Kommentar: Sicherheit

Spionage

9. Januar 2014, 15:02 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Wussten oder ahnten wir nicht bereits die Wahrheit?

Das amerikanische Wertesystem hat mit den europäischen Normen wenig gemeinsam. Europa und die USA basieren auf einer demokratischen Grundordnung. Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass beide Kontinente nicht unterschiedliche Interessenslagen hätten. Natürlich ist es nicht angenehm, abgehört und abgeschöpft zu werden. Geht es um die Beschaffung verlässlicher Informationen, dann bekennt sich auch der derzeitige US-Präsident offen zur intensiven und umfassenden Spionage. Die Staaten in Europa werden seit der Verabschiedung des Patriot Acts von den USA nicht mehr als gleichrangige Partner, sondern als völlig entrechtete potenzielle Gefahrenquellen angesehen. Daher war es von den USA nur konsequent, das Internet so umzuformen, dass die Daten in einem steten Strom in die Rechenzentren der NSA fließen. Es geht um die Interessen der USA und da gelten keine Gefühle mehr. Auch der derzeitige US-Präsident behält sich die Option offen, mutmaßliche Terroristen ebenso ohne jeden Gerichtsbeschluss zu töten wie unschuldige Männer, Frauen und Kinder. Die völkerrechtliche "rote Linie" wird nach Belieben ignoriert und niemand muss mit Konsequenzen rechnen.

Die Empörung unserer Politiker über das illoyale Verhalten eines "Freundes" ist nur gespielt. Alle wissen, dass die Alliierten in dieser Beziehung nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehende Sonderrechte von vielen europäischen Staaten erhalten haben. Auch haben einige Länder geheime Abkommen mit der NSA geschlossen, die die geheimen Machenschaften der NSA abdecken. CIA und NSA sollen inzwischen an mindestens 80 Standorten in der Welt, mehr oder weniger öffentlich, ihren Tätigkeiten nachgehen. Das bemerkenswerte daran ist, dass alleine 19 in europäischen Städten (Paris, Madrid, Rom, Prag, Wien, Berlin oder Genf) liegen. Man traut einer großen, demokratischen Nation ganz offenkundig keine solchen Regelverletzungen zu.

Würde es sich um Niederlassung von so genannten Schurkenstaaten handeln, von denen niemand erwartet, dass sie sich an Regeln halten, dann hätte man diese Abhörnester bereits dicht gemacht. Die europäische Politik gibt sich jetzt überrascht, wenn der große demokratische „Freund" die Regeln zu seinen Gunsten auslegt oder überdehnt. Aber glauben wir, dass die europäischen Länder (und deren Politiker) nicht bereits genau das gleiche versuchen oder versucht haben? Natürlich nicht! Wir kümmern uns nur um unsere strategischen Gegner wie beispielsweise China, Iran oder Nordkorea. Also spioniert jede Nation jede andere Nation irgendwie aus. Soll heißen: Wenn jemand ausspähen darf, dann sollen es wenigstens unsere Geheimdienste sein.

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