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Mit Best-Practice auf dem Holzweg

17. Februar 2017, 8:14 Uhr |
Helmut Bayer, Geschäftsführer der TQU Group und Dozent für Lean Management, Qualitätsmanagement und Six Sigma an der Hochschule Ulm
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Für viele Managementfragen und bei Themen rund um die Qualität und Produktivität steht oft Best Practice als Allheilmittel im Fokus. Aber ist das eine gute Wahl? Helmut Bayer, Geschäftsführer der TQU Group und Dozent an der Hochschule Ulm hat die Antwort.

Was bedeutet Best Practice konkret? Best Practice bedeutet, bewährte Vorgehenswiesen, technische Systeme und Geschäftsprozesse, die sich in der Vergangenheit als sinnvoll erwiesen haben, zu erkennen und diese für zukünftige Herausforderungen einzusetzen. In diesem Ansatz liegt auch schon “der Hund begraben”: Es wird versucht, mit bisherigem erfolgreichem Handeln zukünftige Herausforderung zu bewältigen. Deshalb ist Best Practice nicht alles und vor allem ist Best Practice nicht übertragbar. Best Practice kann nur eine Basis oder Empfehlung sein, auf die aufgebaut wird, um den individuellen Weg zu definieren und umzusetzen.

Erfolgreiche Weltklasse-Sportler und Mannschaften heben sich von ihren Wettbewerbern durch individuelle beziehungsweise kollektive Spitzenleistungen ab. Sie streben nicht nach Best Practice, sondern setzen Benchmarks. Aufbauend auf einer fundierten Basis, bestehend aus Talent, fundiert entwickeltem Material, erprobten Trainingsmethoden und dem absoluten Willen zur Leistung, schaffen es diese Sportler, sich von ihren Mitbewerbern abzusetzen. Das ist einleuchtend und erscheint jedem logisch. Warum also gehen Unternehmen davon aus, dass es sinnvoll sei, Best-Practice-Lösungen zu installieren?

Die Erfahrung zeigt, dass nicht die Unternehmen, die versuchen, Marktführern nachzueifern, zu den Erfolgreichsten zählen. Die erfolgreichsten Unternehmen sind die Unternehmen, die es verstehen, ihr individuelles System und Vorgehensweisen zu entwickeln und diese konsequent in der Praxis umzusetzen und zu verfolgen - das alles auf einer fundierten fachlichen und wissenschaftlichen Basis. Erfolgreiche Unternehmen haben ihr eigenes, spezifisches Betriebssystem, bestehend aus der Handlungs-DNA und entsprechendem Entscheidungsverhalten.

Das heißt, es gibt ein kollektives Verhalten und Handeln, welches sich an gemeinsamen Werten und darauf abgestimmten Kriterien orientiert, anhand derer Entscheidungen getroffen werden. Dies können beispielsweise sein: Technologieführerschaft geht vor Second-Follower, operativer niedriger Lagerbestand geht vor Auslastung der Infrastruktur und Mitarbeiter, oder Lieferfähigkeit geht vor Kapitalbindung. Ein konkretes Umsetzungsbeispiel kann sein, dass im Fall eines Stopps beim Verkauf die Mitarbeiter nicht weiterproduzieren. Ein solches Betriebssystem ist individuell und nicht kopier- oder adaptierbar.

Best Practice war gestern. Das bedeutet, dass Best Practice durchaus bekannt sein muss, um eine Orientierung für den eigenen Weg zu haben. Es bedarf einer Menge Aufwand, Best Practice-Lösungen zu identifizieren und zu verstehen. Die meiste Kreativität und Energie werden jedoch benötigt, um den eigenen Weg zu finden und umzusetzen.

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