MPLS und Internetleitungen für SD-WAN

Partner, Konkurrenten oder Alternativen?

2. Dezember 2019, 14:00 Uhr | Autor: Joachim Sinzig / Redaktion: Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Zwei Netzwerkkonzepte – mit und ohne MPLS

SD-WAN MPLS-Internet Tabelle
Vergleich zwischen MPLS-Leitungen und Internetverbindungen
© Riedel Networks

Da die MPLS-Netzwerke als sicher gelten und eine gleichbleibende Qualität der Datenverbindung gewährleisten, sind sie weiterhin ein zentraler Bestandteil vieler SD-WAN-Lösungen. Es gibt allerdings auch zunehmend Lösungen, die versuchen, die teuren und statischen Leitungen vollständig abzulösen. Wer vor einer solchen schwerwiegenden Entscheidung steht, sollte sich über zwei Dinge bewusst sein: zum einen darüber, welche Vorteile MPLS-Leitungen gegenüber Internetverbindungen aufweisen und zum anderen, welche weiteren Aspekte für die jeweiligen Lösungen sprechen. Entscheidend sind vor allem die in der obenstehenden Grafik aufgeführten Parameter. Die Übersicht verdeutlicht die technischen Vorteile von MPLS-Verbindungen. Die – zugegebenermaßen provokante – Frage lautet allerdings, ob diese Eigenschaften in der heutigen Zeit noch benötigt werden. Schließlich werden immer mehr Applikationen und Daten in der Cloud gehostet. Für derartige Applikationen bedeutet ein MPLS-Netzwerk stets einen Umweg über den zentralen, dedizierten Cloud-Zugang. Stattdessen ist die direkte Verbindung über das Internet in der Regel der direktere und bessere Weg. Zudem sprechen der lokale Übergang und die (meist) niedrigeren Kosten für eine Internetverbindung.

Allerdings funktioniert das Internet nach dem „Best Effort“-Prinzip. Das heißt, dass alle Daten so schnell und verlustarm übertragen werden, wie es das jeweilige Netz gerade zulässt. Die Übertragungsqualität hängt somit von der Auslastung des momentanen Internetverkehrs ab. Für zeitkritische Anwendungen reicht dies mitunter nicht aus. So mag es bei E-Mails wenig relevant sein, ob sie das Empfängerpostfach ein paar Millisekunden früher oder später erreichen. Problematisch ist es dagegen, wenn während eines Skype-Videotelefonats plötzlich die Verbindung abbricht. Zudem bedürfen verschiedene Anbindungen ganz besonderer Garantien. So zum Beispiel bei internen, kritischen Datenbanken im privaten Rechenzentrum, bei laufzeitkritischen Applikationen am anderen Ende der Welt oder bei regulatorisch zertifizierten Applikationen, beispielsweise bei Finanzinstituten. Für Unternehmen mit derartigen Applikationen, die sie noch nicht oder niemals in die Cloud verlagern können, bleiben MPLS-Leitungen ein zentraler Teil der Lösung. Hinzu kommt, dass in vielen Ländern eine Internetanbindung nicht zwangsläufig günstiger ist als eine MPLS-Anbindung.

Redundanz der Internetanschlüsse
Damit die verschiedenen WAN-Optimierungsmethoden des SD-WAN-Konzepts wirklich Sinn ergeben, bedarf es zweier redundanter Transportwege für jeden Standort. SD-WAN-Konzepte, die ausschließlich über Internetleitungen verfügen, erfüllen dieses Kriterium zwar – es ist allerdings fraglich, ob zwei Internetzugänge für ein Unternehmen tatsächlich die Verfügbarkeit des Standortes erhöhen.

Alternativ zum immer noch teuren Datentransport via LTE, werden häufig zwei Interzugänge über das Festnetz installiert. Dabei sollten Unternehmen allerdings an jedem Standort sicherstellen, dass die Streckenführung und das Routing für beide Leitungen voneinander getrennt sind. Andernfalls sind in einem Störungsfall beide Leitungen unbrauchbar. Selbst wenn die letzte Meile für beide Internetzugänge getrennt voneinander geführt wird, trifft sich der Datenverkehr spätestens am lokalen Internet Exchange. Für Firmen mit global verteilten Lokationen sind diese Stellen dann potenzielle Risikopunkte für Ausfälle oder andere Störungen.

Alternativen und Partner zugleich
Rein internetbasierte SD-WAN-Lösungen sind eine reale Option für Unternehmen, die alle kritischen IT-Systeme in die öffentliche Cloud verschoben haben und auf ein WAN mit garantierten Bandbreiten und Performance-Parametern verzichten können. Für Unternehmen, die diesen Schritt noch nicht gegangen sind oder nicht gehen wollen beziehungsweise dürfen, bietet eine SD-WAN-Lösung mit einer Kombination aus MPLS- und Internetzugängen die optimale Performance für sowohl interne wie auch externe Geschäftsprozesse. So stehen die beiden Leitungsarten nicht im Konkurrenzkampf um die Marktdominanz zueinander. Stattdessen stellen sie zwei sinnvolle Alternativen zueinander da, die – je nach Anforderungen des jeweiligen Unternehmens – das entsprechend beste Netzwerk für die schnelle und sichere Datenübertragung bilden. Für die meisten Unternehmen stellt eine Kombination der vermeintlichen Alternativen die beste Lösung dar.

Joachim Sinzig ist Direktor Produkt Management bei Riedel Networks

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