Um die passende Funktechnik für eine langfristig erfolgreiche IoT-Strategie zu finden, bedarf es der Untersuchung einiger Kriterien. Zunächst sollte die genaue Betrachtung der Marktreife der zur Wahl stehenden Technik erfolgen. Auch wenn eine Funktechnik hervorragende technische Eigenschaften mit sich bringt, ist sie nutzlos ohne ein Ökosystem hochwertiger Endgeräte und Software. Außerdem sollte man auf erprobte und zuverlässige Geräte setzen. Geräte, bei denen der Hersteller Entwicklungsfehler noch nicht behoben hat, sind bei der Installation und im Support womöglich kostspielig. Außerdem sollten Unternehmen nur auf Hersteller setzen, die einen kompetenten Support mitbringen, was im Fall von defekten Geräten oder Firmware-Fehlern vorteilhaft ist.
Neben der Marktreife sollte auch die Verfügbarkeit des Netzes Beachtung finden. 5G oder NB-IoT sind Netze im Aufbau und kommen daher für manche IoT-Anwendungen nicht in Frage, denn wo kein Netz existiert, ist die IoT-Umsetzung nicht möglich. Anzumerken ist außerdem, dass bei NB-IoT-Endgeräten oft der Rückfall auf andere, weniger energiesparende Mobilfunknetze möglich ist. Spannend ist nach wie vor LoRaWAN. Das Netz lässt sich dank Lizenzfreiheit gut selbst aufbauen. Auch Bluetooth-Mesh, zum Beispiel Wirepas, ist eine mögliche Lösung. Hier erweitert sich ein Netz mit wenigen Gateways durch die Installation weiterer Sensoren selbst.
Auch auf den Gesamtkosten der Funktechnik sollte ein hohes Augenmerk liegen – also die Kosten aller Komponenten eines Gesamtsystems über ihre Lebensdauer hinweg. Darunter fallen die Anschaffungs- und Installationskosten für Hard- und Software, die Netznutzungskosten, etwa im Mobilfunknetz, die bei Aufbau eines eigenen Netzes meist günstiger ausfallen, die Lizenzkosten (Software) und die Wartungskosten. Setzt man bei Lizenzen, zum Beispiel für die IoT-Plattform, auf Open-Source-Lösungen, lassen sich durch gute IT-Architektur und Betrieb Kosten einsparen. Auch qualitative Hardware und ein vorausschauendes Management des Systems sorgen für geringere Kosten. Selbst der Batteriewechsel von Endgeräten lässt sich durch geschickte Netzplanung auf viele Jahre verlängern.
Auch die Zukunftssicherheit ist ein Kriterium. Schon die Sensorauswahl sollte mit Weitblick erfolgen. Setzt man auf Mobilfunknetze, könnten diese mit der nächsten Mobilfunkgeneration unbrauchbar werden, wenn Netzbetreibende ältere Netze zugunsten der nächsten abschalten. Auf der sicheren Seite ist man, wenn die gewählte Technik eine hohe Verbreitung bei anderen Organisationen mit ähnlichen Zielen findet, etwa bei Stadtwerken oder Chemieparks. Dies führt in der Regel auch zur Verfügbarkeit von Hardware, Software und Fachleuten, die langfristig unterstützen können.
Schließlich sollte man die Technik auf ihre Eignung für die entsprechenden Anwendungsfälle prüfen. So funktionieren Mesh-Techniken zum Beispiel nur dann gut, wenn sich viele Sensoren in überschaubarer Entfernung befinden, etwa in einer Lagerhalle. Für weit verteilte Anwendungen, wie das in einer Stadt der Fall ist, eignen sich eher LPWAN-Techniken. Sie sind besonders sinnvoll, wenn ein regional begrenzter Bereich abgedeckt sein soll, beispielsweise eine Städteregion, eine einzelne Stadt oder ein Industriepark.
Die ersten Jahre mit neuen Techniken sind immer die schwierigsten. Das Beispiel LoRaWAN unterstreicht dies: Gerade zu Beginn waren die Hersteller noch unerfahren und die Qualität mancher Produkte (Hardware, Firmware und Dokumentation) eher mangelhaft. Auch die Konfiguration der Sensoren stellte sich oft als fehleranfällig und die Dokumentation als nicht aktuell und zeitintensiv heraus. Außerdem fehlte es an entsprechender Standardisierung etwa bei Decodern, also den Übersetzern der sparsam übertragenen Daten in die Messparameter, die die Hersteller zum Teil nicht mitgeliefert haben.
Auch bei den IoT-Plattformen selbst boten sich wenige Optionen: So gab es All-in-One-Plattformen, die oft unflexibel und nur für bestimmte Anwendungsfälle ausgelegt waren. Oft waren sie proprietär in starker Abhängigkeit vom Hersteller beziehungsweise zu stark an das Geschäftsmodell des Anbieters gekoppelt. Neben diesen Plattformen erfolgte auch die Entwicklung von Open-Source-Plattformen, die tendenziell zukunftssicherer sind, eine freie Auswahl von Dienstleistern für Betrieb und Weiterentwicklung bieten und sich auch nach eigenen Prioritäten weiterentwickeln lassen.
Neben diesen Herausforderungen sind viele IT-Abteilungen selbst nicht ausreichend auf den Betrieb eines IoT-Funknetzwerks vorbereitet. So unterscheiden sich die Herausforderungen bei IoT-Funknetzwerken mit vielen verteilten, oft statischen Sensoren im Betrieb deutlich beispielsweise von einem internen WLAN. Auch die Netzüberwachung ist nicht simpel - ist sie doch hersteller- und anwendungsabhängig und muss mit höheren Latenzzeiten und irregulär sendenden Sensoren umgehen können. Außerdem muss der technische Support effiziente Prozesse etablieren und Vorfälle gerade zu Beginn detailliert auf systemische Probleme untersuchen, um diese früh beheben zu können. Sonst können erhöhte Supportaufwände die Vorteile von IoT-Projekten mit der Zeit stark reduzieren. Bei der Netzplanung gilt es, sich an den geplanten Anwendungen zu orientieren und gleichzeitig offen für zukünftige Anwendungen zu bleiben. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sie ungewohnt große Flächen betrifft. Hilfreich sind hier Planungsmodelle und die Erfahrung aus der Netzplanung im Mobilfunk.
LoRaWAN – ein Kurzplädoyer
LoRaWAN ist inzwischen den Kinderschuhen entwachsen und insbesondere bei vielen Mittelständlern erfolgreich und gewinnbringend im Einsatz. Es existiert mittlerweile ein großes Angebot fertiger Endgeräte von guter Qualität. Viele Anwendungsfälle sind bereits durch Early Adopters erprobt und die Produkte verbessert. Auch individuelle Lösungen für bestehende Geräte sind heute möglich, zum Beispiel mit RS485- oder Modbus-Adaptern. Multifunktionale Geräte wie etwa komplette Wetterstationen ermöglichen es darüber hinaus, mit geringem Aufwand bestehende Gerätekategorien ohne eigenen Netzwerkanschluss flexibel einzusetzen.
Fazit
Zu Beginn galten LPWAN und Bluetooth für das IoT als temporäre Brückentechniken. Die Erfahrung des Beratungsunternehmens ECBM zeigt jedoch, dass sich LoRaWAN und Bluetooth-Mesh durchgesetzt haben und dass sie auch langfristig erfolgreich bleiben. LoRaWAN kann überall dort zum Einsatz kommen, wo sich regional ein Netz aufbauen lässt, zum Beispiel durch Stadtwerke und Gemeinden. Mesh-Netzwerke sind dort geeignet, wo lokal eine hohe Sensordichte erreicht ist, wie zum Beispiel auf dem Firmengelände. Hingegen werden Mobilfunknetze wie 5G auch in absehbarer Zukunft nicht immer die lokal notwendige Abdeckung erreichen und höhere laufende Kosten in größeren Installationen verursachen. Eine gut geplante IoT-Architektur ist für viele Techniken offen. Der große Vorteil dabei ist, dass dann, wenn die nächste, bessere Technik kommt, sich diese einfach an die flexible IoT-Plattform anschließen lässt.
Elisabeth Schloten ist Gründerin und Geschäftsführerin von ECBM.