Personal in Kliniken und Pflegeheimen steht unter enormen Zeitdruck. Gleichzeitig kann ein Fehler in diesem Feld schwerwiegende Folgen auf Gesundheit und Leben von Patient:innen haben. KI-Lösungen können hier unterstützen, allerdings nur unter Vorbehalt.
Das deutsche Gesundheitswesen ist stark belastet: Das medizinische Personal arbeitet oft mehr als 48 Stunden pro Woche, und viele verlassen den Beruf aufgrund von Burnout. Einen großen Teil ihrer Zeit benötigen Krankenschwestern und Ärzte für „Papierkram“; konkret verbringen Gesundheitsdienstleister bis zu einem Drittel ihrer Zeit mit der Dokumentation. Dadurch werden Ressourcen von der direkten Patientenversorgung abgezogen und die ohnehin schon überlastete Belegschaft wird noch mehr gefordert. Das unterstreicht den dringenden Bedarf an Werkzeugen, die das Gesundheitspersonal bei der Bewältigung von Verwaltungsaufgaben unterstützen, so dass sie sich auch bei hoher Beanspruchung stärker auf die Interaktion mit den Patienten konzentrieren können.
Digitale Hilfsmittel wie elektronische Gesundheitsakten und Diktiersoftware sind daher in vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens zum Standard geworden. Diese haben zwar einige Aspekte der Dokumentation gestrafft, doch die administrativen Aufgaben nehmen weiterhin viel Zeit in Anspruch. Vor allem ist die Struktur der Konsultationen weitgehend gleichgeblieben.
KI-Plattformen können diese Technologien nun einen Schritt weiterbringen und Systeme betreiben, die jede Patienteninteraktion automatisch protokollieren, kodieren, auffordern und dokumentieren. Durch die Reduzierung des Verwaltungsaufwands um bis zu 80 Prozent können KI-basierte Lösungen zudem dazu beitragen, Fehler im gesamten Arbeitsablauf zu minimieren. Ferner können solche Lösungen auch das Patienten- und Teammanagement unterstützen; so lassen sich beispielsweise Behandlungspläne effizient überwachen.
Da sich jedoch das medizinische Wissen alle 73 Tage verdoppelt, stehen Gesundheitsdienstleister unter dem immensen Druck, schnelle und fundierte Entscheidungen zu treffen. Mit medizinischen Daten trainierte KI-Modelle können Krankenschwestern und -pfleger unterstützen, zum Beispiel durch die Analyse von Live-Gesprächen oder Echtzeit-Unterstützung bei Konsultationen. Sie automatisieren nicht nur das Schreiben und Zusammenfassen, sondern markieren auch relevante Informationen in Echtzeit und fungieren so als „digitaler Kollege“ während der Interaktion. Das kann besonders in Umgebungen mit schwerem Personalmangel wertvoll sein, da es dem medizinischen Personal hilft, auf dem Laufenden zu bleiben und selbst in stressigen Szenarien gut informierte, rechtzeitige Entscheidungen zu treffen.
Damit KI effektiv sein kann, müssen die Angehörigen der Gesundheitsberufe darauf vertrauen, dass KI ihre Pflegekapazitäten unterstützt und nicht behindert. Ein häufiges Risiko bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz ist deren unterschiedliche Qualität; nicht alle Systeme sind gleichermaßen zuverlässig und fachspezifisch trainiert. Viele Gesundheitsdienstleister verwenden immer noch allgemeine Modelle, die anfälliger sind für Ungenauigkeiten oder „Halluzinationen“ – Fehler, die in medizinischen Kontexten, in denen Genauigkeit entscheidend ist, nicht akzeptabel sind.
Praxistaugliche und zielführende KI-Lösungen im Healthcare-Bereich müssen somit speziell für das Gesundheitswesen entwickelt und streng auf medizinische Daten trainiert und so konzipiert werden, dass sie den strengen gesetzlichen Normen entsprechen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Ergebnisse zuverlässig, sicher und speziell auf die medizinische Nutzung zugeschnitten sind. In Deutschland, wo Präzision und Datenschutz oberste Priorität haben, sind Lösungen notwendig, die auf die besonderen Bedürfnisse des medizinischen Personals eingehen und gleichzeitig Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit gewährleisten.
Florian Schwieker ist Chief Partnerships Officer bei Corti