Kommentar: Internet of Things

Hebelt das" Internet der Dinge" die zentrale Enterprise-IT aus?

28. Februar 2014, 11:12 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Spezialisierung der Technologien ist der Feind zentraler IT- Standards

Als IT-Profis schauen wir immer in die Glaskugel und versuchen aus dem darin befindlichen Nebel die Zukunft vorauszusehen. Dies ist notwendig, um die notwendigen Ressourcen im Unternehmen effektiv planen, einrichten und die Anwender schulen zu können. Gleichzeitig spekulieren wir über das „nächste große Ding“, welches unser gesamtes IT-Wissen revolutionieren wird. Die Suche nach den kommenden Megatrends der IT basiert jedoch ebenfalls auf einem Trugschluss: Wir basieren unsere Prognosen immer auf den Pfaden, die wir bereits kennen.

Im vergangenen Jahr beriet ich einen Leiter eines großen Logistikunternehmens. Es gab einige Fragen zum Upgrade des bereits im Unternehmen installierten Videokonferenzsystem zu klären. Mein Auftraggeber stellte sich vor, dass er mit seinem Tablet von einem Raum im Unternehmen in einen anderen Raum gehen konnte und die Videokonferenz dabei nahtlos fortgesetzt werden würde. Die Anbindung an das Unternehmens-LAN sollte per Bluetooth oder einer WLAN-Verbindung erfolgen.

Der Wunsch meines Auftraggebers entsprang der Vertrautheit mit ähnlichen Synchronisationstechniken, die dieser wahrscheinlich bei sich zu Hause im Eigenheim bereits realisiert hatte. Der Logistikleiter arbeitete in seinem Unternehmen bereits mit eingebetteten Wireless-Technologie im Lagerbereich und als Bestandteil seiner Supply-Chain. Mit diesen Produkten werden Barcodes erfasst und ein RFID-Tracking-System als Bestandteil eines speziellen Wireless-Netzwerks regeln den täglichen Lagerbetrieb. Aus seiner Sicht, gab es keine Zweifel mehr daran, dass Techniken zu den allgemeinen IT-Standards gehörten. Aus diesem Grund nahm er an, dass es ein Kinderspiel sei, sein Tablet in die bereits vorhandenen Übertragungssysteme zu integrieren und das Videokonferenzsystem zu erweitern.

Auch bei der Gebäudeautomation und in Sicherheitsabteilungen herrschen ähnliche Vorstellungen vor. Diese Unternehmenseinrichtungen treffen seit vielen Jahren in Sachen IT ihre eigenen Entscheidungen. Ein Großteil der netzwerkfähigen Gebäudeautomation und Sicherheitssysteme bilden einen geschlossenen Kreislauf und werden vollkommen unabhängig von den IT-Abteilungen beschafft und betrieben. In vielen Fällen haben diese Systeme bereits den Umfang und die Komplexität von „richtigen“ IT-Systemen. Trotzdem werden diese vernetzten Systeme noch immer von der regulären Unternehmens-IT ignoriert und nicht als "Schatten-IT" begriffen. Die spezialisierten Systeme werden quasi unterhalb des Radars der IT-Governance betrieben.

Damit funktioniert der alte Trick der IT nicht mehr, nur solche Geräte im Unternehmensnetzwerk zuzulassen, die auch von der IT betrieben werden. Immer mehr Plattformen entstehen im Internet, über die Partnerfirmen ihre Geräte (Thermostate, Beleuchtungen und andere Produkte des täglichen Lebens) in interaktive angeschlossene Geräte verwandeln. Das Angebotsportfolio umfasst WLAN-Module und IP-Gateways inklusive einem Cloud-Service für die Verwaltung der Geräte und der Anwendungsbibliotheken. Keine Zeile zusätzlichen Programmiercodes ist für die Kunden erforderlich, um virtuelle Geräte in eine solche Plattform zu integrieren.

Smarte Gebäuden und smarte Objekten sind jedoch nur ein kleiner Schritt im Vergleich zum Trend der Spezialisierung, welcher sich aus den neuen Interface-Optionen ergibt. Inzwischen spricht man von Wearable-Technologie und Neurotechnologien die den Umgang mit den smarten Objekten verändern und die Maus beziehungsweise die Tastatur ersetzen werden. Die wahre Revolution kommt über sehr spezialisierte Businessprodukte, die eine große Herausforderung an die unternehmensweite Standardisierung stellen werden.

Forrester Research veröffentlichte im Vorfeld der CES 2014 eine Prognose zur Innovationskraft der tragbaren Technologie in der Geschäftswelt. Aufgrund der Tatsache, dass die so genannte „Consumerization“ - die im Home-Bereich die Technologie voran treibt und wesentlich besser, mobiler, schneller und agiler genutzt werden kann, als die Technologien, die wir im Arbeitsumfeld vorfinden - neigen wir dazu anzunehmen, dass „alle Innovation“ ihren Ursprung im Consumer-Bereich haben werden. Die smarten Komponenten, die zukünftig in den Unternehmen eingesetzt werden, sind jedoch sehr spezialisierte Komponenten.

Die smarten Produkte werden jedoch weder über die Nutzer (Consumer) noch die IT ihren Weg in die Unternehmen finden. Dies hat zwei Gründe:

  • Die smarten Objekte werden in den meisten Fällen nur eine verbesserte Version eines bereits im Unternehmen etablierten Geschäftsprozesses liefern. Da die Konnektivität meist nur zusätzliche Funktionalitäten bereitstellet, wird die für den Geschäftsprozess zuständige Abteilung und nicht die zentrale IT-Abteilung deren Einsatz bestimmen.
  • Die IT kann bestimmen, welcher PC oder welches Gerät sich mit dem Internet verbinden darf. Dies gehört zu ihren hoheitlichen Aufgaben im Unternehmen. Aber die IT hat keinen Einfluss auf die Produktentwicklung im Unternehmen. Der Unterschied zu den normalen Anwendungen besteht jedoch darin, dass das smarte Objekt selbst die App ist. Hier hat die IT allenfalls nur noch beratende Funktionen. Die IT muss sich in diesem Bereich an die neuen Realitäten anpassen und kann mit viel Fingerspitzengefühl und technischen Know-how dazu beitragen, dass auf der Geschäftsebene die Unternehmensstrategie nicht vollkommen aus dem Ruder läuft.

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