Nicht nur im Geldverdienen sind Schwaben Weltspitze, sondern auch im Gelddrucken. Doch nun bekommen die Münzpressen von Schuler aus Göppingen Konkurrenz. Bechtle-Tochter Solidpro setzt auf HP Multi Jet Fusion und druckt zunächst für die Landeszentralbank Baden-Württemberg. Sogar individuelle Motive sind möglich.
Mit Neid und Respekt blickt der Systemhaus-Wettbewerb auf Bechtle und nicht selten fällt dabei der bildhafte Vergleich, dass Bechtle eine Gelddruckmaschine sei. Das haben die Schwaben allzu wörtlich genommen. Denn in der Tat: Bechtle, seit kurzem durch die Bechtle Financial Services mit einer Vollbanklizenz ausgestattet, steigt in die Euromünzen-Produktion ein. Die rund 3.000 erwarteten Gäste auf den Bechtle Competence Days am 10. und 11. April in Neckarsulm dürfen daher einer ganz besonderen Prämiere beiwohnen. Erstmals zeigt die auf CAD spezialierte Bechtle-Tochter Solidpro auf dieser Hausmesse, wie Euromünzen aus dem 3D-Drucker kommen.
Solidpro setzt auf Herstellerpartner HP, dessen HP Jet Fusion 3D Metal zwar noch nicht serienreif ist und voraussichtlich erst Ende dieses Jahres auf den Markt kommen wird. Bechtle als einer der wichtigsten 3D-Partner von HP wird auf seinen von vielen Maschinenbauern besuchten Competence Days ein entsprechender Prototyp zur Verfügung stehen. HP-Manager Christoph Schell, President 3D Printing and Digital Manufacturing bei HP, wird extra aus dem Silicon Valley nach Neckarsulm reisen und den Startschuss für den 3D-Metalldruck geben. Deutschland mit seinem starken Maschinenbau ist für HP ein wichtiger Absatzmarkt.
Für diese Weltpremiere hat sich das Bechtle-Marketing etwas Besonderes einfallen lassen. In den 3D-Druckvorlagen der Euromünze können nämlich individuelle Motive in sekundenschnelle getauscht und an Jet Fusion 3D Metal übermittelt werden, so dass Portäts der Gäste auf die Münzen gebannt werden können, die vor dem Druck fotografiert wurden.
Individualdruck ist zwar im Trend, fraglich ist jedoch, ob die Bundes- und Landeszentralbanken solche Münzen als offizielles Zahlungsmittel freigeben. Auf CRN-Nachfrage wollte sich Bechtle hierzu nicht äußern.
Denkbar sei aber, dass Bechtle künftig in der additiven Fertigung von Metallteilen auch als Dienstleister für nationale Banken agieren wird und im Auftrag von Zentralbanken die Versorgung mit Münzgeld übernimmt. Man sei derzeit mit der Bundesbank in Verhandlungen, bestätigt Bechtle-CEO Thomas Olemotz. Sollte Bechtle zertifiziert werden, würde in Gaildorf, dem Sitz des Finanzcontrollings des Systemhauses, eine entsprechende Druckerfarm für Euromünzen entstehen, die die Versorung mit Kupfermünzen in Deutschland übernimmt.
Industrieexperten versprechen sich vom 3D Druck eine große Zukunft. Sollten künftig immer mehr Trägermaterialien aus Metall, an denen HP und andere Hersteller fieberhaft forschen, druckfähig gemacht werden können, steht die Fertigungsindustrie vor einer Disruption. Weltmarktführer für Münzprägemaschinen, wie die schwäbische Firma Schuler aus Göppingen, wären gegen die in den 3D-Druck investierenden IT-Systemhäuser wie Bechtle kaum wettbewerbsfähig.
Um den vielen Gästen der kommenden Bechtle Competance Days eine Enttäuschung zu ersparen, die sich bereits in spannender Erwartung einer mit ihrem Konterfei ausgedruckten Euromünze jetzt schon fotogen auf dieses Event vorbereiten, weisen wir darauf hin, dass dieser Artikel am 1.April erschienen ist.