Monströse Bargeldreserven

Startup-Wahnsinn in Tüten

5. Mai 2017, 13:16 Uhr | Peter Tischer

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

IT-Giganten haben Angst, den nächsten Trend zu verpassen

Während sich Investoren und Kunden des Juicero geprellt vorkommen, dürfte sich das allgemeine Mitleid in Grenzen halten. Schließlich hätte man sich schon vorher fragen können, ob eine Maschine wirklich so viel wert ist, wenn sie Saft nicht aus fertigen Früchten, sondern nur aus den vom Hersteller produzierten Tüten pressen kann; sie nur Saft presst, wenn eine Internetverbindung besteht, und sie ihre Arbeit verweigert, wenn das Haltbarkeitsdatum der Tüte auch nur wenige Minuten überschritten ist.

Juicero zeigt, dass die großen Techgiganten und Investoren im Silicon Valley jede noch so kleine Gelegenheit nutzen wollen, um den nächsten großen Hype nicht zu verpassen – sei die Idee auch noch so abstrus. Apple, Facebook und Google haben die Geschichten ihrer gescheiterten Vorfahren wie Nokia, Yahoo oder AOL verinnerlicht und daraus ihre Lehren gezogen. Dazu kommen riesige Mengen an Barreserven, die die Giganten des Silicon Valley horten: Allein Apple soll über freie Mittel in Höhe von 250 Milliarden Dollar verfügen, das ist mehr als die Börsenwerte von Wal-Mart oder Procter & Gamble. In den letzten drei Monaten des Geschäftsjahres 2016 wuchsen die Barreserven des iPhone-Produzenten um 3,6 Millionen Dollar — pro Stunde.

Geld, das die Unternehmen auch verdienen, indem sie jede Möglichkeit innerhalb der globalisierten Welt nutzen, um Steuern zu sparen. Während Apple Milliarden in der gesamten EU umsetzt, lässt man sich mit dem Hauptquartier in Irland nieder, um so wenig Steuern wie möglich bezahlen zu müssen. Regt sich deshalb Widerstand innerhalb der Politik, wird der Status Quo mit allen Mitteln verteidigt und ein Heer an Anwälten bezahlt, um hier keine Zugeständnisse machen zu müssen. Wenn dann dieses Geld an anderer Stelle bei von vornherein sinnlosen Projekten wie den Juicero verbrannt wird, bleibt ein schaler Beigeschmack.

Dabei würde ordentlich versteuertes Geld immer auch Firmen zu Gute kommen, die ordentliche Qualität liefern, statt ihre Kunden prellen zu wollen. Nur so als Denkanstoß: Einer der Bestseller unter den Entsaftern auf Amazon kommt aus dem schwäbischen Gerlingen, kann ganze Äpfel oder Karotten verarbeiten, stammt von Bosch und kostet 78 Euro.


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