Über den deutschen Mobilfunkmarkt, seine Eigenheiten und Herausforderungen sowie die Bedeutung von Tower Companies (TowerCo's).
Um den Ausbau der Mobilfunk-Infrastruktur kostengünstiger und effizienter voranzutreiben, haben die Mobilfunkanbieter über verschiedene Wege eigenständige Unternehmen gegründet. Diese Tower Companies (TowerCo’s) kümmern sich vor allem um den Aufbau und den Betrieb der passiven Infrastruktur. Einige unabhängige TowerCo’s mischen zudem auf diesem Markt mit. Diese Wettbewerber neben den etablierten Anbietern sind wichtig und hilfreich für den deutschen Markt. Denn hier liegt noch einiges an Potenzial, ist der Wettbewerb doch der Motor für den benötigten Roll-out.
Die Mobilfunk-Versorgung in Deutschland ist besser als ihr Ruf. Laut Angaben des Bundesministeriums für Verkehr und Digitales (BMVD) haben die Mobilfunkanbieter die meisten Anforderungen bisher erfüllt: Etwa 98 Prozent der Haushalte mit Mobilfunk mit mindestens 100 Mbit/s Download-Geschwindigkeiten zu versorgen oder mehr als eintausend 5G-Türme aufzustellen.
Das ist gut, lässt aber gleichzeitig noch einiges an Luft nach oben. Denn noch gibt es weiße und graue Mobilfunk-Flecken auf der Deutschland-Karte. Die Abdeckung in Tunneln, auf Autobahnen und in Zügen ist verbesserungswürdig, die Performance wird immer ausbaufähig sein, insbesondere mit Blick auf den stetig wachsenden Datenverkehr und zukünftige Technologien. Was macht den deutschen Markt so besonders und wo sind die Herausforderungen?
Deutschland ist ein spannender und zugleich herausfordernder Markt für Mobilfunkanbieter und TowerCo’s. Es ist ein großes Land mit 16 Bundesländern, vielen Städten und zugleich vielen ländlichen Gebieten. Während in den Städten die Mobilfunk-Abdeckung mit wenigen Ausnahmen sehr gut ist, gibt es im ländlichen Raum tatsächlich noch Defizite. Diesen sehr guten Standard in den Städten gilt es zu erhalten und zu optimieren. Ein Mobilfunkstandort bleibt nicht für immer, ständig werden händeringend Ersatzstandorte für wegfallende Standorte gesucht. Daher wäre es wünschenswert, Liegenschaftsangebote der öffentlichen Hand (Bund/Länder/Gemeinden) für den Mobilfunkausbau zu bekommen. Denn gerade im ländlichen Raum – aber nicht nur – sind die öffentlich-rechtlichen Genehmigungserfordernisse eine Herausforderung und ein enormer Zeitfaktor. Jedes Bundesland hat eigene Bauvorgaben und behördliche Wege – das erschwert den Ausbau. Die größten Herausforderungen in den ländlichen Gebieten sind bis heute die langen und komplexen Baugenehmigungsverfahren sowie das zeit- und kostenintensive Bereitstellen der Stromanschlüsse.
Darüber hinaus haben es unabhängige TowerCo’s auf dem deutschen Markt – vorsichtig ausgedrückt – nicht besonders einfach. Die drei großen etablierten Anbieter (Deutsche Telekom, Telefónica Germany, Vodafone, 1&1 erhielt erst 2019 und damit deutlich später eine Lizenz) haben in verschiedenen Konstellationen ihre „eigene“ (wenn auch eigenständige) beziehungsweise bevorzugte TowerCo. Gerade in den letzten Jahren konnten die unabhängigen TowerCo‘s die Mobilfunkanbieter immer besser unterstützen. Das ist nicht ungewöhnlich, denn auch in anderen Ländern, vor allem in den USA, gab es diese Konstellation zwischen Mobilfunkanbietern und TowerCo’s schon früher und der Markt hatte Gelegenheit sich zu diversifizieren.
Es ist durchaus sinnvoll, unabhängige TowerCo’s mit dem Aufbau und Betrieb der Funktürme zu beauftragen. Denn die Türme sollen allen Mobilfunkanbietern „diskriminierungsfrei“ zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind unabhängige TowerCo’s in der Lage, effizienter zu wirtschaften, flexibler zu sein und Erfahrungen aus anderen Märkten einzubringen.
Das neue TK-Netzausbau-Beschleunigungsgesetz, das aktuell vorbereitet wird, hätte das Potenzial, mehr Bewegung in den Markt zu bringen. Der Netzausbau soll dann als Angelegenheit mit „überragendem, öffentlichen Interesse“ definiert werden. Ganz praktisch bedeutet das, dass Bauvorhaben in diesem Zusammenhang Vorrang vor anderen genießen sollten und die behördlichen Verfahren schneller durchlaufen können. In letzter Konsequenz funktioniert das nur dann, wenn es auf der Verwaltungsebene in allen kommunalen Genehmigungsbehörden auch umgesetzt wird. Flankierende Kommunikation und Leitlinien der Bundesländer als Hilfestellung für die Genehmigungsbehörden und zur Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis wären eine sinnvolle Maßnahme um das TK-NABEG zur Durchsetzung zu verhelfen.
Unabhängige TowerCo’s können mit ihren Ressourcen, ihrer Expertise und wirtschaftlich interessanten Angeboten hier einiges bewirken und die gesamte Branche voranbringen. Offener Wettbewerb ist wichtig und hilft, allen potentiellen Mobilfunk-Kunden schneller ein besseres Netz zu bieten.
Raafat Dabboura ist Geschäftsführer von PTI Germany (Phoenix Tower International).