HP stelt PC- und Handy-Business ein

Kommentar: Hat HP mit der Verabschiedung aus dem PC-Geschäft den Stein der Weisen gefunden?

31. August 2011, 12:13 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Zu geringe Margen

Jetzt ist es für den weltweit größten Hersteller von PCs -- und außerdem Microsofts größtem Kunden -- an der Zeit, aus diesem Marktsegment auszusteigen. Offiziell wird dies mit den geringen Margen begründet. In der Realität sind weltweit die PC-Verkäufe rückläufig. Mitten auf dem Weg der Transformation des Personal-Computing hin zu mobilen Geräten für die Nutzung der Cloud-Dienste, bricht HP das Experiment ab. Den jetzt frei gewordenen Platz wird Apple gerne einnehmen.

Das iPad hat das sprichwörtliche Fass für HP zum Überlaufen gebracht. Seit Jahren beklagen sich die Unternehmen über die zunehmende Komplexität der IT. Der PC war der Vorreiter, der die Rechner aus den Rechenzentren befreite und die Programme auf den Desktop brachte. Inzwischen suchen die Firmen aber wieder nach Möglichkeiten zur Rückgewinnung der Kontrolle über die Daten und wollen effiziente Sicherheitsbarrieren gegen Datenverluste aufbauen. Gleichzeitig suchen die Unternehmen preiswerte Möglichkeiten zur Sicherung und Speicherung ihrer Daten die den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Letztendlich wird die persönliche Freiheit der Nutzer in den Unternehmensnetzen beschnitten, um die Kosten der IT in den Griff zu bekommen. Diese legitimen und leicht nachvollziehbaren Maßnahmen münden wieder in zentral bereitgestellten Rechnerleistungen.

Diese Entwicklung ging beziehungsweise geht mit dem Umschwenken der Rechnerindustrie in die Mobilität einher. Beide Technologien bedingten sich sogar gegenseitig. Die Kehrseite der Medaille: Die Nutzer wurden portabler (mobiler), aber deren Daten nicht. Seit vielen Jahren begleiten die Laptops bereits die Nutzer auf ihrem täglichen Weg zur Arbeit und auf ausgedehnte Reisen. Verwendet der Nutzer mehrere Computer, stellt die Synchronität seiner Datenbestände ein großes Problem dar. In den letzten zehn Jahren versucht die Industrie die Produktivität der Remote-Nutzer zu steigern und brachte eine Reihe von Tools (Citrix, RDP, Tarantella, MS-Terminal-Server und andere) heraus.

Gleichzeitig übernahmen die Smartphones von Apple den mobilen Markt und etablierten die mobile E-Mail. Der früher abschätzig gebrauchte Begriff "Crackberry", für einen E-Mail-Süchtigen Blackberry-Nutzer hat sich überholt. Mit einem Mal stellte sich heraus, dass es nicht mehr um das verwendete Gerät ging, sondern um die eigentlichen Inhalte, die über das jeweilige mobile Gerät übermittelt werden. Der vermehrte Zugriff auf  E-Mails und andere Internet-Daten über mobile Endgeräte,  verschob das Gewicht eindeutig in Richtung Mobilität und ging auf Kosten des Desktop-Bereichs. Die Grundlagen für diesen Trend schafften die Breitband-Zugriffe. Durch die 3G/4G- und WLAN-Techniken steht heute dem Datenzugriff von jedem Ort in der Welt kein Hindernis mehr entgegen. Das iPad verwandelte den gesamten Markt in nur 16 Monaten und verwirklichte das mobile Arbeiten, da es mit wenigen lokal gespeicherten Daten auskommt.

Das iPad von Apple ist im Tablet-Sektor das Maß aller Dinge. Mit der völlig neuen Geräteklasse konnte das Unternehmen einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent verbuchen. Seit Ende März 2011 gibt es die zweite Generation des Tablet-Pioniers. Die Konkurrenz hinkt Apple seit dem ersten iPad in Sachen Bedienbarkeit, Design, Haptik und Wertigkeit hinterher. Die Defizite wollen viele Tablet-Hersteller mit üppiger Hardwareausstattung und diversen Anschlüssen oder Kameras wettmachen. Doch ein großer Erfolg bleibt Apples Mitbewerbern bisher verwehrt. Im Gegensatz zum klassischen Desktop hat sich dieses Kommunikationskonzept in allen Altersgruppen durchgesetzt.

Natürlich ist es nicht nur das iPad, welches das PC-Geschäftsfeld bedroht. Mit der Bereitstellung von Googles Android und dem Chromebook stehen dem Desktop-Computer mächtige Konkurrenten gegenüber. Ein Cloud-fähiges Chromebook wird den US-Schulen für 20 Dollar pro Monat (inklusive Support) zur Verfügung gestellt. Somit unterbietet das Chromebook die Kosten eines klassischen PCs um ein Vielfaches. Die Rechtfertigung für den Kauf eines Desktop-Computers steht damit auf immer wackligerem Boden und selbst Microsoft bereitet sich mit Office365 auf die neuen Marktrealitäten vor. Die Entscheidung von Microsoft, das Geschäft in die Cloud zu verlegen, signalisiert nicht nur einen Umbruch des gesamten Software-Markts sondern stellt einen signifikanten Meilenstein auf dem Weg zur Vereinfachung der Rechnerkonzepte dar.

So viel zur Position von HP auf den PC-Markt. Die WebOS Ankündigung hat aber eine andere Wertigkeit. WebOS gilt weltweit als eine sinnvolle und praktikable Lösung. Ein solches Produkt, gestützt durch eine entsprechend große Marketing-Kampagne, gilt normalerweise als eine sichere Bank und sollte zwangsläufig zum Erfolg führen. Leider musste HP gegen einen mächtigen Platzhirsch mit Namen „Apple“ ankämpfen. HP besitzt keine effiziente Marketingmaschine und verfügt auch nicht über die notwendigen Umsätze/Gewinne in diesem Marksegment, darüber hinaus steht WebOS praktisch ohne Apps da und kann deshalb nicht mit der Apple-Community konkurrieren.

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