LANline: Bei den konkreten Einsatzformen gibt es allerdings Unterschiede.
Wermke: Das ist logisch. Grundsätzlich kann man zwischen dezentralen sogenannten Edge-Standorten und zentralen Rechenzentren unterscheiden. Vor allem bei den dezentralen Edge-Standorten bis 50 kW nutzt man oft noch kältemittelbasierende Lösungen auf Basis von R410 und R32. Hier sind vor allem Planer, Hersteller, aber auch Rechenzentrumsbauer in die Pflicht zu nehmen, auf die neuen Anforderungen an Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu reagieren.
LANline: Findet das Umdenken bereits statt?
Wermke: Es wird eine zukünftige Qualitätsaussage und somit auch Wettbewerbsvorteil sein, wenn Anbieter sich den Anforderungen des Markts in Bezug auf Effizienz und Nachhaltigkeit stellen. Schäfer hat hier gemeinsam mit Efficient Energy bewiesen, dass 100 Prozent Wasserkühlung auch im Bereich der Edge-Datacenter möglich sind, und dies noch unter Einhaltung der Vorgaben des Blauen Engels. Diese Lösungen mit komplettem Verzicht auf Kältemittel werden sogar noch von der öffentlichen Hand für den Mittelstand gefördert. Entsprechende Unterstützung bei der schnellen Fördermittelbeantragung gibt es ebenfalls.
LANine: Was soll mit der Abwärme geschehen?
Wermke: Auch der Punkt der Abwärmenutzung in Rechenzentren gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die optimale Flächenausnutzung im Rechenzentrum erfordern neue Klimatisierungskonzepte für Wärmelasten größer 50 kW pro Schrank. Mit unseren Heißwasserlösungen mit Wassertemperaturen von mehr als 50 °C setzen wir tatsächlich neue Standards. Während wir diese direktwassergekühlten Systeme aktuell viel im wissenschaftlichen Umfeld, dem sogenannten High Performance Computing finden, werden zukünftig auch im Rahmen der Blauer-Engel-Anforderungen solche Lösungen in klassischen Rechenzentren an Bedeutung gewinnen. Bei diesen Lösungen müssen wir auch auf die Hersteller von Server-Systemen hinweisen. Es ist wichtig, dass auch hier ein Bewusstsein für Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Umweltschutz vorhanden ist.
LANline: Gemeinsames Handeln ist also dringend nötig.
Wermke: Dies gilt auch intern in den Unternehmen bei der Bewertung der eigenen aktiven Komponenten. Betrachtet man etwa zusätzlich die Möglichkeiten des IT-Remarketings, also des Wiedervermarktens von Server-Systemen, sowie das Refurbishment von IT-Komponenten, öffnen sich weitere elementare Möglichkeiten im schonenden Umgang mit Ressourcen. Schäfer IT-Systems wird sich diesen Themen im Rahmen der Service-Aktivitäten zukünftig intensiv widmen.
LANline: Gibt es überhaupt noch Spielraum für Verbesserungen? Kann ein Unternehmens-RZ – etwa das eines Mittelständlers – denn ähnliche Effizienzwerte wie das Datacenter eines Hyperscalers erreichen?
Wermke: Ja, das ist allerdings sehr wohl möglich. Die Größe allein ist nicht der Garant für Effizienz. Wir gehen sogar so weit, dass Verbesserungen zwingend notwendig sind. Ein IT-Leiter eines mittelständischen Unternehmens verlässt sich dann auf die Expertise der Branchenspezialisten aus dem Rechenzentrumsumfeld. Es ist also die Pflicht von Planern, Herstellern und Rechenzentrumsbauern, in Richtung Effizienz und Investitionsschutz zu beraten.
LANline: Welche Technik und Produkte bringen den Betreiber weiter in die richtige Richtung?
Wermke: Aktuelle Entwicklungen auf dem Markt zeigen, dass sowohl in der Kälteerzeugung wie auch im Bereich der Elektroversorgung viele Effizienzsteigerungsmaßnahmen möglich sind – und zwar auf Basis von verfügbaren und standardisierten Produkten und Lösungen.
LANline: Was raten Sie Mittelständlern?
Wermke: Wichtig für das Mittelstands-RZ ist es, den Leistungsbedarf zu kennen und neue Wege zu gehen. Technische Lösungen mit einem hohen Fokus auf effiziente Leistungswerte helfen dabei, einen weitgehend automatisierten Betrieb auch im Mittelstand zu ermöglichen. Wir haben wie viele andere Hersteller auch bei den Produkten eine Antwort, zum Beispiel unsere Gesamtlösung von fertig konfigurierten iQdata Edge Computing Racks. Hier verbinden wir modernste Technik auf engstem Raum und bieten unseren Kunden ein Rundumpaket mit höchster Effizienz, und zwar immer mit Fokus auf wassergekühlte Lösungen und dem Anspruch höchster Energieeffizienz.
LANline: Die Standortwahl für Rechenzentren und auch größere Server-Räume wird immer wichtiger. Welche Erfahrungen machen Sie in Ihren Projekten?
Wermke: Als Systemlösungsanbieter kommen wir in den meisten Projekten erst nach einer Standortauswahl hinzu. Es ist demzufolge schwierig, eine klare Aussage zu treffen. Wir nehmen aber vor allem im Mittelstand wahr, dass der Standort möglichst unternehmensnah, als Colocation oder dedizierter Standort, oder auf dem eigenen Campus sein sollte. Im Bereich der Hyperscale-Standorte sehen wir nach wie vor eine Ballung in Städten. Hier ist natürlich an erster Stelle Frankfurt zu nennen. Wir stellen aber auch zunehmend fest, dass Rechenzentren auch an alternativen Standorten in deutschen Großstädten geplant und errichtet werden. Wichtig bei der Standortwahl sind Faktoren wie Erreichbarkeit, Anbindungskosten und Integration ins Unternehmensnetzwerk. Wir verweisen bei Fragen zur Standortauswahl oder -bewertungen auf unsere Partner, die eine große Expertise in diesem Umfeld haben.
LANline: Haben sich Projekte in den vergangenen Jahren grundsätzlich verändert?
Wermke: Wir stellen zunehmend einen Trend der Standardisierung von RZ-Infrastrukturlösungen auf Grund der schnell wachsenden Digitalisierungsansprüche fest. Dies führt dazu, dass die Projektlaufzeiten reduziert werden müssen, um Projektziele zu erreichen. Im Ergebnis gibt es immer mehr Container- oder Modulrechenzentren, da sich durch die Standardisierung der Planungsaufwand und die Projektlaufzeit reduzieren. Auf der anderen Seite wird auf den Anspruch der Individualisierung immer weniger Rücksicht genommen, was auch in der wiedergehenden Kundenentwicklung zu Fehlern und dann Verzögerungen führen kann.