Letzte Woche schreckte HP mit zwei Ankündigungen den gesamten IT-Markt auf: WebOS wird eingestellt und das Unternehmen will sich vom PC-Geschäft trennen. Signalisieren diese Ankündigungen nur einen weiteren heftigen Umbruch des Marktes oder sind diese Maßnahmen den Ideen des neuen HP-CEOs geschuldet?
Die Antwort auf diese Fragen lautet wahrscheinlich: "Ein bisschen von beidem!“ Diese Ankündigungen werfen jedoch ein grelles Schlaglicht auf Smartpads und zeigen uns, dass die Post-PC-Ära bereits angebrochen ist.
Seit einigen Jahren diskutiert die UC-Welt den Nutzen der klassischen Desktop-Telefone. Sollen die altbekannten Telefone nicht besser durch viel leistungsfähigere Softphones (in Kombination mit Headsets) ersetzt werden oder werden die Telefone als vertraute, aber wenig flexible Geräte, die Sprachkommunikation weiter dominieren? Plötzlich drehte sich jedoch der Wind und die Zukunft aller Desktop-Computer stand zur Debatte.
Aus Sicht von HP warf das PC-Geschäft zu niedrige Margen ab und dem Unternehmen gelang es nicht den Consumer-Markt für gehobene Produkte zu gewinnen. Jetzt reagierte HPs CEO Leo Apotheker auf die veränderte Marktsituation, obwohl er noch vor wenigen Monaten sagte, dass HP durch das Consumer-PC-Geschäft gegenüber allen Wettbewerbern einen strategischen Vorteil hätte. Apotheker erkannte inzwischen, dass ein nachhaltiger Erfolg im Consumer-Geschäft nur mit extrem hohen Kapitalinvestitionen zu realisieren wäre und HP diese Finanzmittel in anderen Marktsegmenten gewinnbringender einsetzen kann.
Am vergangenen Donnerstag kündigte der US-Konzern an, seine Privatkundensparte abzuspalten, um sie womöglich später zu verkaufen.
Dass die Ära des PCs enden würde, haben andere früher erkannt. Als der Rivale IBM 2005 sein Geschäft mit den „kleinen“ Rechnern an das chinesische Unternehmen Lenovo verkaufte, gefiel sich HP noch ganz gut in seiner Rolle als Großmacht. Die Entscheidung vom Donnerstag legt die Vermutung nahe, dass HP es nun IBM gleichtun will, freilich mit einigen Jahren Verspätung.
Durch die selbst verschuldete Verzögerung befindet sich HP also in einer weitaus schlechteren Lage als seinerzeit IBM. Mit ihrer Ankündigung hat sich die Konzernführung selbst unter Druck gesetzt, da den Beschäftigten der betroffenen Konzernbereiche nun klar sein dürfte, dass sie keine Zukunft mehr bei HP haben. Da die Wechselbereitschaft innerhalb der Hightech-Branche ausgesprochen groß ist, droht die einst stolze Privatkundensparte zu einer wertlosen Hülle ohne Inhalt zu werden. Ein möglicher Verkauf dieser Geschäftsbereiche müsste also schnell von statten gehen.
Noch ist der klassische Desktop nicht tot, aber durch den Abschied von HP aus diesem Marktsegment verändert sich die Lage. Die Post-PC-Ära hat zwar noch nicht wirklich begonnen - auch Tablets benötigen noch immer einen Rechner für gewisse Dienste. Die Zukunft zeigt jedoch eindeutig in Richtung Tablet. Wird in Zukunft das klassische Telefon zusammen mit dem PC in der Versenkung verschwinden und wird der gesamte Desktop-Bereich durch Tablet-Rechner ersetzt werden? Obwohl HP das gesamte PC-Geschäft verkaufen möchte, heißt dies noch lange nicht, dass es in Zukunft keine PCs mehr geben wird. Die PCs werden ebenso wenig verschwinden, wie die Mainframes und Minis nach ihrem offiziellen Ableben nicht völlig verschwunden sind.
Das „persönliche Computing“ ist somit nur die Fortsetzung einer langen Reihe von Entwicklungen. Der PC emanzipierte den Nutzer von der Bevormundung durch die Rechenzentren. Die heutigen Tablets befreien den Nutzer von den engen Fesseln der klassischen IT.
Die wichtigste Schlussfolgerung aus den Marktverschiebungen lautet: Die Mobilität der IT ändert viele althergebrachten Kommunikationsstrukturen. Die neuen mobilen Märkte und Produkte werden von den Nutzern bestimmt und in rasender Geschwindigkeit in ihren Alltag integriert. Nur flexibel aufgestellte Hersteller können sich an die Anforderungen anpassen und werden auch in Zukunft noch den Markt mitbestimmen.