Digitaler Gedächtnisschwund. Heute werden auch die Informationen staatlicher Akteure wie Bund, Länder und Gemeinden immer öfter digital vorgehalten. Sie müssen oft über Jahrzehnte verfügbar sein. Doch das Problem der Langzeitarchivierung ist noch nicht gelöst.
Mit der wachsenden Bedeutung digitaler Daten im privaten, kommerziellen und staatlichen Sektor wachsen die Risiken, die sich aus etwaigen Verlusten dieser Daten ergeben. Insbesondere weil es immer öfter kein analoges »Original« mehr gibt, wird die langfristige Erhaltung der digitalen Daten zu einer wesentlichen Bedingung für die Konkurrenzfähigkeit des Bildungs- und Wissenschaftssystem ebenso wie für die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft.
Denn man kann sich leicht vorstellen, welches Chaos aus dem Verlust digitaler Grundbücher, Passanmeldungen, Prozessakten oder ähnlicher wichtiger Papiere resultieren muss. Auch in der Wissenschaft werden Daten heute immer häufiger digital erzeugt.
Spontanen Datenverlusten kann man mit den bekannten Strategien (Backup) begegnen. Doch was ist, wenn man einen längeren Zeithorizont ? Jahrzehnte bis Jahrhunderte ? betrachtet? Aus den Folianten des Mittelalters kann man noch heute eruieren, wie Städte und Gemeinden ihre Verwaltung regelten. Wird das mit den auf Disketten, Festplatten und Speicherbändern gelagerten Daten auch so sein? Das ist mehr als fraglich.
Die Hardware- und Softwareumgebungen, in denen digitale Daten produziert wurden, werden nämlich obsolet. Wer kann beispielsweise heute noch auf eine 5-Zoll-Floppy-Disk zugreifen, auf der er vor etwa 10 Jahren seine Doktorarbeit oder Rohdaten einer empirischen Untersuchung gespeichert hat? Die NASA zum Beispiel konnte schon in den 90er Jahren relevante Daten der Saturnmission der Raumsonde ?Pioneer? nicht mehr lesen. Denn trotz redundanter Speicherung auf verschiedenen Datenträgertypen waren keine entsprechenden Lesegeräte mehr vorhanden.
Doch selbst wenn es eine entsprechende Hardware gibt, kann häufig auf ältere Daten nicht zugegriffen werden, da die entsprechenden Software-Umgebungen nicht mehr existieren. Es fehlen die Betriebssysteme und Programme, die einen verlustfreien Zugriff auf vorhandene ältere Daten gewährleisten. Häufig sind neuere Programmversionen nur eingeschränkt abwärtskompatibel, Formate verschwinden vom Markt oder ältere Programme sind in aktuellen Betriebssystemsumgebungen nicht länger lauffähig.
Neben diesen Problemen können Datenträger auch physisch zerfallen ? Magnetbänder verlieren ihre Magnetisierung, die Speicherschichten von CDs und DVDs erodieren, und Festplatten werden zerstört.
Um die Risiken für Staat und Gesellschaft abzuwenden, die aus dem breiten Verlust von Datenmaterial resultieren können, ist es also dringend, Lösungen für das Problem der Langzeitarchivierung zu finden.