Aus den Lektionen der verschleppten Digitalisierung sollte endlich gelernt werden, sagt Heinrich Zetlmayer von Skaylink. Nach einem initialen Hype werde das Thema Distributed-Ledger-Technologien stiefmütterlich behandelt. Im Interview erläutert der CEO, welche Mehrwerte die Technologie bietet.
funkschau: Das wohl bekannteste Beispiel der Distributed-Ledger-Technologien (DLT) ist die Blockchain, wie sie beispielsweise bei Bitcoin oder Ethereum verwendet wird. Wie definieren Sie diese Technologie? Und was kann DLT grundsätzlich leisten?
Heinrich Zetlmayer: DLT ist letztendlich eine Technologie, die es erlaubt, Werttransaktionen und Eigentümerschaft weiter zu digitalisieren und vor allem zu dezentralisieren und damit unabhängiger zu machen von manuellen und persönlichen Prozessen. Deshalb wird DLT auch gerne als „trustless“ beschrieben, da man weder für Authentifizierung noch für Autorisierung auf eine zentrale Instanz vertrauen muss. Diese Aufgaben werden bei DLT technisch und dezentral über verschiedene Verfahren gelöst.
funkschau: Kryptowährung ist nur ein Beispiel von vielen. Welche Anwendungen und Ideen auf Grundlage der Basis-Technologie der Blockchain gibt es darüber hinaus? Wo sehen Sie speziell den Nutzen im Enterprise-Umfeld?
Zetlmayer: Es gibt aus meiner Sicht zwei große Nutzen: Erstens kann die Zusammenarbeit zwischen Firmen innerhalb von Wertschöpfungsketten auf einer digitalen Grundlage erheblich sicherer und zuverlässiger als bisher stattfinden, wodurch sowohl viele Wertschöpfungsprozesse rationalisiert als auch neue Anwendungen ermöglicht werden. Das spart nicht nur Geld, sondern erlaubt es Unternehmen, nun in vielen Geschäftsmodellen Finanzfunktionen einzubauen, die sonst nur dem Finanzwesen vorbehalten waren, was unter dem Trend „Embedded Finance“ zusammengefasst wird.
Für die verbesserte Zusammenarbeit ist das Supply Chain Management im biowissenschaftlichen Sektor ein fortgeschrittenes Beispiel. Biowissenschaftliche Supply Chains involvieren eine Unzahl dokumentenbasierter Prozesse. Formulare müssen geprüft, unterzeichnet und versendet werden, was oftmals noch per traditionellerer Formen elektronischer Kommunikation wie etwa E-Mail geschieht. Dementsprechend sind die Kommunikationsvorgänge auch von den klassischen Problemen, mangelnder Transparenz und vor allem mangelhafter Sicherheit geplagt. Veratrak, ein europäischer Anbieter einer Blockchain-basierten Dokumentenmanagementplattform, hilft beispielsweise biowissenschaftlichen Unternehmen diese Kommunikation zu zentralisieren und fälschungssicher zu gestalten.
funkschau: Woran liegt es dann, dass DLT und Blockchain seitens Industrie und Wirtschaft noch immer so stiefmütterlich behandelt werden?
Zetlmayer: Die meisten Firmen außerhalb des Finanzsektors haben andere Sorgen. Viele hinken in der Digitalisierung stark hinterher, die Pandemie hat die Prioritäten stark verlagert und vor allem Themen wie Cyber Security in den Fokus gerückt.
„Blockchain ist immer noch eine vergleichsweise junge Technologie und der breite Markt für Blockchain-Anwendungen steckt noch in den Kinderschuhen. Derzeit befinden wir uns in einer Wachstumswelle im Finanzsektor.“ |
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funkschau: Ein Großteil der Hyperscaler bietet bereits seit einer Weile Blockchain-Lösungen an, doch nicht alle werden erfolgreich angenommen. So hat Microsoft nach sechs Jahren jüngst seinen „Azure Blockchain as a Service“ ersatzlos gestrichen. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Zetlmayer: Blockchain ist immer noch eine vergleichsweise junge Technologie und der breite Markt für Blockchain-Anwendungen steckt noch in den Kinderschuhen. Derzeit befinden wir uns in einer Wachstumswelle im Finanzsektor. Interessant dabei ist, dass die Clouds der Hyperscaler gerne von Blockchain-Unternehmen für bestimmte Infrastrukturthemen genutzt werden.
funkschau: Was können Anbieter vor diesem Hintergrund tun, um ihr Blockchain-Portfolio zu optimieren?
Zetlmayer: Cloud-Anbieter sollten sich aktuell primär dem Fintech-Sektor widmen. Dort sind die Blockchain-Anwendungen am ausgereiftesten, hinter denen eine bereits sehr große, vielschichtige Industrie und Firmenwelt steht. An zweiter Stelle sehe ich das Thema Supply Chain Management.
funkschau: Und wie sollten sich (Anwender-)Unternehmen diesem vermeintlich komplexen Thema annähern? Was raten Sie Entscheidern, die sich der DLT erstmalig widmen?
Zetlmayer: Aufgrund der Komplexität würde ich tatsächlich externen Rat suchen. Eine gute Recherche über bereits vorliegende Anwendungsfälle leistet sicher einen ersten Überblick, aber es braucht doch einen kompetenten Blick, um dann zu beurteilen, wo Blockchaintechnologie einen wirklichen Mehrwert für das spezifische Unternehmen generieren kann.
funkschau: Welche Hilfestellung kann ein Unternehmen wie Skaylink in diesem Zusammenhang leisten?
Zetlmayer: Wir beraten gerne Anwenderunternehmen in der Nutzung und sind dabei nicht technologieverliebt, sondern stark am Geschäftsnutzen des Kundenunternehmens ausgerichtet.