Heterogenität im Fadenkreuz
Um das ehrgeizige Projekt - oder besser die Projekte, denn es sind über hundert - zu bewältigen, müssen die heterogenen IT-Landschaften und -Inseln über alle Verwaltungsbereiche hinweg integriert werden. Keine leichte Aufgabe vor dem Hintergrund einer Entwicklung, die durch Dezentralisierung und Heterogenität geprägt war, wie Harald Lemke zu berichten weiß. Aber dieser Schritt sei zwingend notwendig, wenn es gilt, ressortübergreifende Geschäftsprozesse in einer gemeinsamen Lösung zu integrieren, so Lemke.
Die IT der hessischen Landesverwaltung wird deshalb von ihrem CIO über technische Standards, Querschnittsverfahren und eine gemeinsame Infrastruktur definiert. Die Umsetzung dieser Maßgaben ist eine der wichtigsten Aufgaben der IT-Governance. Um schnelle Entscheidungen im Standardisierungsprozess zu erreichen, wurden die ressortübergreifenden IT-Entscheidungsstrukturen reorganisiert und verschlankt. Erfolgreich, wie sich schon heute herausstellt, denn die Vereinheitlichung schreitet systematisch voran. Lemke ist sich bewusst: Mit dem Ziel, das Land als Vorreiter im E-Government zu positionieren, befindet sich Hessen in einem selbst angekündigten Wettbewerb zum Bund und den anderen Ländern.
Um der gewünschten Vorreiterrolle gerecht zu werden sein, muss Lemke als CIO durch erfolgreiche Projekte Standards setzen, die andere übernehmen.
Kern der »Neuen Verwaltungssteuerung« ist die Umstellung auf ein kaufmännisches Rechnungswesen und die flächendeckende Einführung von SAP für das Enterprise Resource Planning (ERP). Nur so werde es möglich, meint Lemke, Produkte und Leistungen der Ressorts und Dienststellen zu definieren und wirtschaftlich zu bilanzieren, und so eine neue Basis für die behördlichen Prozesse zu erhalten.
»ERP als Steuerungsinstrument ist für unsere Revolution der Prozesse, in der es um Kooperation, Synergiennutzung und leistungsgerechte Bilanzierung geht, zwingend notwendig«, sagt Lemke. Allein durch die Einführung eines kaufmännischen Rechnungswesens mit doppelter Buchführung, Kosten- und Leistungsrechnung und Controlling könne die Umstellung des kameralistischen auf einen produkt- und output-orientierten Haushalt erreicht werden. Erst die Doppik stelle dar, welchen Aufwand die Verwaltungen für welche Leistung betrieben haben und ob die erwünschten Ziele erreicht wurden. Die doppelte Buchführung garantiere zudem die Verfügbarkeit aktueller Datenbestände zu Aufwänden und Erträgen. Damit werden Kostentransparenz erreicht und Einsparpotenziale identifizierbar.
Allerdings müssen für eine umfassende Leistungsrechnung die Produkte der Landesverwaltung erst einmal definiert werden. Der Prozess der Produktdefinition ist neu, Hessen damit auch hier auf Landesebene ein Vorreiter. Etwa 1000 Produkte müssen definiert werden. Ein Kriterienkatalog unterstützt die Definitionen, entscheidend sind etwa die Außenwirkung oder die politische Relevanz. Nach der Definition werden die Produkte in dem ERP-System abgebildet und die benötigten Ressourcen zur Produkterstellung dagegen gerechnet.