Angesichts dieses Optimierungspotenzials dauerte es nicht lange, bis die Forschungsabteilungen der großen Netzwerkanbieter die ersten Proofs-of-Concept in Angriff nahmen, die inzwischen in eigene SDN-Produktreihen münden. Je nach konkretem Geschäftsmodell setzen die Hersteller allerdings sehr unterschiedliche Schwerpunkte: Während etwa bei Brocade und Cisco die Bereitstellung programmierbarer Netze im Vordergrund steht, konzentriert sich VMware mit NSX auf den Bereich Netzwerkvirtualisierung. Bei Cumulus Networks und Open Daylight liegt der Fokus eher auf der Entwicklung offener Standards. In der Summe ist aber festzustellen, dass inzwischen zahlreiche SDN-Lösungen der ersten Generation vorliegen, die in weiten Teilen auch gut kombinierbar sind – zumindest innerhalb der Ökosysteme der jeweiligen Partnerlandschaften.
Ob es sich für ein Unternehmen lohnt, schon heute in die junge SDN-Technologie zu investieren, hängt zuvorderst von dessen individuellen Use-Cases ab. Grundsätzlich ist die Auseinandersetzung mit dem Thema derzeit vor allem für die folgenden Zielgruppen interessant:
Unternehmen, in denen aktuell eine Netzwerkmodernisierung ansteht
In den meisten Firmen wird die Netzwerktechnologie turnusmäßig etwa alle drei bis fünf Jahre erneuert. Unternehmen, in denen aktuell oder demnächst ein Netzwerk-Update ansteht, sollten es nutzen, um erste Teilprojekte im Bereich SDN anzugehen. Auf diese Weise sammeln sie in einem überschaubaren Rahmen frühzeitig erste Erfahrungen mit der neuen Technologie und stellen die Weichen für eine umfassende SDN-Einführung im Rahmen des nächsten Update-Zyklus.
Große internationale Service Provider und Datacenter-Betreiber
Je größer Datacenter und Netzwerk sind, desto mehr profitiert ein Unternehmen aufgrund der hohen Switch-Zahlen von den Skaleneffekten eines SDNs. Aus diesem Grund haben die führenden Internetdienstleister und Telekommunikationsanbieter die neue Technologie schon heute ausnahmslos im Einsatz – wenngleich zumeist noch nicht flächendeckend.
Unternehmen mit Use-Cases, die sich nur in einer SDN-Umgebung realisieren lassen
Ob automatisiertes High-End-Traffic-Shaping für selektive Anwendungen oder Echtzeit-Flow-Monitoring in einer 100-Gbps-Umgebung: Manche Aufgabenstellungen sind in einem klassischen, via Spanning Tree gebridgten Netzwerk kaum lösbar. Wenn sich ein solches Szenario mit den heute verfügbaren SDN-Lösungen realisieren lässt, sollten Unternehmen die Migration nicht lange hinauszögern.
Unternehmen, die bereits sehr eng mit einem der großen SDN-Hersteller zusammenarbeiten
Auch Unternehmen, die große, eng an einen Hersteller gebundene Infrastrukturen betreiben, sind für einen schnellen Start in Software-Defined Networking prädestiniert. Wenn der entsprechende Anbieter eine überzeugende SDN-Lösung vorweisen kann, lässt sich diese erfahrungsgemäß relativ einfach implementieren, ohne auf herstellerübergreifende Interoperabilitäten Rücksicht nehmen zu müssen. Auf diese Weise kann man die vergleichsweise hohe Einstiegshürde von SDN nachhaltig senken, der frühe Start wird attraktiver.
Kurz: Schon die heute verfügbaren SDN-Produkte der ersten Generation bieten Unternehmen im richtigen Kontext erhebliche Optimierungspotenziale. Klar ist aber auch, dass die Implementierung von SDN kein Selbstläufer ist. Bevor Unternehmen in großem Umfang in die junge Technologie investieren, sollten sie sich im Rahmen einer sorgfältigen internen Evaluierung die Herausforderungen beim Einsatz von SDN vor Augen führen.