Das Internet der Dinge

Das Web lässt Objekte sprechen

3. Februar 2012, 7:00 Uhr | Susanne Franke/jos, freie Autorin in München

Jegliches Objekt, ob passiv oder intelligent, kann Verbindung zu Inhalten und Diensten im Internet aufnehmen. Diese Idee des Internets der Dinge wird, das zeigt Gartner, weitreichende Konsequenzen für Unternehmen und Verbraucher haben. Die Analysten empfehlen Unternehmen deshalb, bereits heute Möglichkeiten auszuloten, ihre Produkte mit einfachen, informationsbezogenen Erweiterungen attraktiver zu gestalten.

Eine Pflanze twittert, wenn sie Wasser braucht. Systeme in der Fertigung überwachen ihren eigenen Status, und Verbrauchergeräte sind mit dem Internet verbunden - all dies gibt es bereits, und das so genannte Internet der Dinge wächst schnell. Nach Auffassung der Gartner-Analysten handelt es dabei um ein Konzept für die Verlinkung von intelligenten Geräten via Internet, konventionellen Verbrauchergegenständen und anderen physischen Objekten. Diese neuen Endpunkte können Datenströme erzeugen und empfangen.

Genau wie PCs oder Mobilgeräte lassen sich auch "Dinge" über das Internet ansprechen und untereinander verbinden. Dinge können wie "traditionelle" Geräte eine IP-Adresse haben oder einfach auf Inhalte oder Dienste im Internet "zeigen", etwa über 2D-Barcode. Dies ist der entscheidende Punkt laut Gartner, denn somit kann fast jedes identifizierbare Objekt Teil des WWWs werden. Das Internet der Dinge besteht aus einer Topologie von Diensten, Anwendungen und einer Verbindungsinfrastruktur. Darüber hinaus gehört auch Betriebstechnik für das Management von Embedded-Software dazu.

Alle Branchen

Das Internet der Dinge wird die meisten Branchen erfassen, einschließlich Gesundheit, Öffentliche Hand, Stadtwerke, Transportwesen, Handel oder Fertigung. Bis 2020, wenn die Zahl der mit dem Internet verbundenen Dinge erheblich angestiegen ist und die von ihnen empfangenen Daten (zum Beispiel Smart Metering) bereits erfolgreich genutzt werden, gehen die Analysten davon aus, dass Dinge den Hauptanteil an bedeutungsvollen Interaktionen stellen. "Dinge werden das Internet nutzen, um Geld zu sparen, einen Wert herzustellen, Produkte zu verbessern und Unternehmen sowie Privatpersonen höherwertige Erfahrungen zu ermöglichen", so John Mahoney, Autor des Gartner-Forschungspapiers. "Erst wenn dieser Punkt erreicht ist, hat sich das Internet zum Internet der Dinge gewandelt."

Um neue Werte zu erzeugen, benötigt ein Objekt keinen eingebauten Computer. Gartner illustriert dies am Beispiel einer Parkuhr. Erhält sie die Fähigkeit, darüber zu berichten, ob sie gerade in Betrieb ist und eventuell wie lange noch, kann sie manchem Autofahrer den Frust der Parkplatzsuche mindern. Dazu bedarf es keiner Befehle, die eine Aktion auslösen, sie muss lediglich zwei Informationen senden.

Zwei Eigenschaften der Objekte sind ausschlaggebend dafür, wie sie interagieren und Informationen austauschen können, so Mahoney. Es kommt einerseits darauf an, welche Informationen das Ding enthält: Manche können Daten über sich selbst weitergeben (elektronische ID-Tags). Andere sind in der Lage, daneben auch Umgebungsdaten weiterzuleiten (Gepäck-Tags). Und schließlich gibt es solche, die keine Informationen über sich haben (Getränkedosen), sondern lediglich einen 2D-Barcode. Andererseits geht es um die Interaktionsfähigkeit an sich, denn ein Ding kann ein autonomes, ein Responder oder ein passives nicht-intelligentes Objekt sein.

Von der Zahnpastatube zur Industriemaschine

Die Kombination dieser Merkmale ergibt eine Vielfalt der Möglichkeiten im Internet der Dinge - von einer Zahnpastatube, die lediglich über ihren 2D-Barcode kommuniziert bis zur Industriemaschine mit Computerintelligenz, die eine ganze Reihe von Aktionen ausführen kann. Im Bild unten zeigt Gartner die Möglichkeiten des Informationsaustauschs von Dingen über das Internet auf Basis der beiden beschriebenen Merkmale. Die Analysten stellen fest, dass der dabei entstandene Wert oder die Qualität nicht davon abhängt, wie selbstständig ein Ding ist oder wie reichhaltig seine Informationen sind.

Verantwortliche in Unternehmen können Gartner zufolge diese Matrix dazu nutzen, Geschäftsmodelle für das Internet der Dinge für den eigenen Bedarf zu erforschen. Modelle aus der unteren linken Seite sind am einfachsten aufzusetzen und mit den geringsten Kosten verbunden. Diese Art von Projekten werden Unternehmen kurzfristige Erfolge bescheren, eignen sich also für den Einstieg, empfehlen die Analysten. Dies könnten Erweiterungen und Verbesserungen an vorhandenen Prozessen sein. Als Beispiel nennen die Gartner-Experten das Anbringen von 2D-Barcodes an Produkte wie etwa Waschmaschinen. Auf diese Weise könnten die Anwender über ihr Smartphone die Gebrauchsanleitung lesen oder ein Servicetechniker sich die Wartungsdaten abrufen.

Doch Möglichkeiten, die zu wirklichen Änderungen führen, werden letztendlich auch den höchsten Aufwand mit sich bringen. Deswegen rät Gartner, mindestens 25 Prozent der Pilotprojekte aus der rechten oberen Ecke zu wählen. Hier sollten Verantwortliche vorher klarstellen, wie das Internet der Dinge das Geschäft des Unternehmens längerfristig beeinflussen wird und dementsprechend die Geschäftsmodelle aufzeigen.

Gleichzeitig warnt Gartner davor, Anwender mit Änderungen zu überfordern, denn, auch wenn etwa ein Kühlschrank selbst für Nachschub sorgen kann, heißt das noch lange nicht, dass Verbraucher diese Fähigkeit auch nutzen werden - jedenfalls in absehbarer Zeit nicht. Ein lohnendes Geschäft in diesem Bereich vermutet beispielsweise auch der Branchenriese Cisco, der Ende des vergangenen Jahres Produkte wie das 819 ISR (Integrated Services Router) Gateway für die M2M-Kommunikation (Machine-to-Machine) auf den Markt gebracht hat. Das Gateway kann unter anderem Bank?, Fahrschein- und Warenautomaten, digitale Anzeigetafeln oder medizinische Geräte ohne IP-Unterstützung netzwerkfähig machen. Auch Cisco sieht nach eigenem Bekunden in einer derartigen M2M-Anbindung von Non-IP-Geräten für Unternehmen die Chance, Kosten zu senken und den Einstieg in neue Geschäftsfelder zu finden. Der Hersteller schätzt, dass M2M bis 2020 über 50 Milliarden Geräte an das Internet anbinden wird.
Die Autorin auf LANline.de: sfranke

Mit dem Internet verbundene Dinge sind aktiv oder passiv, mit oder ohne Informationen.
LANline.

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