Nachhaltige Filialen

Wenn smart auch green ist

6. Juli 2021, 7:52 Uhr | Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Den Bestand im Blick

Intelligentes Regal von Pos Tuning/Neoalto
Seit 1998 entwickelt POS Tuning Produktpräsentationssysteme für den Handel. Zusammen mit seinem Lieferanten Strenge und dem Technologiepartner Neoalto entschied man sich dafür, ein automatisiertes C-Teile-Management einzuführen. Die intelligente Vorschublösung und die Bestellautomatik wurden in den Lagerregalen eingesetzt. Das Vorschubsystem mit Laser-Sensoren ermittelt den Bestand automatisch und sorgt für entsprechenden einfachen Zugriff. Die IoT-basierte Lösung misst Bestände und Warenbewegungen in Echtzeit und sendet diese an die Neoalto-Lösung. Dort bilden sie die Datenbasis für automatische Bestellungen. Individuelle Rahmenparameter regulieren die Bestände je nach Bedarf, Absatz und Lagerkapazität für jeden Artikel. Sobald ein Artikel seinen Bestellbestand erreicht, kommt er automatisch in den elektronischen Warenkorb und ist damit in der nächsten Bestellung enthalten. Manuelle Aufwände für die Bestandsermittlung, die Auftragserfassung und Bestellung entfallen.
© Pos Tuning/Neoalto

Ein wesentlicher Faktor – speziell für Geschäfte des täglichen Bedarfs – ist der Überblick über den Warenbestand und die permanente Anpassung der Informationen. Gerade Bestellentscheidungen für frische Produkte sind diffizil, da Mindestbestellmengen abgenommen werden und unterschiedliche Lieferlaufzeiten berücksichtigt werden müssen. Auch gilt es, bei optimalem Bestand die Entsorgung von abgelaufener Ware zu vermeiden. KI-basierte automatisierte Bestellung kann in diesem Zusammenhang dazu beitragen, Lücken im Regal (Out-of-Stock) zu vermeiden und gleichzeitig Restbestand zu reduzieren. Neben der Preiselastizität, dem Effekt der Preissenkung auf die Kaufwahrscheinlichkeit, sind Restlaufzeit und Bestand pro Produkt bei der Ermittlung der optimalen Abschrift ebenfalls zu berücksichtigen. Automatisierte Preissenkungen bei baldigem Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) können wiederum den Abfall durch abgelaufene Lebensmittel vermindern.

Ein weiteres Beispiel für eine digitale Lösung zur Bestands-optimierung ist das intelligente Monitoring von Bestandsgeräten: Es ermöglicht die proaktive technische Wartung sowie die vorausschauende Verwaltung von Lagerbeständen. Zudem können bedarfsgerechte Bestellungen von Rohstoffen und Verbrauchsmaterialien ermöglicht werden, Müll und überflüssigen Abfall zu vermeiden, spielt mittlerweile nicht nur im Haushalt jedes Einzelnen eine Rolle. Auch der Handel hat dieses Thema für sich entdeckt und entspricht damit den Wünschen vieler Kundinnen und Kunden. Nahezu drei Viertel aller Deutschen möchten einer Splendid-Umfrage zufolge beispielsweise Verpackung vermeiden und die Umwelt schützen. Fast genauso viele ziehen den Einkauf unverpackter Lebensmittel in Betracht. Doch auch fernab des Unverpackt-Ladenkonzepts ergeben sich für den Handel Möglichkeiten der Abfallvermeidung. Beispiele digitaler Nachhaltigkeitslösungen sind:

  • Elektronische Preisschilder (Electronic Shelf Labels, ESL): ESL finden zunehmend Verbreitung in allen Handelssegmenten, was auch an den erhältlichen unterschiedlichen Ausführungen, beispielsweise als Regalschild, Aufsteller oder Hang-Tag, liegt. Mit ESL lässt sich auf die zunehmende Zahl an Rabattaktionen leichter reagieren (Dynamic Pricing). Werden die Preisschilder zudem über eine IoT-Plattform gesteuert, lassen sich ganzheitlich Daten anzeigen und zum Beispiel Hinweise zum MHD oder Empfehlungen zur Bestandsanpassung anzeigen. Darüber hinaus kann ein LED-Licht am ESL den Einsatz für ein Pick-by-Light (zu Deutsch etwa „Kommissionieren nach Licht“) in der Filiale oder im Lager ermöglichen. Eine potenzielle NFC-Funktion bietet zudem den Abruf von Artikelinformationen für Personal oder auch Kundschaft. Aus Nachhaltigkeitssicht werden vor allem papierbasierte Preisschilder und die entsprechende Menge an Druckertinte und -energie eingespart.
  • Das intelligente Regal: Gerade für Frischeartikel, die nach Bedarf in der Filiale produziert werden, wie beispielsweise Backwaren, ist eine vorausschauende Bedarfsplanung und Lagerhaltung essenziell, um einerseits Abfall durch Überproduktion und gleichzeitig Out-of- Stocks zu vermeiden. Ein intelligentes Regal, wie zum Beispiel das „Smart Shelf“ von Bizerba, kann mittels Gewichtssensoren erkennen, wenn ein Produkt entnommen wurde und dokumentiert diese Regalposition. Eine entsprechende Nachproduktion, zum Beispiel durch die Aktivierung eines Backautomaten, wird angestoßen.
Scan Plastikflaschen
Einfach, aber effektiv: Die überspitzte Darstellung veranschaulicht einen in das Verpackungsdesign integrierten Barcode, der für das menschliche Auge nicht sichtbar ist. Durch die verbesserte Scan-Genauigkeit kann beispielsweise der Check-out-Vorgang an der Kasse beschleunigt werden. Darüber hinaus lässt sich die Sortierung in Mülltrennungsanlagen vereinfachen.
© Digimarc Corporation
  • Intelligente Verpackung: Darunter fällt beispielsweise ein für das menschliche Auge nicht wahrnehmbarer Barcode, der in das Verpackungsdesign integriert ist und auf der Produktverpackung vollflächig aufgebracht wird. Dadurch, dass der Barcode an allen Seiten der Verpackung gescannt werden kann, lassen sich die Scan-Genauigkeit am Check-out in den verschiedensten Varianten – vom traditionellen Check-out, Self-Check-out, Scan-and-go etc. – erhöhen und die Wartezeiten sowie Kontaktzeiten verkürzen. Der Vorteil gegenüber dem traditionellen Barcode ist die bessere Lesbarkeit, die auch beispielsweise bei Beschädigung oder Verklebungen des Labels gegeben ist. Über einen Barcode auf Kunststoffverpackungen lässt sich darüber hinaus die Sortierung in Mülltrennungsanlagen vereinfachen, denn für das Recycling von Verpackungen wird eine zuverlässige Sortierung der verschiedenen Plastiksorten benötigt.
  • „Seamless Shopping“ über RFID-Etiketten: RFID-Tags ermöglichen einen automatisierten und unbemannten 24/7-Service in einer Filiale. Ein Beispiel dafür ist Tankstellenbetreiber Neste, der auf die Eco-RFID-Tag-Technologie von Stora Enso zurückgreift. Für die Tags werden die RFID-Etiketten auf erneuerbares Papier, ohne Kunststoffschichten und schädliche Chemikalien, gedruckt. Basierend auf den Tags bietet Stora Enso eine schlüsselfertige Lösung für den automatisierten und unbemannten Einzelhandel an. Dessen Herzstück bilden RFID-fähige E-Kioske oder „Smart Cabinets“, die für den Einkauf oder die Abholung mit dem Smartphone entwickelt wurden. Die Cabinets werden mit einem Smartphone über eine kompatible Bezahl-App wie WeChat und MobilePay entriegelt. Jeder Artikel ist mit einem fälschungssicheren RFID-Tag versehen, der automatisch vom Cabinet erkannt wird. Wird die Schranktür geschlossen, werden den KundInnen die entnommenen Artikel über die App in Rechnung gestellt. Über eine zusätzliche Back-End-Lösung kann der Betreiber oder Händler Transaktionen einsehen, den Bestand monitoren oder Bestellungen auslösen.
  • Digitale Kassenbons: Das sogenannte Kassengesetz führte die Pflicht zur Ausgabe von Belegen zum 1. Januar 2020 ein. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform ausgestellt werden. Das Erstellen des Belegs muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorgang erfolgen. Mit einem digitalen Kassenbon – zum Beispiel via QR/Bar-Code-Scan oder durch Verknüpfung mit dem Zahlungsmittel als Beleg in der Banking-App – können Händler im deutschen Einzelhandel die anfallenden Kassenbon-Kosten reduzieren und zusätzlich den digitalen Kassenbon für smarte Interaktionen mit Kundinnen und Kunden nutzen (wie das Sammeln von Treuepunkten).
  • Effizienz „auf der letzten Meile“: Der zunehmende Bedarf nach hybriden Einkaufsvarianten wie Click & Collect oder Lieferung-in-den-Kofferraum (Curb-side Pickup) erfordern auf Händlerseite nicht nur neue Prozesse, sondern können durch neue digitale Lösungen auch unterstützt werden. Gefördert wird damit der Kommissionierungsprozess in der Filiale, der Kunden eine größere Flexibilität bei den Abholzeiten bietet und dem Händler die Möglichkeit gibt, ein breites Sortiment an lokalen Produkten anzubieten, sowie den unnötigen Transport von Lebensmitteln stark reduziert. So lassen sich beispielsweise Online-Lieferaufträge, die zuvor in Zentrallagern bearbeitet und über weite Strecken an KonsumentInnen ausgeliefert wurden, nun von Mitarbeitern in lokalen Filialen mit mobilen Pick & Collect-Geräten abwickeln.

  1. Wenn smart auch green ist
  2. Die Filialinfrastruktur als technologisches Rückgrat
  3. Den Bestand im Blick
  4. Kreislaufwirtschaft und Recycling
  5. Exkurs: Wissenswertes rund um Nachhaltigkeit

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