horizont. Sehr positiv ist, dass das World Wide Web Consortium diesen Architekturansatz zur Standardisierung mitverfolgt. Wir müssen dann die Kontrolle aus der Hand geben, was wir auch tun werden. Es wird am Ende ein Governance Board geben. Dann steuert nicht mehr IBM, sondern die Community. Wir werden alles tun, um die Community erfolgreich zu machen.


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