Future Thinking
Licht im dunklen Paragrafendschungel
Mit neuen Normen und Richtlinien bereitet der Gesetzgeber vielen Datacenter-Betreibern Kopfzerbrechen, speziell in der Klima- und Kältetechnik. Deutschlands RZ-Kongress Future Thinking will die komplexen Sachverhalte in einem seiner Fachforen entwirren, die sich mit Umbrüchen der Branche befassen.
2017 spielte das Klima verrückt: Eine atlantische Hurrikansaison mit verheerenden Wirbelstürmen, eine extreme Kältewelle, die zum Jahresende über die USA hereinbrach, und ein Sommer globaler Hitze – der auch rekordverdächtig gewesen wäre, wenn nicht schon 2016 so eindrucksvoll vorgelegt hätte. Viele Wissenschaftler deuten diese Auffälligkeiten als Symptome des Klimawandels. Und auch wenn einige sich behände darin üben, wissenschaftliche Tatsachen mit aller Kraft zu leugnen, ist den meisten längst klar: Wir müssen die Notbremse ziehen. In allen denkbaren Bereichen.
Betreiber üben den Spagat
Auch in der Rechenzentrumsbranche gibt es dieses Bewusstsein. Und Auswirkungen erster Maßnahmen werden längst spürbar. So stellt die Europäische F-Gase-Verordnung die Klima- und Kältebranche derzeit vor enorme Herausforderungen: Sukzessive beschränkt die Verordnung die Verwendung von fluorierten Kohlenwasserstoffen als Kältemittel, um den klimaschädlichen CO2-Ausstoß zu verringern. Auch Rechenzentren nutzen F-Gase mitunter zur Kühlung der IT. Seit Inkrafttreten der Verordnung schießen die Preise für die betroffenen Kältemittel in die Höhe – teilweise haben sie sich in wenigen Monaten verzehnfacht. Längst ist klar: Alternative Kühlmethoden müssen her. Doch auch diesen wird es nicht leicht gemacht. Nasskühlsysteme wie adiabatische Kühlsysteme oder nasse Rückkühlsysteme sind zwar denkbare Alternativen zur Kühlung mit F-Gasen. Doch auch dabei gibt es Regelungen, die den Einsatz erschweren: Mit der 42. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) hat der Gesetzgeber spezifische Anforderungen an die Hygiene und Nachweisführung für Nasskühlanlagen geschaffen. Rechenzentrumsbetreiber sind durch die vielen komplexen Regelungen verunsichert. Der RZ/Kongress Future Thinking soll Licht in das Dunkel dieses Paragrafen-Dschungels bringen: „Sorgen mit den Normen: Wie Gesetze die RZ-Klimatechnik umkrempeln“ heißt eines von fünf Fachforen, in dem Experten, Hersteller und Anwender zu Wort kommen und von ihren Erfahrungen mit dem momentanen Spagat zwischen F-Gase-Verordnung und BImSchV berichten. Denkbare Lösungen wie Wasseraufbereitungsanlagen sowie alternative Kältemittel und Kühlungskonzepte werden vorgestellt und in einer Diskussionsrunde besprochen.
Tiefgreifenden Veränderungen für die Branche sind laut den Veranstaltern ein zentrales Leitthema der diesjährigen Future Thinking-Foren – und die gibt es nicht nur in der Kältetechnik: So soll auf der Future Thinking mit „BIM“ nicht weniger als einer Revolution in der Planungstechnologie in den Fokus gerückt werden. Denn BIM, kurz für Building Information Modeling, bezeichnet die Möglichkeit, Entwürfe von Gebäuden, aber auch digitale Planungen aller Art, als virtuelle und vollständig begehbare 3D-Modelle darzustellen. Alle relevanten Informationen des Gebäudes werden auf einer Plattform hinterlegt, sodass alle Projektbeteiligten darauf zugreifen können. Auf diese Weise transferiert BIM alle Prozesse in der Baubranche konsequent auf die digitale Ebene und ist damit in vielerlei Hinsicht interessant: Für die Planung, das Projektmanagement, die Kommunikation mit den Kunden, aber auch den Vertrieb und das Marketing. Kaum eine Methode verändert derart viele Bereiche in den unterschiedlichsten Branchen so gravierend wie BIM. Auch die der Rechenzentren. Doch in dieser Branche ist das Bewusstsein für die Bedeutung von BIM noch nicht abschließend gereift. Das möchte die Future Thinking nach eigenen Angaben ändern.
Gleichermaßen brisant ist das Thema Edge Computing, dem der RZ-Kongress ein Fachforum widmet. Denn nur mit der Zentralisierung im Hyperscale-Rechenzentrum und immer mehr Cloud ist der Datenflut, die mit der Digitalisierung und dem Internet of Things einhergeht, nicht beizukommen. Unter den Schlagworten Edge und Fog Computing formiert sich eine Gegenbewegung, die Datenspeicherung und Rechenkapazität in unmittelbare Nähe zum Entstehungsort der Daten rückt. So sollen Latenzen reduziert, Bandbreite gespart und die Verfügbarkeit erhöht werden. Wie kann die Rechenzentrumsbranche auf diesen Trend reagieren? Steht nun nach dem Cloud-Hype eine Renaissance des kleinen Serverraumes bevor? Diese Fragen sollen in den Foren diskutiert werden.
Wie geht es der RZ-Branche?
Welchen Wandel die Rechenzentrumsbranche in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht durchlebt, beleuchtet das Projekt der Hessischen Landesregierung „Digitalstrategie Hessen“ in einem weiteren Forum: Vertreter aus Industrie und Politik nehmen sich der Frage an, wie es um den Rechenzentrumsstandort Hessen bestellt ist. Im Lichte aktueller Studien werden die Auswirkungen tiefgreifender wirtschaftspolitischer Veränderungen wie dem Brexit auf die Branche diskutiert. Wie könnte der Markt davon profitieren, welche Risiken drohen? Über all dem schwebt die Frage, ob und wie Deutschland als Rechenzentrumsstandort auch in Zukunft im globalen Wettbewerb bestehen kann – besonders in Anbetracht steigender Energiepreise und attraktiver Betriebsstandorte wie Skandinavien.
Die neunte Ausgabe der Future Thinking findet am 24. und 25. April 2018 im Wissenschafts- und Kongresszentrum „Darmstadtium“ in Darmstadt statt. Darüber hinaus erwartet die Besucher laut den Veranstaltern eine „Ausstellung mit den neuesten Technologien“ der RZ-Branche. funkschau ist Medienpartner der Future Thinking 2018 und stellt Ihnen weitere Informationen zur Veranstaltung auf funkschau.de zur Verfügung.
David Balschukat, Marconing
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