Die Aufregung um die Internet-Spionage entbehrt der Grundlage, und der Fachkräftemangel ist ein Ausdruck veränderter Mentalitäten.
Seit dem Mittelalter ist der Prozess der Zivilisation dem Soziologen Norbert Elias zufolge durch eine Vergrößerung der Distanz des Individuums zur Welt gekennzeichnet. In unseren Tagen kehrt sich dieser Prozess um. Das von vielen als privat missverstandene Internet ist de facto ein öffentlicher Raum, wenn auch weitgehend ohne Gesetze oder auch nur Regeln der Höflichkeit, wie die Aktivitäten cleverer Geheimdienste und die Rüpeleien in Online-Foren zeigen.
Den Weg zurück auf die Bäume beschleunigt ein gigantisches soziales Betriebssystem, mit dessen Hilfe inzwischen ein beträchtlicher Teil der Menschheit seine Beziehungen organisiert: Facebook. Mehr als eine Milliarde Menschen haben sich dort registriert und rund 650 Millionen loggen sich täglich ein. Die Identität einer Person wird dort durch die Summe ihrer veröffentlichten Beiträge definiert. Dass es sich dabei oft um geschönte Selbstdarstellungen handelt, um Blendwerk und Schaulaufen, das müssten die Besucher dieser Website eigentlich wissen. Anscheinend ist dem aber nicht so.
Psychologische Untersuchungen haben nämlich herausgefunden, dass Facebook unglücklich macht. Je länger sich Teilnehmer etwa Urlaubsbilder ihrer Kontakte betrachteten, desto schlechter war danach ihre Laune. Die Benutzer kehren trotzdem zurück – aus der hartnäckigen, nichtsdestoweniger irrigen Überzeugung heraus, dass Zeit mit ihren Online-Freunden zu verbringen sie glücklicher mache.
Die Fähigkeit, zwischen Marketing und Wirklichkeit zu unterscheiden, ist offenbar vielen abhanden gekommen. Dies zeigt auch eine Studie, die wegen ihrer Brisanz bislang unter Verschluss gehalten wird, CRN jedoch vorliegt. Fleißige Facebook-Besucher schätzen demnach vor allem Märchenerzähler. Sachverstand gilt als langweilig, eigenständiges Denken als Stimmungskiller. In den Medien platzierte Amateure des Pop-Musik-Geschäfts sehen sie als Helden an, Ingenieure als nützliche Idioten. Kein Wunder, dass die Anzahl der Absolventen der Fachbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik rückläufig ist! Zu solchen Anstrengungen, wie sie hier erforderlich wären, sind emsige Facebook-Datenlieferanten beim besten Willen nicht mehr in der Lage.