Laut einem Gartner-Report vom Sommer hat die Zahl ausgelieferter Thin Clients (TCs) 2005 gegenüber dem Vorjahr um 38 Prozent zugenommen - ein für den Hardwaremarkt enormer Anstieg. Es war die stärkste Zunahme im Markt der zentral verwalteten, festplattenlosen PC-Alternativen seit 2000, als Microsofts Einführung der Windows NT Terminal-Services das TC-Computing beflügelte.
Im Jahr 2005 haben die Thin-Client-Hersteller laut dem Marktforschungshaus Gartner über 2,2 Millionen Geräte ausgeliefert. Das Plus von 38 Prozent ist laut Gartner das stärkste Wachstum, seit die Analysten den TC-Markt beobachten. Die sprunghafte Zunahme scheint selbst die beiden Gartner-Marktforscher Anthony Kros und Mark Margevicius überrascht zu haben: Die "beeindruckende" Wachstumsrate sei "mehr als das Doppelte der aggregierten jährlichen Wachstumsrate" ihres gegenwärtigen Forecasts. Ihre Folgerung: "Der Markt befindet sich im Wandel." Laut den Analysten von IDC wuchs der TC-Absatz im ersten Quartal 2006 sogar um 45 Prozent. Der Marktführer bleibt Wyse.
Das TC-Segment profitiert offenbar nicht nur von der umfassenden zentralen Verwaltung, die das Server-based Computing (SBC) ermöglicht, sondern auch von Sicherheitsproblemen, die vor allem PC-Umgebungen zu schaffen machen. Als weitere Faktoren geben Kros und Margevicius fallende TC-Preise und den Austausch veralteter ASCII-Terminals an, ebenso Verbesserungen bei der TC-Software durch Microsoft und Citrix. Laut Branchenkennern steht heute Microsofts TC-Protokoll RDP dem ICA-Protokoll von SBC-Primus Citrix in nichts mehr nach, und beide Häuser bieten heute Applikationsvirtualisierungs-/Streaming-Konzepte: Microsoft durch Zukauf von Softricity, Citrix durch Eigenentwicklung. Von der Einführung erweiterter Terminaldienste in Microsofts neuem Serverbetriebssystem Longhorn nächstes Jahr erwartet die Branche einen erneuten Schub für das SBC-Geschäft. Für Rückenwind sorgt auch zunehmende Akzeptanz des ASP-Modells (Application Service Provider): Es erlaubt PC- wie auch TC-Szenarien. Zum Beispiel hat Citrix-Managementspezialist Visionapp jüngst das ASP-Angebot Vivio aufgesetzt, das Freiberuflern und Kleinunternehmen Business-Software auf Mietbasis bereitstellt.
Von den SBC-Fortschritten profitieren die TC-Hersteller: Nach Gartners Schätzung machen TCs 25 bis 30 Prozent der SBC-Endgeräte aus. Der Rest entfällt auf Fat Clients (PCs) mit RDP- oder ICA-Client sowie zum TC umgerüstete PC-Altgeräte. Techniken wie das Application-Streaming (siehe "Streaming ergänzt Thin Client Computing" auf Seite 22) erhöhen die Flexibilität von SBC. Einen weiteren Wachstumsbeitrag dürften künftig Wireless- und Mobilfunk-Clients leisten. Hier sind die TC-Hersteller gefordert, über den klassischen Desktop-Ersatz hinauszudenken und innovative Gertäe zu entwickeln.
Der größte TC-Absatzmarkt ist nach wie vor Nordamerika, gefolgt von Europa. Laut Gartner zeichnet Westeuropa heute für 37 Prozent Marktanteil verantwortlich. Die drei führenden Hersteller – welt- wie auch europaweit sind dies Wyse, HP und Neo-ware – vereinen 70 Prozent Marktanteil auf sich. Starkes Wachstum verzeichnen aber auch manche kleinere TC-Anbieter. Die in Bremen ansässige Igel glänzte zum Beispiel mit 162 Prozent Plus. Igel – weltweit die Nummer sechs – setzt verstärkt auf Internationalisierung und baut nach Erfolgen in den USA nun per Kooperation mit dem Ditributor ETC Pluz seinen Vertrieb in Holland aus.
Die TC-Anbieter setzen zunehmend auf den Vertrieb rundum abgesicherter Infrastrukturen unter anderem mit Smartcards für PKI. Hinzu gesellten sich Neuheiten wie bei Wyse kürzlich ein spezielles Add-on für den Zugriff auf Vmwares VDI (Virtual Desktop Infrastructure), die Images von Desktop-Arbeitsplätzen zentral vorhält. Herausforderer Chip PC wiederum kündigte im Sommer eine neue Generation seiner CE-Modelle an: Die Serie EX-NG soll ab zirka 300 Euro Geräte mit DVI-Ports bieten und die direkte PDA-Synchronisation via USB-Port unterstützen.