Biometrie im Pass kein Allheilmittel

24. November 2004, 0:00 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Biometrie im Pass kein Allheilmittel (Fortsetzung)

Ulrike Müller, Sprecherin des Hessischen Datenschutzbeauftragten: »Eine zentrale Datenbank eröffnet der jeweiligen Behörde nahezu beliebige Verknüpfungsmöglichkeiten mit anderen hier hinterlegten Informationen.« Foto: Hess. Landesamt für Datenschutz
Ulrike Müller, Sprecherin des Hessischen Datenschutzbeauftragten: »Eine zentrale Datenbank eröffnet der jeweiligen Behörde nahezu beliebige Verknüpfungsmöglichkeiten mit anderen hier hinterlegten Informationen.« Foto: Hess. Landesamt für Datenschutz

Am besten drei biometrische Merkmale
Eine Studie des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik bestätigt die Vorbehalte gegenüber der Gesichtserkennung. Das BSI hat diese biometrischen Daten auf den ePässen getestet und dem österreichischen Magazin Networld zufolge Fehlerraten von bis zu 23 Prozent bei der Abweisung berechtigter Personen (Fehlalarme) registriert. Für Berater Hohner steht außer Frage: »Sowohl die Rate der Fehlalarme als auch die Überwindungssicherheit, also die Rate der unberechtigten Personen, die durch die Maschen schlüpfen, sollte unterhalb der 2-Prozentmarke liegen. Andernfalls drohen lange Warteschlangen unter anderem an den Flughäfen, begleitet von einem trügerischen Sicherheitsgefühl«. Über die bloße Gesichtserkennung könne die 2-Prozent-Marke aber derzeit nicht unterschritten werden. Zu einer verlässlichen Identifikation gehöre deshalb mehr als nur der Faktor Gesicht.
Mathias Hein, freier Berater in Wuppertal, rät deshalb: »Für eine verlässliche Personenidentifikation müssen mindestens zwei biometrische Merkmale verknüpft werden, besser drei«. Gerade der Fingerabdruck habe sich seit Jahrzehnten in der Kriminalistik bewährt, unterstreicht er. Die Iris-Erkennung qualifiziert er als sicherstes biometrisches Verfahren, weil es auf einem persönlichen, unverwechselbaren Muster dieses ringförmigen Augenmuskels beruhe. Da man sich dabei aber mit einem Infrarot-Scanner in erheblichem Abstand zum Augapfel ein genaues Bild dieses Muskels machen müsse, hält Hein die Iris-Biometrie derzeit noch für zu »aufwendig und zu teuer«.Das hat den Frankfurter Flughafen nicht davon abgehalten, ein Iris-Scan-Pilotprojekt zu starten. Bürger, die sich vorher bei der Polizei registrieren lassen, können die Grenzkontrolle am Frankfurter Flughafen schneller passieren.
Auf Fingerabdrücke setzen dagegen nicht wenige internationale Projekte. So arbeiten die Niederlande mit Unterstützung durch NEC und HSB Card & Cardsystems an einem neuen Visum-Registrierungssystem. Über die Hinterlegung digitaler Fingerabdrücke soll die Sichtvermerk-Vergabe aus dem Heimatland des Antragstellers heraus optimiert werden.
In Tansania wird in Flüchtlingslagern ein digitaler Fingerabdruck genommen. Auf diese Weise sollen die Bewegungen der Flüchtlinge besser überwacht werden können, aber auch eine bessere Essensverteilung möglich werden. Und in Singapur werden die Einreisenden aus Malaysia, hauptsächlich Gastarbeiter, ebenfalls per Fingerabdruck identifiziert. Monat für Monat sind das über 600000 Personen.
Mit der Verlässlichkeit der Identifikation über biometrische Merkmale werden aber auch die Vorbehalte in der Bevölkerung wachsen. Insbesondere über den digitalen Fingerabdruck, bisher ausschließlich genutzt zur Verbrecherverfolgung, fühlen sich viele Bürger in die kriminelle Ecke gedrängt. Daneben haben Datenschützer wie Müller ihre Vorbehalte, wenn sensible Personeninformationen nicht auf dem Chip gehalten, sondern in einer zentralen Datenbank geführt werden. »Das eröffnet der jeweiligen Behörde nahezu beliebige Verknüpfungsmöglichkeiten mit anderen hier hinterlegten Informationen«, warnt die Sprecherin des Hessischen Datenschutzbeauftragten. Zusätzliche Vorbehalte in der Bevölkerung schaffen neue nationale Gesetze, Personen mit geringfügigen Delikten in zentrale, elektronische Verbrecherkarteien aufzunehmen. In der Datenbank des Justizministeriums im kalifornischen Sacramento sind mehr als 100 Millionen Fingerabdrücke gespeichert, die beispielsweise für Rasterfahndungen mit nahezu beliebigen Informationen kombiniert werden können. Die bayerische Polizei geht mit Hilfe der Systeme von Rola und Viisage daran, zu Fahndungszwecken zusätzlich die Gesichtserkennung in eine neue Suchmaschine zu integrieren.


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