Design Thinking gilt als vielversprechender Ansatz, um komplexe Herausforderungen im Gesundheitswesen nutzerzentriert zu lösen. Der Beitrag zeigt konkrete Methoden, Anwendungsbeispiele und beleuchtet, was es für den Erfolg braucht – und wo es hakt.
Visionär Steve Jobs wusste bereits damals: „Design is not just what it looks like and feels like. Design is how it works.“ Diese Prämisse galt damals so wie heute. Denn in einer Welt voller Möglichkeiten entscheidet eines über den Erfolg von Produkten, Services oder Events: Ob sie für die Nutzer:innen wirklich funktionieren – im Alltag, für ihre Bedürfnisse, in ihrem Kontext. Genau hier setzt Design Thinking an.
Die Healthcare-Branche gilt als besonders komplex: Sie vereint hochsensible Themen mit vielfältigen Stakeholdern – Ärzt:innen, Pflegekräfte, Patient:innen, Verwaltung, Industrie. Jeder bringt eigene Anforderungen, Erwartungen und Einschränkungen mit. Innovative Lösungen, die echte Relevanz schaffen sollen, müssen daher differenziert, flexibel und vor allem nutzerzentriert gedacht werden.
Design Thinking etabliert sich zunehmend als geeigneter Ansatz dafür: Weg von Annahmen, hin zum tiefen Verständnis der Menschen, für die man entwickelt. Es beginnt mit einer einfachen Frage: Wer sind unsere Nutzer:innen – und was brauchen sie wirklich?
Ein zentrales Tool ist die Empathy Map. Sie strukturiert, was Nutzer:innen sehen, hören, denken, sagen, fühlen und tun. Statt sich auf abstrakte Zielgruppenprofile zu verlassen, wird die Welt des Nutzers konkret. Im Fall von Ärzt:innen zum Beispiel: Sie arbeiten unter enormem Zeitdruck, sehen täglich neue Patient:innen, bekommen Informationen über viele Kanäle, hören von Kolleg:innen über aktuelle Entwicklungen, wünschen sich kompakte, praxisnahe Fortbildungen – und fragen sich oft, ob sich ein ganztägiges Event wirklich lohnt.
Diese Sichtweise hilft nicht nur beim Verstehen, sondern bildet die Basis für gezielte Lösungsentwicklung: Wie muss eine Fortbildung aussehen, die für sie relevant, zugänglich und wertvoll ist?
Design Thinking kombiniert qualitative Forschung mit kreativer Problemlösung. Nach dem Verstehen folgt das Synthetisieren – Erkenntnisse werden verdichtet, Muster erkannt und in Personas übersetzt: Fiktive, aber realitätsnahe Nutzer:innenprofile. Im Fall der Ärzt:innenfortbildung kann das bedeuten, verschiedene Typen zu unterscheiden: etwa den „digital-affinen Weiterbildner“, den „zeitsparenden Pragmatiker“ oder die „netzwerkorientierte Spezialistin“.
Mit Hilfe des Customer Journey Mapping lassen sich dann alle Touchpoints analysieren: Wie kommen die Ärzt:innen auf die Fortbildung? Was erwarten sie in der Anmeldung, während des Events, danach? Wo entstehen Friktionen? Wo Chancen für echte Begeisterung?
In der Ideation-Phase entstehen viele Lösungsideen – ohne Einschränkung. In Prototyping-Schritten werden diese greifbar gemacht: Testzugänge, Agenda-Mock-ups, personalisierte E-Mail-Strecken. In der Test-Phase holt man aktiv Feedback ein – idealerweise direkt von realen Nutzer:innen.
Basierend auf Nutzer:innenerkenntnissen und digitalen Tools können Veranstaltungen heute individualisiert werden: Inhalte werden nach Fachbereich, Erfahrungsstand oder Interesse ausgespielt. Die Teilnahme kann live oder on demand erfolgen. Persönliche Interessen steuern die Agenda. Diskussionsrunden können gezielt mit Kolleg:innen ähnlicher Fachrichtungen oder Herausforderungen verknüpft werden. Dank technischer Schnittstellen ist es sogar möglich, Inhalte mit Praxissoftware oder Klinikalltag zu verzahnen.
Das Ergebnis: ein Event, das als passgenau wahrgenommen wird – inhaltlich, organisatorisch, emotional. Damit steigt nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch der Lerneffekt und die Bereitschaft zur Wiederteilnahme.
Chancen: Relevanz, Differenzierung, Wirkung
Design Thinking eröffnet neue Perspektiven. Unternehmen können sich durch echte Nutzerzentrierung differenzieren – in Märkten, die oft durch Standardisierung geprägt sind. Relevante Formate steigern nicht nur kurzfristige KPIs wie Teilnahmequoten, sondern auch langfristige Bindung, Vertrauen und Innovationskraft. Gleichzeitig fördert der Ansatz agile Denk- und Arbeitsweisen, verbessert interne Zusammenarbeit und beschleunigt Lernprozesse in Organisationen.
Herausforderungen: Mindset, Ressourcen, Integration
Allerdings ist Design Thinking kein Selbstläufer. Es braucht Ressourcen für Forschung, Mut zum Experiment und interdisziplinäre Teams. In der Healthcare-Branche kommen hohe regulatorische Anforderungen und interne Entscheidungslogiken hinzu. Nicht immer lassen sich Erkenntnisse sofort umsetzen. Erfolgreich ist, wer methodische Tiefe mit strategischer Weitsicht kombiniert und Design Thinking als kontinuierlichen Prozess versteht – nicht als einmalige Maßnahme.
Design Thinking ist kein Trend, sondern eine Haltung. Wer den Menschen in den Mittelpunkt stellt, gestaltet nachhaltiger – besonders in einer Branche, in der Vertrauen, Wirkung und Akzeptanz entscheidend sind. Lösungen entstehen dann nicht nur auf Basis von Ideen, sondern auf echtem Verstehen. Relevanz wird so kein Zufallsprodukt, sondern ein strategisches Ziel.