Die Open Source Initiative (OSI) hat einen Antrag an den US-Kongress gestellt, wonach dieser ein Gesetz zur engeren Definition von Open-Source-Code verabschieden soll. Die Mitgliedsfirmen der Gruppe fordern eine rechtlich verbindliche Definition darüber, was ein Open-Source-Code ist. Bislang ist die Praxis, dass jeder Nutzer von Open Source eigene Ergänzungen und Modifikationen vornehmen kann, die er anschließend der Open-Source-Gemeinde zur Redistribution zur Verfügung stellt. Doch nach Ansicht der OSI würden inzwischen immer mehr klassische Softwareunternehmen nur noch so genannten Open-Source-Code distributieren, der praktisch patentiert ist, weil er mit eigenem patentgeschützen Code untrennbar vermischt sei. "Ohne eine klare rechtliche Absicherung stellt das Arbeiten mit und an einem solchen Sourcecode ein unkalkulierbares Rechtsrisiko dar", sagt OSI-Vice-President Michael Tiemann.
In dem Antrag an den US-Kongress heißt es unter anderem, dass "Open-Source ein vitales Element der heutigen Business-IT-Welt sei und dass es deshalb dringend geboten sei den Begriff ?Open-Source? rechtsverbindlich zu definieren, da es ansonsten bald keinen solchen mehr geben wird".
Dabei erkennt auch die OSI-Gruppe durchaus an, dass es in vielen Fällen nötig oder sinnvoll sein kann, dass etablierte Software-Anbieter einen Open-Source-Code um eigene geschütze Komponenten erweitern. Hierfür hat die Gruppe mehrere Vorschläge erarbeitet, die im Wesentlichen alle besagen, dass mit der Erweiterung von Open Source um patentierten Code automatisch eine lizenzfreie Nutzung durch die Open-Source-Gemeinde gestattet wird.
Das Problem ist an sich nicht neu, hat aber jetzt zu einem erneuten Vorstoß im US-Parlament geführt, da viele Open-Source-Anbieter über den Einstieg von Oracle und Microsoft in den Linux-Markt besorgt sind. Besonders verärgert ist man darüber, dass Microsoft erklärt hat, dass es Novells Suse-Linux-Kunden auch dann nicht mit Copyright-Prozessen belangen will, falls sich in Linux doch noch geschützter Microsoft-Code befinden sollte. Diese Art Freistellungsgarantie bezieht sich aber ausdrücklich nicht auf Redhat- oder Oracle-Linux-Kunden. "Es ist eine unverschämter Angriff auf den Open-Source-Gedanken, den Microsoft hier deklariert hat", sagt Tiemann über Microsofts begrenzten Verzicht auf Rechtsmittel.
Auch andere Experten sehen den Microsoft-Novell-Deal inzwischen äußerst kritisch. "Microsoft erhält jetzt tiefe Einblicke in die Linux- Kundenstruktur, die -Vertriebsargumentation und die –Entwicklungsstrategie. Dieses geballte Wissen könnte es auch gegen Linux einsetzen", warnt Paul Geringer, ein auf Linux im Serverbereich spezialisierter IT-Consultant in New York.
Und Rechtsexperten glauben inzwischen, dass hinter dem Microsoft-Novell-Deal ganz andere Motive stecken. "Vor allem in Europa hat Microsoft hat jetzt bei den Anti-Trust-Diskussionen allerbeste Argumente", sagt beispielsweise Daniel Ravicher, Anwalt des Software Freedom Law Centers, das vor allem die Rechtsinteressen von Linux-Entwicklern vertritt.
(Harald Weiss/pk)