Gegenüber Windows 8/8.1 bestehen nach wie vor starke Vorbehalte - sowohl bei den Anwendern als auch bei den IT-Profis, die diese Systeme betreuen sollen. Mit Windows 10 will Microsoft vieles besser machen. Es lohnt sich also, einen ersten Blick auf die Enterprise-Version zu werfen.
Keines der bisherigen Betriebssysteme aus Redmond stand so vielen Menschen in Vorabversionen zur Verfügung wie Windows 10. Diese Vorabversionen folgten dabei einander in einem rasanten Tempo. Wenn dieser Beitrag erscheint, sollten die finalen Versionen des neuen Betriebssystems bereits auf den Desktops vieler Nutzer angekommen sein.
Uns stand zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Textes (Anfang Juni 2015) der Build 10130 des Enterprise Insider Previews zur Verfügung. Diese Version haben wir in unserem Test-Netzwerk sowohl virtualisiert unter VMware Workstation 11 als auch nativ auf einem PC (Intel Core i5 mit 8 GByte Hauptspeicher) eingesetzt. Da es sich bei dieser Version noch nicht um das endgültige Windows 10 handelte, gelten Bewertungen natürlich auch nur unter dieser Einschränkung.
Die verschiedenen Windows-10-Versionen
Wie schon die Versionen 8/8.1 will Microsoft auch Windows 10 in verschiedenen Versionen/Editionen mit unterschiedlichen Einsatzschwerpunkten anbieten:
Windows 10 Home: Die Version für den Consumer-Desktop, die alle neuen Features wie die Spracheingabe via Cortana enthalten soll, jedoch nicht ins Unternehmensfeld passt, da sie unter anderem keinen Domänen-Join ermöglicht.
Windows 10 Pro: Die erweiterte Version ist laut Microsoft gerade für kleine Unternehmen gut geeignet, kann in einer AD-Domäne arbeiten und bietet zusätzlich Features für Unternehmen wie "Windows Update for Business" und weitere zusätzliche Funktionen für die Geräteverwaltung. Wie bei Windows 8/8.1 kommt diese Version inklusive Hyper-V.
Windows 10 Mobile: Die Variante für Smartphones und kleine Tablets.
Windows 10 Enterprise: Die Windows-10-Version für mittlere und große Unternehmen mit Volumenlizenzen. Diese Version umfasst Techniken wie Windows to Go, Direct Access, Branch Cache und App Locker. Alle Kunden mit einer Software-Assurance-Lizenz können ein Update auf diese Edition vornehmen.
Windows 10 Education: Eine spezielle Variante von Windows 10 Enterprise für Anwender, die in Bildungseinrichtungen arbeiten (akademische Volumenlizenz).
Windows 10 Mobile Enterprise: Die Version für Smartphones und Tablets für Kunden mit Volumenlizenzen. Sie bietet zusätzliche Update-Funktionen für Unternehmen.
Zudem will Microsoft Versionen für Geräte wie etwa Geldautomaten sowie Windows 10 IoT Core für kleine und kostengünstige Geräte anbieten. Für die Version Windows RT, die noch bei der Windows-8/8.1-Familie existierte, soll es unter Windows 10 allerdings nun kein Äquivalent mehr geben.
Mehr als nur eine neue Oberfläche und ein Startmenü
Microsoft hat offenbar auf seine Anwender gehört und gibt ihnen mit Windows 10 endlich das viel betrauerte Startmenü zurück. Dies ist sicher auch für die Administratoren eine gute Nachricht: Hatten sich doch viele IT-Abteilungen auch wegen des Fehlens gegen einen Umstieg auf Windows 8/8.1 entschieden. Sie befürchteten den hohen Schulungsaufwand und die zusätzliche Belastung für den Helpdesk, die durch die Furcht der Anwender vor der "Kachel-Oberfläche" entstehen könnten.
Aber für diese IT-Profis gab es noch andere Gründe zu zögern: Beim Erscheinen von Windows 8/8.1 war es nicht möglich, auf Systemen mit einem der damals eingesetzten älteren Windows-Versionen wie Windows XP oder Windows Vista ein sogenanntes "In-Place"-Update auszuführen, bei dem Anwendungen und Einstellungen erhalten bleiben.
Nur unter Windows 7 funktionierte dieser Weg in der Regel auch ohne größere Probleme. Bei Windows 10 unterstützt Microsoft dagegen explizit ein "In-Place"-Upgrade von der letzten (Windows 8/8.1) und vorletzten Windows-Version (Windows 7) auf das neue System. Wir haben dies mit unterschiedlichen Version von Windows 7 (Professional, Enterprise und Ultimate) und einem früheren Build von Windows 10 getestet, und es klappte in allen Fällen ohne größere Probleme. Auch die auf den Testsystemen installierten Anwendungen wie Office übernahm das System dabei mit sämtlichen Einstellungen richtig. Nur wer noch Windows Vista verwendet, hat beim Upgrade auf Windows 10 keine Wahl - er muss ein "Clean Install" durchführen, wenn er das neue System nutzen will.
Kommt Windows 10 auf einem PC oder Notebook/Ultrabook ohne Touch-Display zum Einsatz, so startet es stets direkt mit dem gewohnten Desktop und einem Startmenü. Setzt der Anwender es auf einem Tablet oder ähnlichem Gerät ein, dann startet es automatisch mit dem Kachel-Startbildschirm. Anwendungen wie der Explorer erscheinen dabei automatisch auf dem gesamten Bildschirm. Damit ist die "zweigeteilte Ansicht", die ein Windows-8- oder -8.1-System den Nutzern bot und häufig zu deren Verwirrung beitrug, nicht mehr vorhanden. Die Microsoft-Entwickler haben außerdem offenbar grundsätzlich aufgeräumt und dafür gesorgt, dass beispielsweise Einstellungen konsequent an einer Stelle in einem einheitlichen Stil zu finden sind.
Neuerungen, Verbesserung und Möglichkeiten
Wer es gewohnt ist, auch auf modernen Betriebssystemen mit der Kommandozeile zu arbeiten, wird eine Neuheit begrüßen: Die Entwickler haben sich dazu durchgerungen, auch bei der Kommandozeile (Eingabeaufforderung) ein Standard-Feature von Windows zu implementieren. Endlich ist es nun möglich, auch im Fenster der Eingabeaufforderung mit den Tastenkombinationen "STRG+C" (Kopieren) und "STRG+V" (Einfügen) sowie "STRG+X" (Ausschneiden) zu arbeiten und auch mithilfe der Shift-Taste mehrere Zeilen zu markieren. Dies funktioniert entsprechend ebenso im Fenster der Powershell, die in der aktualisierten Fassung 5 zur Verfügung steht, auf allen Windows-10-Systemen. Allerdings ist dieses Feature in den Vorabversionen standardmäßig nicht aktiv, dazu müssen Nutzer in den Eigenschaften der Eingabeaufforderung den Eintrag "Legacykonsole verwenden" zunächst abwählen, um dann die "STRG-Tastenkombinationen" zu aktivieren.
Zu den weiteren Neuerungen, die in allen Editionen zu finden sind, gehört der neue, schlanke Browser namens Edge, der auf den Vorabversionen noch unter dem Codenamen "Project Spartan" zu finden ist. Er arbeitet schnell und zuverlässig und kann mit einer sehr schlanken Oberfläche und dem Fehlen von Zusätzen wie Active X punkten. Allerdings wissen die Microsoft-Entwickler wohl sehr genau, dass eine große Zahl von Business-Anwendungen im Einsatz ist, die auf den Internet Explorer als Frontend für die Nutzer setzen. Daher werden auch alle Windows-10-Versionen den Internet Explorer 11 zur Verfügung stellen.
Device Guard als zusätzliche Sicherheitstechnik
Mit der Technik "Device Guard", einer Kombination von Hard- und Software, will Microsoft die Sicherheit der Windows-10-Systeme deutlich erhöhen. Sie bildet eine zusätzliche Schutzschicht um das Betriebssystem, um so zu verhindern, dass schädliche Programme auf dem System ablaufen können. Aktiviert der Administrator diese Technik, dann untersucht das System jede Anwendung zunächst daraufhin, ob sie ein passendes digitales Zertifikat besitzt, bevor sie ausgeführt wird.
Damit die insgesamt sehr aufwendige Technik funktionieren kann, müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Neben Windows 10 muss der Rechner UEFI Secure Boot unterstützen, wobei in den UEFI-Daten keine Zertifizierungsstelle (CA - Certificate Authority) eines Drittherstellers mehr vorhanden sein darf. Zusätzlich lässt sich diese Technik mittels Virtualisierung so ergänzen, dass sowohl die Apps im Kernel-Modus als auch die Systemdaten im Hauptspeicher vor Veränderung durch Schadprogramme geschützt sind. Dazu kommen Sicherheitsdienste zum Einsatz, die auf Hyper-V basieren. Dies setzt voraus, dass die CPUs der PCs, auf denen diese Sicherheitstechnik zum Einsatz kommen soll, die hardwaregestützten Virtualisierungs-Features unterstützen und diese eingeschaltet sind. Ein Trusted Platform Module (TMP) 2.0 ist für bestimmte Konfigurationen ebenfalls nötig. Mit der als "Windows Hello" bezeichneten Technik baut Microsoft zudem den Einsatz von Geräten wie Fingerabdrucksensoren und Kameras zur Anmeldung am System weiter aus.
Für Administratoren ebenfalls wichtig: Microsoft bietet ihnen unter Windows 10 neue und bessere Möglichkeiten, Updates im Unternehmen zu konfigurieren und zu verteilen. Dabei soll ihnen der neue Dienst "Windows Update for Business" helfen. Er erlaubt die Festlegung, welche Systeme zu welchem Zeitpunkt ein Update erhalten. Dazu können Systemverwalter die Endgeräte in mehrere Klassen einteilen, die aktuell "Distribution Rings" heißen. Damit lassen sich dann beispielsweise die Rechner mit kritischen Anwendungen gezielt einem dieser Ringe zuweisen, der dann später die Updates erhält. Ebenso wie Device Guard sind diese Techniken allerdings noch sehr theoretisch. Wir hoffen jedoch, dass es bald möglich sein wird, sie in einer Testumgebung genau unter die Lupe zu nehmen.
Der Autor auf LANline.de: BÄR
Der Autor auf LANline.de: Frank-Michael Schlede