Video-Ident-Verfahren und E-Rezept

Stop & Go im Gesundheitswesen

23. Januar 2023, 14:15 Uhr | Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Alternativen zum Video-Ident-Verfahren

Der Blick in die Vergangenheit sieht also einigermaßen beruhigend aus. Die Frage ist allerdings, wie es weitergehen soll. Eine Wiederaufnahme des Video-Ident-Verfahrens hält Diening als unwahrscheinlich. „Die nachweislich gravierenden Sicherheitsmängel sind nicht mit dem hohen Schutzbedarf bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Einklang zu bringen“, so das Argument. „Über die Wiederzulassung von (anderen) Video-Ident-Verfahren kann erst entschieden werden, wenn die Anbieter konkrete Nachweise erbracht haben, dass ihre Verfahren nicht mehr für die gezeigten systematischen Schwachstellen anfällig sind“, führt Diening aus.

Somit rücken andere ID-Verfahren ins Blickfeld, die beispielsweise die Online-Ausweisfunktion nutzen oder „jene Verfahren, die eine Prüfung des Ausweises vor Ort beinhalten – zum Beispiel in der Geschäftsstelle einer Krankenkasse oder mittels ‚PostIdent Zustellung‘ der Deutschen Post AG“, so Diening. Er fügt hinzu, dass Gematik und Bundesgesundheitsministerium parallel daran arbeiten, „zusätzliche Verfahren bereitzustellen, die eine Vor-Ort-Begutachtung des Ausweises beinhalten“.

Was die Online-Ausweisfunktion (eID) betrifft, ist allerdings festzuhalten, dass hierzulande zwar jede Person über 16 Jahren einen Personalausweis besitzt. Das heißt jedoch nicht, dass alle das eID-Verfahren nutzen. Dies wurde jüngst auch von der Studie „eGovernment Monitor 2022“ der Initiative D21 und der Technischen Universität München untermauert. Demnach stagniere die Nutzung der Online-Ausweisfunktion (eID) in Deutschland: Von den StudienteilnehmerInnen in Deutschland würden demnach zehn Prozent aktuell die eID nutzen; im Vorjahr waren es neun Prozent. Damit liege Deutschland laut Studie deutlich hinter den Befragten in Österreich (64 Prozent, plus zehn Prozentpunkte) und in der Schweiz (63 Prozent, plus einen Prozentpunkt). Auch Rohleder sieht im eID-Verfahren „derzeit noch keine praktikable Alternative – noch immer haben zu wenige Bürgerinnen und Bürger die Funktion aktiviert, ihre PIN nicht vorliegen oder wissen nicht, wie die Identifizierung mittels Perso funktioniert“. Die Einführung der elektronischen Patientenakte werde damit unnötig erschwert, beklagt er.

Die AOK bietet ihren Versicherten seit September 2022 PostIdent als Alternative an, um sich in der entsprechenden AOK-App für die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) zu registrieren. Das Video-Ident-Verfahren war bis dahin die einzige Möglichkeit dafür. Mit PostIdent haben Versicherte laut AOK-Angaben die Wahl zwischen einer Authentifizierung in einer Postfiliale oder mit dem elektronischen Personalausweis über die PostIdent-App. In diesem Fall ist kein Besuch in der Postfiliale notwendig. Alternativ können sich Versicherte an ihre Geschäftsstelle vor Ort wenden. Doch genau solche Gänge zu Post oder Geschäftsstelle sind für Ältere und/oder Kranke nicht gerade der einfachste Weg.

Sicherheit first

Wie wird es also weitergehen? Sicherheit der eingesetzten Verfahren hat für die AOK in jedem Fall Vorrang. Laut einem Sprecher des AOK-Bundesverbandes arbeite die Gematik aktuell (Stand: November 2022) an den Grundlagen zur Einführung digitaler Identitäten im deutschen Gesundheitswesen. Die entsprechenden Spezifikationen sollen in Kürze veröffentlicht werden. Nach AOK-Aussagen sollen sich Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung künftig mit digitalen Identitäten beispielsweise auf dem Smartphone in einer Arztpraxis identifizieren können oder sich für die elektronische Patientenakte anmelden. Darauf hofft man auch bei der Barmer: „Mit der anstehenden Einführung von Digitalen Identitäten wird eine zukunftsfähige Lösung für die Identifizierung in der digitalen Welt verfügbar sein.“ Bis es soweit ist, müssen PatientInnen somit auf die alternativen Wege setzen.

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