Wie disruptiv sind neue Technologien wie Cloud oder KI für den IT-Channel – und womit kann der dann überhaupt noch Geld verdienen? Unser Kolumnist Olaf Kaiser hat sich diesmal mit der Frage beschäftigt, was ein IT-Systemhaus schon heute für seine Weiterentwicklung tun kann.
„Wir neigen dazu, die kurzfristige Wirkung einer Technologie zu überschätzen und die langfristige Wirkung zu unterschätzen.“
Vielen IT-Innovationen wurde schon eine nahezu sofortige Umwälzung des IT-Systemhaus-Geschäftsmodells angeheftet. In dieser illustren Gesellschaft befindet sich die Cloud, oder das, was wir Managed Services nennen, und so einiges mehr bis heute zur KI.
Mussten wir jeweils sofort tiefgreifende Veränderungen im Geschäftsmodell vornehmen? Nein! Auch alle, die das in den letzten 10 Jahren nicht getan haben, verdienen zumeist noch gutes Geld.
Doch Obacht. Könnte es nicht doch sein, dass wir an einer Schwelle stehen, an dem der Teil des Einstiegszitats greift, der besagt „die langfristige Wirkung zu unterschätzen“?
Blicken wir einmal nacheinander auf die drei von Analysten genannten Haupttreiber der Markt-Veränderungen:
1. Künstliche Intelligenz
Für den Anwender wird KI viele Leistungen bringen, die wir uns heute vermutlich nicht einmal vorstellen können. Falls überhaupt hierbei ein wirtschaftlicher Nutzen entsteht, dann wird das auf Seiten der Hersteller sein und nicht beim IT-Channel. Spezialisierte Beratungen mögen ein eigenes Geschäftsmodell aufsetzen können, der breite IT-Channel eher nicht.
2. Cloud
Ja, die Cloud und die SaaS -Entwicklungen. Deren Einfluss für Systemhäuser wird seit über 10 Jahren thematisiert und mein Eindruck ist, dass beide Stränge heute so weit entwickelt sind, dass wir auf einen Kipppunkt zusteuern, nach dem wir mit dem Standard-Betrieb von virtuellen Maschinen und Terminalservern kein Geld mehr verdienen werden – im Übrigen ersatzlos.
3. Cybersecurity
Wie KI ist Security ein zunehmend komplexes Feld, das zudem noch eine 24/7 Aufmerksamkeit erfordert. Auch wenn sich aktuell viele Systemhäuser als Security-Spezialist oder zumindest Anbieter aufstellen, befürchte ich, dass die generalistische Expertise in vielen kleineren und mittleren IT-Systemhäusern auf Dauer nicht ausreichen wird, um mit Security wirklich erfolgreich zu sein. Den Löwenanteil des Geschäfts werden - wie bei KI - die Hersteller machen.
Wie lautet unsere Antwort auf diese Herausforderungen?
„Wir machen Deine IT, damit Du dich auf Dein Kerngeschäft konzentrierst."
Das ist eine bei IT-Systemhäusern vielfach verwendete Formulierung. Doch sollten wir uns angesichts der beschriebenen Entwicklungen weiter so positionieren?
-> „Machen“ wir zukünftig wirklich noch wichtige Teile der IT?
-> Kann IT und Business so getrennt betrachtet werden?
Womit schaffen wir also noch einen Wert?
Als Field Service für Hersteller?
Als kompetenter Helpdesk?
Werden wir jetzt Berater, obwohl wir uns mit der Fachlichkeit bisher nicht auseinandergesetzt haben?
Kann der IT-Channel in Zukunft weiter ein wichtiger Ansprechpartner der Kunden für deren digitalen Prozesse sein, auch wenn er diese nicht mehr in dem Maße wie heute selbst per IT-Infrastruktur betreibt?
Was kann ein Unternehmen schon heute für seine Weiterentwicklung tun?
Aus meiner Sicht ist der Schlüssel in eine erfolgreiche Zukunft eine maximale und dialogreiche Kundenorientierung. Und die zweite Zutat ist eine gute finanzielle Aufstellung, um die Investitionen und notwendige Zeit für diese Weiterentwicklung einsetzen zu können. Wer jetzt nur einen geringen Gewinn ausweist, sollte diesen Engpass zuerst beheben und danach am Geschäftsmodell arbeiten, denn die Zukunftsarbeit wird Geld kosten, das nicht auf den Kunden umgelegt werden kann.