Müssen wir Kunden zu Markenbotschaftern machen, die unser Unternehmen mit positiven Bewertungen pushen? Müssen wir Kunden überhaupt begeistern – oder reicht nicht einfach echte Zufriedenheit, fragt sich unser Kolumnist Olaf Kaiser. Denn die Extrameile kann in der Realität ganz schön lang werden.
Wie schaffen wir es, aus zufriedenen Kunden echte Fans zu machen? Wie werden aus normalen Kunden durch Net Promoter Scoring, Kundenbewertungen und andere Mechanismen nahezu Markenbotschafter? Wenn ich eine solche Fragestellung wahrnehme, kommt als erstes reflexartig der Gedanke „stimmt, das müssen wir schaffen“. Doch heute möchte ich es einmal wagen, auch in eine andere Richtung zu denken. Muss Begeisterung wirklich das Ziel sein – oder reicht auch echte Zufriedenheit?
Dieser „Kunden zu Fans machen“ oder zumindest „begeistern“ Slogan macht sich in Marketingunterlagen und Vertriebspräsentationen ausgezeichnet. Während also die Führungsetage den Fanclub gründet, machen sich vielleicht im operativen Bereich Sorgenfalten breit. Wie sollen wir das ganz konkret angehen? Und selbst wenn wir wüssten, wie das geht, wie viele Ressourcen brauchen wir dafür? Wann ist eine Übererfüllung genug übererfüllt? Wie lang ist die Extrameile in der Realität?
Die andere – und positiverweise reale – Sicht ist: Für MSPs zählt vor allem Verlässlichkeit. Kunden wollen, dass Systeme laufen, SLAs eingehalten und Probleme schnell gelöst werden. Der beste Dienstleister ist oft der, den man kaum negativ bemerkt – weil einfach alles funktioniert. Wenn der Exchange nicht zickt, die Endpoint-Security greift und der Helpdesk nicht vertröstet, sondern löst, dann sind Kunden zufrieden. Und Zufriedenheit ist, Achtung, so meine Erfahrung unterschätzt.
Zufriedene Kunden kündigen nicht. Sie verlängern. Sie buchen vielleicht zusätzliche Services. Sie sind berechenbar – im besten gemeinsamen Sinne. Sie machen keine Welle, stellen keine Preisfrage in jeder zweiten Mail und treiben den Support nicht mit Wunschlisten in den Wahnsinn. Reicht das nicht?
Ja, wer echte Fans hat, profitiert von Empfehlungen und Testimonials. Doch man darf die Kehrseite nicht vergessen: Fans haben hohe Erwartungen. Und die Erfüllung solcher Vorstellungen ist teurer als der Nutzen, den ein Fan mehr einbringt als ein im positiven Sinne zufriedener Kunde.
Dazu kommt: Nicht jeder Kunde will auch Fan sein. Viele IT-Entscheider oder Geschäftsführer von KMU wollen keine tiefe emotionale Beziehung zu ihrem MSP – sie wollen Performance, Zuverlässigkeit, Planbarkeit. Ein funktionierender IT-Betrieb ist keine Bühne für Begeisterungsstürme, sondern die Basis eines störungsfreien Geschäftsalltags.
Meine Sicht ist daher, ein MSP darf mit maximaler Anstrengung daran arbeiten, dass seine Kunden real und nachvollziehbar zufrieden sind. Denn auch das ist bei den heutigen hohen Anforderungen an IT-Kompetenz und Komplexität kein Selbstläufer. Auch dafür dürfen wir uns im Service richtig anstrengen, ohne dass wir gleich einen Fan erzeugen wollen.
Und wenn uns dann in ausgewählten Momenten mal ein Wow-Effekt gelingt, weil wir eine schnelle Lösung schaffen oder einen Angriff erkannt haben, bevor wirklicher Schaden entstanden ist, dann reicht das für mich absolut aus.
MSPs müssen keine Fanclubs gründen. Sie müssen liefern – zuverlässig und kompetent. Und wenn zwischendurch mal Applaus kommt? Dann bitte mitnehmen. Aber nicht als Ziel, sondern als Bonus.