Auf das Potenzial der Generation 50+ kann in Zeiten des Mangels an qualifiziertem Personal kaum ein Unternehmen mehr verzichten. Doch wie schafft man ein Umfeld für ein konstruktives Nebeneinander von Jung und Alt? Welche Vorteile ergeben sich daraus und welche Ansprüche stellt die „Silver Society“?
Der Artikel liefert unter anderem Antworten auf folgende Fragen:
Die Herausforderungen der Zukunft sind nur mit MINT-Know-how zu bewältigen: Ob Klimawandel, Gesundheitswesen oder Digitalisierung – es braucht kluge Köpfe und fleißige Hände mit naturwissenschaftlichem und technologischem Expertenwissen, die die notwendigen Schritte umsetzen können. Doch in Zeiten des Fachkräftemangels fehlt es branchenübergreifend genau an diesen Experten. Bereits in den vergangenen Monaten sind immer wieder neue Gesellschaftsgruppen herangezogen worden, die hier Abhilfe schaffen sollen. Zum einen müssen mehr Frauen gefördert und Arbeitsplätze für sie attraktiv gestaltet werden. Zum anderen gilt es das Recruiting und den Berufsstart für ausländische Fachkräfte in Deutschland zu beschleunigen und zu erleichtern.
Die repräsentative „So arbeitet Deutschland-Studie“1 von Sthree hat gezeigt, dass jüngere MitarbeiterInnen mit älteren KollegInnen vor allem sehr positive Eigenschaften verbinden: Know-how, Verantwortungsgefühl, ein großer Erfahrungsschatz sowie die Fähigkeit sie, die junge Generation, anzuleiten und auszubilden. Die Best Ager bringen also eine ganze Reihe an Fähigkeiten mit, die für Unternehmen unverzichtbar sind. Denn neben der Fachkompetenz werden Soft Skills immer wichtiger, um eine angenehme Arbeitsatmosphäre und ein konstruktives Miteinander zu schaffen.
Diese Basis, die die Silver Society schafft, wird optimal ergänzt von den jungen Fachkräften der Millenials oder der Generation Z. Diese sind fachlich auf dem neuesten Stand und bringen frische und oftmals disruptive Ideen mit, die es braucht, um Innovation zu ermöglichen. Für Unternehmen empfiehlt es sich daher, den aktiven Austausch zwischen den Altersgruppen zu fördern. Ein sogenanntes Cross-Mentoring, in dem nicht nur ältere KollegInnen die jüngeren anleiten, sondern auch umgekehrt, ist ein probates Mittel, ebenso wie altersdiverse Projekt- und Arbeitsgruppen.
In den letzten Jahren haben die technologischen Entwicklungen rasant an Fahrt aufgenommen. Allein deshalb ist es notwendig, dass alle Arbeitnehmenden ein offenes Mindset mitbringen – lebenslanges Lernen ist hier das Stichwort. Damit kann die Generation Z meist besser umgehen, da sie in diese Zeit des ständigen Wandels hineingeboren wurden und mit den digitalen Technologien aufgewachsen sind. Umso wichtiger ist es daher für die Best Ager, sich dieser Herausforderung zu stellen und die Motivation, immer wieder neue Dinge zu erlernen, hochzuhalten.
Unternehmen können und sollten dies unterstützen und allen Mitarbeitenden attraktive Weiterbildungsangebote machen. Diese sollten individuell auf die jeweiligen ArbeitnehmerInnen zugeschnitten sein, um Stärken hervorzustellen und neue Kenntnisse zu vermitteln. Niemand braucht die x-te Einführung in Excel oder ähnliche Programme; vielmehr kommt esauf die Individualisierung von Weiterbildungen und Lernprogrammen an, die die Mitarbeitenden motivieren, auf deren spezielle Voraussetzungen und deren Wissensstand eingehen und am Ende einen Mehrwert für das Unternehmen darstellen.
Mittlerweile ist es kein Geheimnis mehr, dass diverse Teams, die konstruktiv zusammenarbeiten, bessere Lösungen hervorbringen, als homogene Gruppen. Um dieses effektive Miteinander zu gewährleisten, ist die richtige Führung gefragt. Denn oft prallen gerade in altersdiversen Teams unterschiedlichste Vorstellungen aufeinander: Die einen fühlen sich in geordneten, hierarchischen Strukturen wohl, die anderen wollen größtmögliche Autonomie. Die einen sind dem Arbeitgeber loyal verbunden, die anderen setzen auf Selbstverwirklichung und größtmögliche Flexibilität.
Für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Zusammenarbeit gilt es, die verschiedenen Bedürfnisse, Wünsche und Verhaltensweisen zu verstehen und zu koordinieren. Empathie und ein offenes Ohr sind daher für Führungskräfte essenziell, genauso wie eine gewisse Neugierde und Offenheit gegenüber Ansichten, die nicht den eigenen entsprechen. Daher müssen sich Führungskräfte auch regelmäßig selbst hinterfragen, ob sie bei ihren Entscheidungen von Vorurteilen geleitet sind und diese dementsprechend immer wieder auf den Prüfstand stellen.
Die wichtigste Frage, wenn es darum geht, altersdiverse Teams aufzustellen: Wie spricht man die Generation 50+ im Recruiting am besten an? Auch im Bewerbungsprozess gibt es deutliche Unterschiede zwischen jüngeren und älteren BewerberInnen. Alleine schon die Plattformen auf denen Stellenanzeigen geschaltet und potenzielle Arbeitskräfte angesprochen werden, sollten so gewählt werden, dass alle Zielgruppen angesprochen werden. Denn auf TikTok wird man die Mitglieder der Silver Society wohl kaum in großer Zahl finden. Zudem sollten Recruiter bei der Stellenbeschreibung darauf achten, altersspezifische Sprache zu vermeiden. Diskriminierung bei Stellenanzeigen ist zwar gesetzlich verboten, doch wenn von „dynamischen und jungen Talenten“ die Rede ist, schreckt das in der Regel ältere BewerberInnen ab.
Bei der momentanen Arbeitsmarktlage, in der es, wie bereits erwähnt, schwierig ist, neue ExpertInnen anzuwerben, ist es umso wichtiger, bestehendes Personal zu halten. Unternehmen sollten sich demzufolge auch beim Thema Mitarbeiterbindung so aufstellen, dass jede Generation angesprochen wird. Dazu sind Feedbackrunden hilfreich: Die unterschiedlichen Bedürfnisse und Wünsche können nur durch einen regelmäßigen Dialog in Erfahrung gebracht werden. Gerade bei der Silver Society kommt es darauf an, Mitarbeitenden Angebote zu machen, die sie in ihrer aktuellen Lebensphase unterstützen. Dabei spielen vor allem die Wahrung der psychischen sowie physischen Gesundheit eine entscheidenede Rolle. Und ebenso die Flexibiliät bei der Wahl des Arbeitsortes oder die Reduzierung der Arbeitszeit, wenn beispielsweise Mitarbeiter:innen im Alter etwas kürzer treten möchten oder müssen. So kann man die wertvollen Arbeitskräfte halten und verliert sie nicht, nur weil man an starren Arbeitszeitmodellen festhält – die dazu auch für die jüngere Generation unattraktiv sind.
Fest steht: Generationen können und müssen voneinander lernen. Die Erfahrung und das Know-how der Älteren gepaart mit der Innovationsfreude und dem Enthusiasmus der Jüngeren kann für Unternehmen sehr gewinnbringend sein. Doch um diese Früchte zu ernten, ist auch einiges an Investitionen und Engagement notwendig. Das wichtigste dürfte jedoch die stetige Kommunikation auf Augenhöhe sein. Keine Mitarbeiterin und kein Mitarbeiter sollten aufgrund des Alters mehr oder weniger wertvoll für den Arbeitgeber sein – die Mischung macht’s.
Berücksichtigen Unternehmen diese und die zuvor genannten Punkte und schaffen ein Umfeld, in dem auch ältere MitarbeiterInnen gerne länger arbeiten, haben sie die Chance den Fachkräftemangel, der sich durch den Wegfall der sogenannten Babyboomer noch einmal deutlich verschärfen würde, abzumildern.
1 https://www.sthree.com/de-de/insights/so-arbeitet-deutschland/