Doch auch wenn über solchen Projekten die „Unbekannte ROI“ schwebt, sollte der Mut da sein, diese Vorhaben zu starten – unabhängig von der digitalen Reife des Unternehmens: So können Organisationen, deren allgemeine Digitalisierung noch nicht weit fortgeschritten ist, zumindest Aussagen zum ROI für die grundlegenden Digitalisierungsschritte machen. Diese anzugehen, ist früher oder später ohnehin das Gebot der Stunde. Die Aussicht auf ein ML/KI-Projekt kann somit zur Initialzündung einer überfälligen generellen Digitalisierung des Unternehmens werden. Bei digital reiferen Firmen wäre der Investitionsaufwand überschaubar, ebenso wie der Integrationsaufwand und der Bedarf an Expertise. Entsprechende Technologien stünden somit schneller bereit zum Testen. Doch die Fixierung auf den finanziellen Output verhindert einen wichtigen Innovations-treiber: das Ausprobieren. Genau dazu sollten Unternehmen jedoch übergehen und mit den neuen Technologien spielen und verschiedene Ansätze erproben, um für sie nützliche, einträgliche Anwendungsszenarien herauszufinden.
Die Projekte gar nicht zu starten oder zu früh abzubrechen ist das eine. Projekte hingegen durchzuführen, um ein einzelnes Problem einer einzigen Abteilung zu lösen, ist wiederum ein anderes Thema. Eine Point Solution ist in vielen Fällen zu kurzfristig gedacht und treibt die Digitale Transformation des Unternehmens oft nicht wirklich voran. Durch breiter angelegte Digitalisierungsschritte werden Insellösungen dagegen häufig überflüssig. Unternehmen sollten diese daher vermeiden und stattdessen planvoll vorgehen und gegebenenfalls größer denken.
Ein wichtiger Schritt, den Unternehmen auf dem Weg zu Machine Learning und Künstlicher Intelligenz erfolgreich meistern müssen, ist die Cloud-Migration. Meist bietet nur sie die erforderliche Skalierbarkeit, Kapazität, Kosteneffizienz und Algorithmen. Auch wenn jede Migration speziell ist und auf anderen Voraussetzungen beruht, durchläuft sie letztlich bestimmte Phasen. Zudem müssen nicht sofort die komplette Legacy IT migriert und die alte Abteilungsstruktur auf den Kopf gestellt werden. Die Cloud eignet sich auch gut, um gegebenenfalls erstmal nur neue Applikationen zu testen. Wenn die ersten Berührungsängste abgebaut und zuverlässige Spezialisten an Bord sind, ist der nächste Schritt auf der Digitalisierungsreise schon einfacher zu bewältigen.
Als nächster Schritt auf dieser Reise sollte eine robuste Dateninfrastruktur als Fundament für die nachfolgenden Anwendungen aufgesetzt werden. Technisch gesehen müssen sie heutzutage permanent für neue Schnittstellen und Updates offen sein. Möglich macht das die sogenannte Containerisierung. Dabei bildet eine Anwendung keine monolithische Einheit mehr, sondern besteht aus mehreren Containern. Als Standard-Verwaltungssystem für die verschiedenen Container-Module hat sich die Open-Source-Plattform Kubernetes etabliert.
Doch die beste technische Plattform nützt wenig, wenn Abteilungen und Teams isoliert voneinander arbeiten. Agile Zusammenarbeit ist daher die Organisationsform der Wahl für die Digitale Transformation. Beispielsweise DevSecOps: Die Teams für Entwicklung (Developers), IT-Sicherheit (Security) und den laufenden IT-Betrieb (Operations) werden verzahnt. Ob DevSecOps, MLOps, AIOps, DataOps – agile Teams treiben hier die Projekte voran. Schwerfällige Abteilungen, deren Prozesse kaum Rücksicht aufeinander nehmen, sollten spätestens bei solchen Vorhaben der Vergangenheit angehören.
Carsten Riggelsen ist Leiter Data & AI DACH bei AllCloud