Die wirtschaftliche Lage, die zunehmende Globalisierung und Vernetzung zwingen Unternehmen heute ein rasantes Tempo auf. Gleichzeitig bleibt der Spielraum für Investitionen begrenzt. Unternehmen müssen daher das Optimum aus ihrer bestehenden Infrastruktur herausholen. Das geschieht unter anderem, indem sie die Komplexität der IT massiv reduzieren und damit alle Chancen nutzen, die Kosten zu verringern.
Eine dynamische Infrastruktur ist keine Lösung, die der CEO von der Stange kaufen kann. Eine Infrastruktur wird dynamisch, indem man sie an einzelnen Stellen dynamisiert. Der Prozess ist vergleichbar mit der Optimierung eines Rennwagens: Ein Bolide fährt nur als erster ins Ziel, wenn er in allen Bereichen so getunt ist, dass er buchstäblich in jeder Kurve ein paar Zehntelsekunden mehr herausholt als die anderen. Um dies zu erreichen, müssen die Mechaniker die Schraubenzieher an mehreren Stellen ansetzen – an Vergaser, Elektronik, Motor, Reifenaufhängung, Stoßdämpfer, Spoilern etc.
Verschiedene Wege führen zum Ziel
Analog gestaltet sich der Vorgang bei der Dynamisierung der Unternehmensinfrastruktur: Die Infrastruktur zu dynamisieren bedeutet, einen Transformationsprozess in Gang zu setzen. Dessen Ziel ist eine optimierte IT-Infrastruktur, die so reibungslos arbeitet, wie die hoch indus-trialisierten Produktionsprozesse moderner Fertigungsbetriebe. Geht man den Prozess strategisch an, beginnt der Einstieg in das Thema über ein umfassendes Assessment der Gesamtsituation. Dabei sollten die Verantwortlichen nicht nur die IT, sondern auch die Fachabteilungen und das Zusammenspiel zwischen beiden genau unter die Lupe nehmen. Idealerweise entsteht daraus eine individuelle Transformations-Roadmap für das Unternehmen. Um zu einem stichhaltigen Plan zu kommen, ist laterales Denken über die Schablone hinaus gefragt. Für den IT-Direktor und sein Team ist dies im allgemeinen Tagesgeschäft schwer. Daher sollte man sich Kompetenz und Erfahrung von außen holen.
Unternehmen wie IBM bieten beispielsweise spezielle Tools und Methoden in verschiedenen Workshop-Formaten an, etwa den Innovation-Workshop oder die Erfahrungswelten-IT. Bei letzterem überträgt das Team gemeinsam mit erfahrenen Beratern und Technikern die geplanten Maßnahmen auf Basis von Erfahrungswerten in individuelle, finanziell und qualitativ bewertbare Key-Performance-Indikatoren für den speziellen Business Case.
An einzelnen Stellschrauben drehen
Hat man in der Assessment-Phase Klarheit über Zusammenhänge und Ziele erlangt, kann man sich im nächsten Schritt an die konkreten Handlungsfelder machen. An dieser Stelle vereinigt sich der Strategie- mit dem Taktikpfad und gabelt sich in verschiedene Technikzweige auf. Ein fundamentaler Bereich im IT-Umfeld betrifft dabei die Effizienz der Server-Landschaft. Und zwar deshalb, weil Effizienzgewinne dort auch auf andere Bereiche abstrahlen, zum Beispiel auf die Energieeffizienz oder die Sicherheit. Es gilt herauszufinden, wie viel man an Verwaltung, Strom, Wartung und Hardware einsparen kann, wenn man die Server-Landschaft konsequent konsolidiert, virtualisiert und automatisiert. Aus diesen Analysen entsteht ein Pflichtenheft für die neue Server-Landschaft, aber auch für die Transformation in anderen Geschäftsbereichen des Unternehmens.
Auch bei diesem gesamten Prozess empfiehlt sich professionelle Hilfe. Mit der IBM-eigenen so genannten Zodiac-Methode lässt sich beispielsweise auch in die Sedimente der Server-Landschaft leuchten, um Konsolidierungspotenzial aufzuspüren. Zudem überträgt die Methode die Fundstücke aus der IT in einen Geschäftskontext aus Kosten und Wirtschaftlichkeit. Analog dazu lässt sich auch der Storage-Bereich nach Ist-Soll-Kriterien neu bewerten. Dazu eignet sich die Novus-MCF-Methode (Management Complexity Factors). Sie arbeitet mit verschiedenen Metriken wie Architekturkomplexität, Prozessreife, Automatisierungsgrad, Verfügbarkeit und anderen. Als Ergebnis sollen konkrete Maßnahmen für Effizienzsprünge im Storage-Bereich entstehen.
Der Pfad zum grünen -Rechenzentrum
Nah verwandt mit der Server-Konsolidierung ist das Handlungsfeld Energieeffizienz. Wichtig ist das Thema aus naheliegenden Gründen: 50 Prozent aller RZs weltweit sind 2008 an die Stromversorgungs- und Kühlleistungskapazität gestoßen (Gartner 2007). Ab 2009 übersteigen die Dreijahreselektrizitätskosten eines Servers dessen Anschaffungskosten (Uptime Institute 2007). Zudem drohen neue Umweltschutzauflagen wie eine mögliche CO2-Steuer. Zu den Maßnahmen in diesem Handlungsfeld zählen die Analyse und Bewertung eines Rechenzentrums anhand von Energieeffizienzkriterien. Dies kann etwa als eine Art Vor-Audit zur möglichen Zertifizierung, wie sie der TÜV anbietet, geschehen. Dabei wird die Gesamtleistung, die in das RZ eingespeist wird, mit der aktuell von technischen IT-Geräten verbrauchten Energie (PUE-Kennwert) verglichen. Eine umfassende Energieeffizienzanalyse sollte die Möglichkeiten und Maßnahmen darstellen, durch die sich Energieeffizienz verbessern, die Stromkosten und der CO2-Ausstoß reduzieren lassen. Von dort aus lässt sich eine Roadmap für die Implementierung von Projekten mit Kostenschätzung der Maßnahmen im Energieeffizienzbereich erstellen.
Hochverfügbarkeit und Sicherheit
Auch Sicherheit und Hochverfügbarkeit zählen zur zentralen DNA einer dynamischen Infrastruktur. Zu den Einstiegsmaßnahmen in diese beiden Bereiche gehört es, sich grundsätzlich ein besseres Verständnis für die Risiken zu verschaffen, denen das Unternehmen ausgesetzt ist. Dabei werden mögliche Lücken im Katastrophenplan zutage treten. Diese wiederum erfordern neue Aktionen, um die Infrastruktur noch ausfallsicherer zu machen. Ziel ist es dann, Maßnahmen zu identifizieren und durchzuführen, die in ein Risiko-Management und einen Resilience-Plan münden, die jedem Audit standhalten. Dieses Kriterium sollte keinesfalls unterschätzt werden: Partnerschaften zwischen Unternehmen werden in naher Zukunft Voraussetzung für Wachstum sein. Und Zuverlässigkeit ist dabei eine Schlüsseleigenschaft.
Eine Klammer, die mehrere Bereiche einer dynamische Infrastruktur umfasst, ist das Service-Management: Als eine Art Rückgrat vereinfacht es die Bedienung der komplexen Infrastrukturkomponenten und steuert die Aufmerksamkeit auf die wesentlichen Abläufe und Kenngrößen des Betriebs. Es kennt den durch Techniken wie Virtualisierung unsichtbaren physischen Bezug zwischen den Komponenten der Infrastruktur, es steuert Ressourcen und automatisiert aufwändige manuelle Prozesse. Maßnahmen in diesem Handlungsfeld zielen auf das Verhältnis zwischen Geschäft und IT. Dabei gilt es, die IT als echten Service-Partner für das Kerngeschäft zu etablieren. Ziel ist es, deutlich zu machen, welchen Mehrwert die IT in das Unternehmen bringt.
Auch in diesem Punkt bieten Profis Hilfe in Form eines Service-Management-Strategie- und Planungs-Workshop. Eine Roadmap führt zu einer optimalen Ausrichtung der IT am Kerngeschäft. Das Vorgehen baut auf bewährte und schnelle Assessment-Methoden mit Industrie-Best-Practices wie zum Beispiel ITIL, ISO IEC 20.000 und Cobit.
Physische Infrastrukturen einbeziehen
Asset-Management bezeichnet die Technik, Assets, also die Anlagen, Werkzeuge, Produktionsmittel und ähnliches in eine systematische, IT-gestützte Verwaltung einzubeziehen. Dadurch lassen sie sich effizienter auslasten. Dieses Mehr an Effizienz ergibt sich durch Automatisierung manueller Prozesse, eine vorausschauende Instandhaltung, Kostenkontrolle, die Integration von Insellösungen und die Etablierung von Unternehmensstandards sowie das institutionalisierte Streben nach kontinuierlicher Verbesserung. Für dynamische Infrastrukturen spielt das Asset-Management eine wichtige Rolle. Denn der Begriff „dynamisch“ beschränkt sich nicht auf die IT-Infrastruktur. Auch andere Infrastrukturen wie Verkehrswege, Telekommunikation, Produktionsstraßen und andere sind gemeint. Denn durch zunehmende Digitalisierung und intelligente Vernetzung mit Hilfe von Sensoren, RFID-Chips oder über das „Internet der Dinge“ wachsen sie mit der IT mehr und mehr zusammen. Konkret sollte man in diesem Handlungsfeld beispielsweise eine Instandhaltungsstrategie entwickeln.
Software für das Asset-Management
Asset-Management-Software liefert das Fundament für diese Verbesserungen. Ihre Implementierung sollte aber auch mit einer kulturellen Veränderung einhergehen. Was heißt, dass auch die Mitarbeiter neue Methoden und Standards kennenlernen und danach arbeiten. Cloud Computing – das augenblickliche Trendthema der IT-Industrie – bringt viele Eigenschaften dynamischer Infrastrukturen auf hoher Entwicklungsstufe zusammen, wie etwa Service-Orientierung, Automatisierung oder Kosteneffizienz. Beim Cloud Computing werden dem Unternehmen beliebige Ressourcen und Anwendungen flexibel nach Bedarf aus dem Netz bereit gestellt, ohne dass sich Anwender mit deren Komplexität befassen müssen. Die Cloud-Services haben den Vorteil, dass sie je nach Bedarf zugeschaltet oder auch wieder abgeschaltet werden können, also keine dauerhaften Fixkosten bilden, wenn sie nicht mehr nötig sind.
Cloud-Technik
Anbieter wie IBM offerieren Unternehmen private – also im Vergleich zu Google oder Amazon nicht öffentliche – Cloud-Techniken für verschiedene dynamische Infrastrukturbereiche. Dazu zählt etwa die Bereitstellung von Business Intelligence (BI) und Analysen über die Smart Analytics Cloud. Diese arbeitet beispielsweise auf Basis von System-Z-Servern und Cognos-8-Business-Intelligence-Software. Ein weiteres Beispiel ist die Smart Business Desktop Cloud. Aus ihr können Unternehmen ihre virtuellen Arbeitsplätze beziehen – mit einem schnellen Beschaffungsmodell und reduzierten Supportkosten.
Fazit
Weniger Risiko, weniger Kosten und mehr Service – so lautet das Versprechen einer dynamischen Infrastruktur. Einlösen lässt es sich nicht auf einen Schlag, sondern in vielen Unterprojekten. Wichtig dabei ist: Der Transformationsprozess gelingt nur, wenn schon diese Einzelschritte einen sichtbaren Return-on-Investment bringen. Vergleichbar ist das mit dem Zehnkampf der Leichtathletik: Ein Zehnkämpfer gewinnt seinen Wettkampf nicht, indem er seine Kontrahenten in allen einzelnen Disziplinen bezwingt. Er gewinnt, indem er seine Leistung so optimiert, dass er am Ende im Gesamtklassement das Feld anführt.
Kurt Rindle ist S&D Cross Brand Leader Dynamic Infrastructure bei IBM.