Mobilfunk-Messtechnik

Herausforderung Big-Data

8. September 2014, 10:38 Uhr | Meik Kottkamp, Technologie Management Mobilfunk bei Rohde & Schwarz, München

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Besondere Fähigkeiten von LTE und zukünftige Verbesserungen

Conformance
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© Rohde & Schwarz

Durch die Einführung von LTE konnten Netzbetreiber die steigenden Anforderungen erfüllen. Der Erfolg dieser Technologie lässt sich auch daran ablesen, dass seit dem Einschalten des ersten kommerziellen LTE-Netzes Ende 2009 bereits 318 kommerzielle Netze in 111 Ländern weltweit implementiert wurden – so die Global mobile Suppliers Association (GSA), Stand Ende Juli 2014. Parallel zur Einführung von LTE wurde bereits an weiteren Verbesserungen gearbeitet, die teilweise schon kommerziell zur Anwendung kommen.

LTE verfügt über einen spezifischen "enhanced Multimedia Broadcast Multicast Service" (eMBMS). Dieser erlaubt es, mehreren Teilnehmern in einer Zelle die gleiche Ressource (Frequenz und Zeit) zuzuordnen. Es handelt sich um eine sehr effiziente Methode, um zum Beispiel Mobile-TV-Anwendungen zu adressieren, bei der viele Teilnehmer zur gleichen Zeit die gleichen Daten empfangen. Dieser Modus erlaubt es auch, Endgeräten eine neue Software effizient aufzuspielen, was bislang in aller Regel über einzelne Datenverbindungen pro Gerät erfolgt. Das heißt eMBMS könnte eingesetzt werden, um alle Geräte einer bestimmten Baureihe, zeitgleich mit einer neuen Firmware zu versorgen. Das spart Kapazität und erlaubt damit mehr Teilnehmer im Netz. Eine weitere Verbesserung ist die Möglichkeit, mehrere 20-MHz-Träger für ein einzelnes Endgerät zu kombinieren. Netzbetreiber verfügen im Allgemeinen über mehrere Frequenzbänder, zum Beispiel bei 800 MHz, bei 1800 MHz und bei 2600 MHz. Wird in all diesen Bändern LTE eingesetzt, so können mit Hilfe des so genannten CA-Features (Carrier-Aggregation) theoretisch bis zu fünf einzelne Träger kombiniert werden. Zurzeit befinden sich Endgeräte, die zwei Träger unterstützen, im kommerziellen Betrieb. Endgeräte, die drei Träger kombinieren können, sind bereits in der Entwicklung. CA ist zurzeit die bedeutendste LTE-Verbesserung, welche es erlaubt, Datenraten weiter zu steigern. Damit kann jeder einzelne Teilnehmer noch schneller bedient werden, was letztlich die Kapazität des Mobilfunknetzes erhöht.

Da WLAN in fast allen Endgeräten implementiert ist, besteht im privaten Umfeld, aber auch an vielen öffentlichen Orten die Möglichkeit, WLAN-Verbindungen zu nutzen. Einige Mobilfunkbetreiber setzen WLAN-Hot-Spots vor allen an exponierten Orten wie Flughäfen ein und stellen damit einen alternativen Internetzugang zur Verfügung. Einfaches Ein- und Ausschalten der WLAN-Funktion am Endgerät steuert dabei den Zugriff. Gegebenenfalls erlaubt eine Applikation auf dem Endgerät automatisch umzuschalten, sobald ein Hot-Spot mit ausreichender Leistung empfangen wird. Dabei wird allerdings immer der komplette Datenverkehr entweder über Mobilfunk oder über WLAN geroutet. Zurzeit wird an Lösungen gearbeitet, die eine selektive Verschiebung der Datenverbindungen erlauben. Damit ist es beispielsweise möglich, eine einfache E-Mail-Anwendung, die im Hintergrund abläuft, über WLAN zu bedienen, und gleichzeitig eine Video-Übertragung über die leistungsfähige LTE-Technologie zu realisieren. Die Netzbetreiber erhalten dadurch eine wesentlich höhere Flexibilität und eine weitere Möglichkeit, ihren Endkunden höhere Datenraten und mehr Kapazität zur Verfügung zu stellen.

Wie bereits beschrieben, wird in einem LTE-Netz die gleiche Frequenz in jeder Zelle verwendet. Damit entstehen an Zellgrenzen prinzipiell Störungen. Ein Endgerät mit einer aktiven Verbindung zu einer Basisstation empfängt die Signale der Basisstation einer Nachbarzelle, die ihrerseits Signale an verbundene Endgeräte sendet. Die dadurch entstehenden Interferenzen beeinträchtigen die erreichbare Datenrate. Um diesem Effekt entgegenzuwirken wurde das so genannte "CoMP"-Feature (Coordinated Multipoint Transmission and Reception) eingeführt. Es erlaubt das koordinierte Senden eines Signals für ein Endgerät an der Zellgrenze. Die Koordinierung kann unterschiedlich realisiert werden. Im einfachsten Fall wird lediglich entschieden, welche der potenziell möglichen Basisstationen zur Übertragung genutzt wird. Darüber hinaus können auch Ressourcen (RBs) für die Endgeräte abgestimmt werden oder sogar Antennendiagramme der involvierten Basisstationen so ausgerichtet werden, dass Störungen minimiert werden.

Letztlich erlaubt eine abgestimmte Beeinflussung des Basisbandsignals (Precoding) in Verbindung mit der MIMO-Technologie eine optimale Versorgung an der Zellgrenze. Letzteres bedeutet jedoch, dass die Nutzdaten eines Endgeräts an jeder involvierten Basisstation zur Verfügung stehen. Damit verbunden sind hohe Kapazitäten auf den Leitungen zwischen den Basisstationen, die zudem eine sehr geringe Latenzzeit aufweisen müssen, um die Übertragung den sich ändernden Ausbreitungsbedingungen schnell anpassen zu können. Realistisch bedeutet dies, dass Glasfaserverbindungen benutzt werden müssten, die jedoch nicht notwendigerweise zur Verfügung stehen. Auch auf Endgeräteseite kann der Interferenz begegnet werden, indem verbesserte Empfänger diese spezifischen Störungen erkennen und mit geeigneten Algorithmen aus dem Empfangssignal herausrechnen. Dem Endgerät können hierbei zusätzliche Informationen über die potenziellen Störungen gesendet werden, um die Berechnung zu verbessern. Das Feature ist in der LTE-Standardisierung unter dem Namen "further enhanced InterCell Interference Coordination" (feICIC) bekannt. Bei allen Verbesserungen, die LTE und LTE-Advanced mit sich bringen, darf man jedoch nicht vergessen, dass die Integration in bestehende Mobilfunktechnologien essenziell ist. Eine flächendeckende Versorgung mit 4G erfordert Zeit, so dass effiziente Handover in die verfügbaren 2G- und 3G-Technologien eine Notwendigkeit bleiben. Außerdem gibt es viele Anwendungsfälle, bei denen eine kleine Datenrate ausreichend ist, jedoch der Fokus auf einer kos-teneffizienten Lösung liegt und zudem sehr lange Batterielaufzeiten gefordert sind. In diesem so genannten M2M-Umfeld (Maschine-to-Maschine) werden daher vielfach Module mit vergleichsweise einfacher GPRS-Technologie genutzt. Zwar werden auch bei LTE einige Vereinfachungen eingeführt, die M2M-Anwendungen adressieren, trotzdem ist zu erwarten, das bereits etablierte und vor allem kosteneffiziente Lösungen auch weiterhin eine signifikante Rolle spielen werden.

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