VAD 2013 – Gütesiegel oder Etikettenschwindel?
Sinkende Preise, niedrige Deckungsbeiträge, kürzere Produktzyklen, dafür höherer Wettbewerbsdruck und grassierende Konsolidierung: Die Distribution befindet sich in einer schwierigen Phase – wieder einmal. Broadliner drängen zunehmend ins Lösungsgeschäft und Spezialdistributoren setzen alles daran, sich mit ihren Mehrwerten von den Branchenschwergewichten abzusetzen. Hier Volume, dort Value, das war einmal. Doch worin steckt der echte Mehrwert der Value-Add-Distribution? Wo ist der Händler am besten aufgehoben?

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Der Markt ist mehr und mehr lösungsgetrieben und auch die Kunden suchen heute weniger nach Produkten sondern vielmehr nach Wegen, Probleme zu beseitigen und ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Gleichzeitig zwingen kürzer werdende Produktzyklen, Preisverfall und Margendruck die Distributionslandschaft dazu, sich zu restrukturieren. Es fällt auf, dass das Label Value-Added-Distributor (VAD) inzwischen geradezu inflationär Verwendung findet – unter alt eingesessenen Spezialdistributoren genauso wie unter Broadlinern. Doch worin besteht dieser Value wirklich und worin unterscheiden sich diese Wettbewerber für den Händler?
Standards versus Mehrwerte
Logistik- und Finanzierungsleistungen sowie die Bereitstellung von Basisinformationen sind heute eine Selbstverständlichkeit, dieser Meinung ist Bijan Taleghani, Leiter Produktmarketing und Business-Development bei Tim. Einen VAD klassifiziert er als Großhändler, der über die „grundlegende Aufgaben“ hinaus, weitere, „für den Fachhändler relevante Leistungen mit zusätzlichem Nutzen“ anbietet. Konkret bedeutet das: ein umfangreiches, innovatives Produkt- und Dienstleistungsangebot im Bereich Partner- und Projektentwicklung.
Die Kompetenz des Distributors selbst sowie die umfassende Unterstützung der Partner in Sachen Know-how und anderen Dienstleistungen über den gesamten Projektzyklus hinweg, stünden dabei an erster Stelle. „Von einem ,echten‘ VAD kann der Fachhändler kompetente Beratung und Betreuung in dem angebotenen Produkt- und Servicespektrum erwarten“, so Taleghani.
Der Know-how-Transfer ist auch für Joachim Braune, Managing-Director bei Azlan Dach, der VAD-Sparte von Tech Data, ein wichtiges Kriterium: „Für uns bedeutet das Label VAD lebendige und partnerschaftliche Zusammenarbeit, mit dem Ziel, durch Business-Enablement mehr profitables Geschäft in einem schnelleren Produktzyklus zu generieren.“
Derselben Meinung ist man auch beim Branchenschwergewicht Also. Es ginge darum, Leistungen für die Partner zu erbringen, die ihnen helfen, zusätzliches Geschäft zu generieren, erklärt Heino Deubner, Geschäftsführer Solutions bei Also Deutschland: „Wir übernehmen Aufgaben, die nicht zum Kerngeschäft der Hersteller gehören und beraten den Handel bei der Vermarktung und vor allem der Realisierung von Lösungen im Projektgeschäft.“
Der IT-VAD Zycko Networks verzichtet, anders als die Broadliner Tech Data und Also auf die Listung zahlreicher Hersteller – zugunsten eines hohen Spezialisierungsgrades. Man ziehe es vor, tief gehende Dienstleistungen zu bieten, statt einer oberflächlichen Allgemeinberatung, betont Managing-Director Nils Hantelmann. Dass die steigende Produktvielfalt und die hohe technische Komplexität der Lösungen ein ebenso hohes Maß an Fachkompetenz seitens des VADs erfordert, weiß auch Thomas Hapke, Geschäftsführer bei Complus. Der Projektdistributor will sich ganz klar von dem klassischen Volumen-Distributor, „der nur Boxen schiebt“, unterscheiden. Hapke: „Das Label VAD ist – richtig angewandt – ein Gütesiegel, welches unerfahrenen Kunden Projekt- und Produktsicherheit gibt.“ Die offerierten Leistungen müssten zum Ziel haben, den Resellern Wege zu ebnen, um neue Projekte gewinnen zu können. Complus spezialisiert sich ebenfalls nur auf wenige Hersteller und sieht hierin einen Wettbewerbsvorteil. „Unsere Spezialisierung auf nur zwei Hersteller ermöglicht hohe Kompetenz bei gleichzeitig hoher Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit“, so der Geschäftsführer.
Joachim Braune, Managing-Director bei Azlan Dach, hingegen stellt gerade das umfassende Angebot, gepaart mit einer breiten Channel-Abdeckung, einem ausgereifte Beziehungsnetz und langjähriger Erfahrung als echte Mehrwerte für den Händler heraus. Den Erfolg eines Distributors ist seiner Meinung nach sowohl vom Lösungsportfolio als auch von der Qualität der Umsetzung durch die Mitarbeiter abhängig. Einen echten Vorteil habe man auch dann, wenn man, wie Tech Data Azlan, ein echtes duales Modell anbieten kann, in dem sowohl Value als auch transaktionales Business umgesetzt werden. Braune: „Dann profitiert der Partner von einem Höchstmaß an Flexibilität. Doch Value muss auch bezahlt werden – ich denke, das ist nur fair.“
In Sachen Logistik räumt Zycko Networks den großen Distributoren, die sich dem Lösungsgeschäft verschrieben haben, durchaus ihre Geschäftsvorteile ein. „Was die Betreuung und den Kundensupport betrifft, kommt es sicherlich eher auf die Qualität als die Quantität an“, bemerkt Hantelmann. Dass alleine die Größe eines VADs nicht über den Geschäftserfolg entscheidet, meint auch Taleghani, Leiter Produktmarketing und Business-Development bei Tim. Es käme vielmehr darauf an, die spezialisierten Ressourcen für die Beratung und Unterstützung der Fachhändler in jedem Fall und flexibel zur Verfügung stellen zu können.