Ethernet erobert die Welt - nicht aber die kleine Welt der Gebäudeautomation. Zumindest setzt sich die Technik hier nicht so umfassend durch wie in anderen Bereichen. Als Kommunikationskanal für kleine Mess- oder Steuergeräte, die Daten oft nur in Raten von wenigen kBit/s senden, bildet Ethernet noch die Ausnahme. Auf höheren Ebenen jedoch, wo Daten der einzelnen Bussysteme zusammenlaufen, hat Ethernet inzwischen mehr als nur einen Fuß in der Tür.
Alles, was mit Strom betrieben wird, lässt sich auch automatisieren und/oder hinsichtlich seines
Energieverbrauchs optimieren. Die bekanntesten Beispiele in der Gebäudeautomation sind Licht- und
Heizungsanlagen sowie Jalousien. Darüberhinaus gibt es unzählige weitere Funktionen, die in einem
Gebäude, einer Halle oder auf einem Gelände automatisier-, und/oder fernsteuerbar sind, von
Überwachungskameras über Türen aller Art und Torschranken bis hin zu Sprenkelanlagen. Das Prinzip
ist immer das Gleiche: Es gibt eine Art Messfühler (Sensor), der einen Zustand beobachtet, und ein
Steuerungsgerät (Aktor), der in Abhängigkeit des Sensors Funktionen ausführt. Zum Teil laufen die
Vorgänge völlig autark ab. Ist dies nicht der Fall, sollte die Automatisierung in ein zentrales
Management eingebunden sein. Dazu müssen alle betroffenen Sensoren, Aktoren, Bedienelemente,
Verbraucher und andere technische Einheiten miteinander vernetzt werden. Wichtiger Vorteil dieser
Vernetzung ist auch die Zusammenfassung bestimmter Ereignisse zu Szenarien. Einfachstes Beispiel
ist etwa das Szenario "Dienstschluss". Wird es angestoßen, fährt beispielsweise die Heizung
herunter, die Nachtbeleuchtung wird aktiviert und die Jalousien werden heraufgerollt. Die
Steuergeräte befinden sich meist dezentral jeweils am Ort des Geschehens und sind über ein
Bussystem mit einer Management-Konsole vernetzt.
Mit den über das Sensornetz an eine Steuereinheit beziehungsweise einen Rechner gemeldeten Daten
gelingt über entsprechende Software ein weitgehend automatisiertes Überwachen/Messen, Steuern und
Regeln vieler Prozesse – ein enormer Gewinn für die Facility-Ökonomie. Allerdings entstand mit den
spezialisierten Sensornetzen auch ein Wildwuchs von zugehörigen Bussystemen.
Einer von der GEFMA (German Facility-Management-Association, der wichtigste Branchenverband im
Bereich Facility-Management) in Zusammenarbeit mit der Georg-Simon-Ohm-Hochschule in Nürnberg im
letzten Jahr herausgegebenen Marktübersicht ist eine Studie vorangestellt, die hier BACnet und
Ethernet als besonders zukunftsträchtig ausmacht. Zudem werden EIB/KNX im Vergleich zur Studie von
2003 wieder deutlich bessere Marktchancen eingeräumt, während Modbus, Profibus und auch LONbus als
Verlierer der Marktkonzentration gesehen werden. Bestätigt habe sich laut erwähnter Studie der
Trend zu Browser-basierten Anwendungen für die Gebäudeautomation, die sich sowohl über das Intranet
als auch das Internet ausführen lassen.
Im klassischen technischen Facility-Management (FM) gibt es für ein Steuernetzwerk drei
Hierarchiestufen (Feld-/Installations-, Automations- und Management-Ebene), denen oft auch eigene
Bussysteme zugeordnet sind. "Immer intelligentere, kleinere und energiesparendere Sensoren/Aktoren
haben inzwischen jedoch dafür gesorgt, dass diese Hierarchie langsam aufgelöst wird", weiß Jürgen
Nitschke, stellvertretender Leiter des GEFMA-Bereichs Richtlinienwesen. "Feld- und
Automatisierungsebene lassen sich Dank moderner Chipgenerationen zusammenfassen, ebenso
Automatisierungs- und Management-Ebene". Die Zusammenfassung aller drei Ebenen sei bislang aber
noch die Ausnahme, wobei hier für Ethernet als durchgängiges Bussystem die besten Chancen
bestünden. Eine solche umfassende Konsolidierung aller Bussysteme auf Ethernet-Basis stehe jedoch
auf absehbare Zeit nicht an (siehe Interview-Kasten auf Seite 48).
Weit populärer ist die Ethernet-Schnittstelle inzwischen in Steuergeräten, die über ein
darunterliegendes Bussystem eine größere Anzahl einzelner Steuerungen verbinden und auf der anderen
Seite den Weg zu einer zentralen Management-Konsole suchen. Geräte wie beispielsweise das "KNX
PS640-IP" von Elsner Elektronik fungieren dabei nicht nur als Schnittstelle zwischen in diesem Fall
KNX und Ethernet, sondern gleichzeitig als Spannungsversorgung und Linienkoppler. Ähnlich ist auch
das "ES0110" von Walther gestrickt: Es erlaubt die Weiterleitung von Telegrammen zwischen
verschiedenen EIB/KNX-Linien (die Übertragungsrate beträgt hier 9,6 kBit/s) über ein
Ethernet/IP-LAN als schnellen Backbone. Die Spannungsversorgung erfolgt hier entweder extern oder
über Power over Ethernet (PoE).
Wieland hat seine Sicherheitssteuerung "Samos Pro" Ende letzten Jahres mit einer
Ethernet-Schnittstelle zur Anbindung an Industrial Ethernet und darüber verbundene Leit- und
Automatisierungssysteme versehen. Dabei können sowohl die Prozess- und Diagnosedaten von Samos
einer übergeordneten Steuerung zur Verfügung gestellt, als auch Befehle des übergeordneten Systems
im Logikeditor der Sicherheitssteuerung verarbeitet werden.
Das "KNX DALI-Gateway" der Schneider-Electric-Tochter Merten verbindet einen
KNX-Installationsbus mit dem rein für die Beleuchtungssteuerung konzipierten DALI-Bus. Digitale
elektronische Vorschaltgeräte (EVGs) mit DALI-Schnittstelle sind besonders kostengünstig. Sie
lassen sich mit dem Gateway als Subsystem in ein KNX-Gesamtsystem integrieren. Über den
RJ45-Anschluss kann auch dieses Steuergerät für das Management an ein Ethernet-Netzwerk
angeschlossen werden. Zudem enthält es einen Web-Server für die Konfiguration per Web-Browser.
Ein klarer Fall für Ethernet bis in die Installationsebene sind Geräte, die ein hohes
Datenaufkommen erzeugen. Bestes Beispiel dafür sind IP-Videoüberwachungskameras. Einen besonders
interessanten Anwendungsfall präsentierte hier Mobotix während der letzten Cebit: Für Gebäude, in
denen kein Ethernet-Kabel zur Übertragung zur Verfügung steht, lässt sich per "Mx2wire" auch
Klingeldraht als bis zu 500 Meter lange Verbindung nutzen.
An diesen Beispielen wird deutlich, wohin die Reise in Sachen Bussysteme für Gebäudeautomation
geht: Auf Feld-/Installationsebene bleibt Ethernet bis auf weiteres die Ausnahme – es sei denn, es
handelt sich um Geräte wie Videokameras, deren Kommunikationsbedarf Feldbussysteme überfordern
würde. Im Großteil der Fälle, wo Daten nur im kBit/s-Bereich erzeugt werden – und das auch nur
sporadisch im Ereignisfall – ist Ethernet meist überdimensioniert. Zugleich wird Ethernet im Feld
durch die Marktinteressen der Spezialbus-Anbieter ausgebremst. Auf "Management-nahen" Ebenen jedoch
gewinnt Ethernet immer mehr an Bedeutung, speziell wenn die IT-Abteilung für die zentrale
Verwaltung ins Spiel kommt.
Info: Elsner Elektronik Web:
www.elsner-elektronik.de
GEFMA Web:
www.gefma.de/gebaeudeautomation Merten Web:
www.merten.de Walther Web:
www.walther-werke.de Wieland
Web:
www.wieland-electric.de