LANline: Das wichtigste Thema ist derzeit die Energieeffizienz in den Unternehmen. Gibt es im Mittelstand überhaupt noch Argumente für ein eigenes Rechenzentrum, oder sollte der Weg in die Cloud oder zur Colocation gehen?
Niemeitz: Energieeffizienz ist tatsächlich angesichts der aktuellen Lage das wichtigste Thema in den Unternehmen. Eine weitere hohe Priorität liegt auf der Energiestabilität, um die Versorgungs- und Betriebssicherheit zu erhalten. Unternehmen sind auch zunehmend in der Pflicht, Energiebilanzen zu erstellen und in Sachen Stromverbrauch ist die IT – vor allem beim Betrieb eigener Rechenzentren – ein erheblicher Faktor. So müssen zum Beispiel Firmen, die ein eigenes Rechenzentrum betreiben, ihren Energieverbrauch anders bewerten als Unternehmen, die Cloud-Services nutzen. Der Hintergrund ist die Unterscheidung in direkte und indirekte Energieverbräuche und -emissionen nach Scope-Klassen und zukünftige Vorgaben der europäischen Union, etwa ESG-Kriterien. In Cloud-Szenarien wird auf Seiten des Cloud Providers bilanziert und nicht bei dem Unternehmen, das die Cloud nutzt. Es gibt somit auch bei Rechenzentren vielfältige Möglichkeiten, um Energie zu sparen, das sehen wir in der täglichen, sehr stark auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Zusammenarbeit – beispielsweise mit unseren Partnern Cisco und Equinix.
LANline: Gibt es positive Beispiele?
Niemeitz: Durch neue Mikroprozessor-Architekturen in der aktuellen Generation der Netzwerk-Switches bieten sich erhebliche Energiesparpotenziale. So konnte zum Beispiel in einem Unternehmensrechenzentrum der Energieverbrauch von einem High-Performance-Switch um 75 Prozent gesenkt werden. Gerade jetzt, wo Voice-Over-IP und Videotelefonie vermehrt zum Einsatz kommen, lohnt es sich, die Server und Switches zu prüfen, über die die Daten fließen. Schon durch den Einsatz moderner Gerätegenerationen haben Unternehmen die Möglichkeit, ihren Stromverbrauch signifikant zu verringern. Auch im Bereich der Backup-Szenarien gibt es Handlungsmöglichkeiten. Viele Unternehmen haben hier eine unzureichende Infrastruktur und sind nicht darauf eingestellt, bei Energieengpässen ihre IT ausfallsfrei zu betreiben. Axians verfügt in seinen Rechenzentren über die entsprechenden Kapazitäten, um auch bei Engpässen im Versorgungsnetz einen autarken Betrieb über mehrere Tage zu gewährleisten.
LANline: Dennoch wollen Unternehmen auch ihr eigenes Rechenzentrum behalten.
Niemeitz: Dafür gibt es nach wie vor auch gute Argumente. Zum Beispiel, wenn mittelständische Unternehmen darauf Wert legen, dass Datensouveränität, Datenunabhängigkeit und Datensicherheit komplett in ihrer eigenen Hand verbleiben. Viele Banken oder Kliniken investieren nach wie vor in eigene Rechenzentren, weil sie agil und skalierbar mit geschäftskritischen Daten arbeiten und diese nicht in eine Cloud auslagern wollen. Man sollte sich aber auch bewusst sein, dass das Investitionsrisiko für den Betrieb eines eigenen Rechenzentrums um ein Zehnfaches höher liegt als bei der Nutzung von Managed-Cloud-Services. Auch das Thema Automatisierung und System-Management stellt IT-Abteilungen mit enger Personaldecke häufig vor Herausforderungen – wir haben hier mit DPCM und Axanto eigene Software auf dem Markt, die bereits mehr als 100 Kunden nutzen und die Speziell IT-Administratoren entlastet.
LANline: Welche Kriterien sind in den Projekten Ihres Hauses dabei besonders zu nennen?
Niemeitz: Es klingt vielleicht banal, aber es stimmt einfach: Das wichtigste Kriterium in unseren Projekten ist die Kundenzufriedenheit. Wir starten jede Zusammenarbeit mit einer klaren Abstimmung der Liefer- und Leistungsverpflichtungen als Basis für die Betriebssicherheit. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Fokus auf unsere globalen Kernkompetenzen. Es gibt Anbieter in der IT-Branche, die ein enorm breites Portfolio ausweisen. Bei genauerer Betrachtung fällt dann vor allem in internationalen Projekten oft auf, dass Leistungen durch Subunternehmer erbracht werden. Axians ist in 27 Ländern vertreten, mit muttersprachlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und professionellem Networking zwischen den Landesgesellschaften. So können wir unseren Kunden in Deutschland und international entsprechende Services anbieten. Der Auftraggeber hat so einen einzigen Partner. Er kennt sein Fachkräfte-Team und kann darauf vertrauen, dass alle genau nach seinen Bedürfnissen handeln.
LANline: Ist Hilfe durch Technik überhaupt noch zu erwarten oder ist das Thema ausgereizt?
Niemeitz: Im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung stößt die Technik langsam an ihre Grenzen. Bauteile sind eben nicht unendlich verkleinerbar, Halbleiter nicht endlos zu optimieren. Doch es gibt spannende technologische Zukunftsperspektiven. Bei Axians und auch im Mutterkonzern Vinci Energies beschäftigen wir uns intensiv mit dem Innovationsfeld Quanten-Computing und haben entsprechende Kompetenzen aufgebaut. Hier kommen Datenverarbeitungsverfahren zum Einsatz, die eher aus der Quantenphysik und nicht aus der klassischen IT stammen. Einen internationalen Kunden konnte Axians so im Bereich der Gebäudeplanung durch die beschleunigte Modellierung von Big-Data-Berechnungen unterstützen. Ein Planungsprozess für Kabelführungen in einem Gebäude dauert hier mit klassischen Computern normalerweise bis zu zwei Wochen – so lange benötigt die 3D-Software für das Rendering, um die Kabelplanung zu erstellen und die Teilberechnungen abzubilden. Mit Quanten-Computing lässt sich ein solcher Berechnungsprozess auf zwei Tage verkürzen. Vor allem bei rechenintensiven Prozessen gibt es also durchaus neue technische Mittel, um weitere Produktivitätseffekte zu erzielen.
LANline: Herr Niemeitz, herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch.